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Der Gluecksmacher

Der Gluecksmacher

Titel: Der Gluecksmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Sautner
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bei denen der linke Lappen beeinträchtigt ist, tendieren zu Depressionen.«
    Irene Großburg verspürte Ärger über sich. Sie hatte sich unwillkürlich an die linke Schläfe gegriffen. Sicher hatte Rainer es bemerkt.
    Hatte er nicht.
    »Dimsch will das Schwergewicht auf Philosophie, Coaching, Gesprächstherapie und ähnlichen Unfug legen«, setzte er fort. »Das ist nett für die Vermarktung, tatsächlich aber, Irene, ist Glück ebenso leicht per Knopfdruck herbeizuführen wie ein …«, ihm kam kein passender Vergleich, »… wie eine Bombenexplosion.«
    Sie schien sich nicht an dem Bild zu stoßen, blickte ihn aufmerksam an.
    »Mit Hilfe eines starken Magneten«, sagte Torberg, »kann der linke Stirnlappen so stimuliert werden, dass die Laune des Patienten augenblicklich steigt. Eine nachweisbare Glücksvermehrung wird somit überhaupt kein Problem sein.«
    »Nicht schlecht.« Irene wirkte nachdenklich, hatte die Arme verschränkt.
    »Ich sehe das so«, Torberg begann, sich wohl zu fühlen, »bei den Durchschnittskunden werden wir mit diesem Magneten sowie mit Stimmungsaufhellern und den klassischen Psychopharmaka auskommen. Wir fahren bei den Kunden einfach die Glückshormone hoch, du weißt schon«, zur Aufzählung nahm er die Finger zur Hilfe, »Serotonin, Dopamin, Oxytocin, Endorphin, Noradrenalin. Damit die Verabreichung der Medikamente in unseren Händen liegt, werden wir eine Handvoll Ärzte vertraglich an uns binden. Und sollten die Psychopharmaka nicht die gewünschte Wirkung zeigen, kannich mir für hartnäckige Fälle durchaus kleine operative Eingriffe vorstellen. Für die Kunden, bei denen das Hirn zu groß ist.«
    Sie reagierte nicht auf den Scherz.
    Torberg hob die Augenbrauen. Er wartete noch etwas, dann sagte er: »Bei denen der rechte Hirnlappen zu dominant ist.«
    Irene Großburg blieb stumm.
    »Es wird wunderbar laufen, Irene, du wirst sehen. Und damit wir unsere Glücksversicherung als hochwertiges, individuell geschneidertes Produkt verkaufen können, streuen wir als Marketingmaßnahme Dimschs philosophischen Nonsens darüber.«
    »Wie hoch ist den Erhebungen zufolge das Kundenpotential?«
    »Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen, aber Irene«, er legte den Kopf zur Seite, »jeder Mensch will glücklich sein. Alle, wirklich alle werden die Glücksversicherung haben wollen, auch wenn sie ihren gemeinsamen Wunsch voreinander geheimhalten werden. Anonymität und Diskretion werden entsprechend wichtig sein. Sei unbesorgt, sie werden uns das Baby förmlich aus den Händen reißen. Nicht alle wünschen sich eine neue Wohnung, ein neues Auto, einen neuen Fernseher, aber alle, wirklich alle wünschen sich Glück. Es ist das perfekte Produkt. Wir müssen es produzieren und nett verpacken. Verkaufen wird es sich wie von selbst.«
    Beinahe wäre es Rainer Torberg passiert, dass er beim Aufzählen der menschlichen Wünsche auch
Kinder
gesagt hätte.
Nicht alle wünschen sich Kinder
. Rainer dankte dem Himmel, dass es ihm nicht über die Lippen gerutscht war. Abgesehen davon, dass Irene ausgerastet wäre, hätte er sie damit gewiss tief gekränkt. Und das lag ihm ehrlich fern, in letzter Zeit tatihm Irene leid. Er hatte sich sogar dabei ertappt, ihr in manchen Situationen am liebsten übers Haar streichen zu wollen. Gerade vorhin zum Beispiel, wie sie still geworden war, als er übers Glück gesprochen hatte. Ja, Irene konnte ein Scheusal sein, aber er kannte keinen Menschen, der so unglücklich war wie sie. Die Traurigkeit, die ihr an manchen Tagen ins Gesicht geschrieben stand, wünschte er niemandem.
    Rainer verspürte das Bedürfnis, ihr etwas Gutes zu tun. Kurz erwog er allen Ernstes, mit ihr zu schlafen, verwarf den Gedanken aber wieder. Es durfte auch nichts sein, das ihr als Samaritertum vorkommen würde; gewiss könnte sie es nicht annehmen, gewiss würde sie abfällig tun und es ins Lächerliche ziehen. Ihm müsste etwas einfallen, das unauffällig daherkam. Etwas, das auf den ersten Blick gar nichts Herzliches war.
    Rainer Torberg schlug ein Bein über das andere, verursachte dabei mit seinen genagelten Maßschuhen ein leises Klacken am Boden. »Wärst du eigentlich bereit, Irene, dich als Testkundin für die Glücksversicherung zur Verfügung zu stellen? Es ist ein gewisser Aufwand, aber wenn du es einrichten könntest, wäre ich dir dankbar.«
    Sie reagierte instinktiv, überlegte keinen Moment: »Nein, Rainer, da musst du dir schon irgendwelche Studentinnen suchen.«
    »Klar«,

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