Der goldene Buddha
aber kein Fachidiot, ausgeglichen, aber kein Langweiler, und flexibel, aber nicht unkultiviert.
Er sprach Spanisch, Russisch und Arabisch und erwies sich als Meister der Tarnung und Unauffälligkeit. Bei Auslandseinsätzen nahm er instinktiv die Stimmung in der Bevölkerung wahr. Da er furchtlos, aber nie leichtsinnig war, wurde er binnen weniger Jahre zu einem wertvollen Mitarbeiter.
Dann kam Nicaragua.
Gemeinsam mit einem anderen Agenten sollte er den Einfluss der prokommunistischen Sandinisten eindämmen, und zunächst lief auch alles nach Plan. Ein Jahr später geriet die Situation außer Kontrolle. Es war die älteste Geschichte der Welt – zu viele Häuptlinge und nicht genug Indianer. Die hohen Tiere in Washington zogen die Fäden, und die nicaraguanischen Eingeborenen zahlten den Preis. Nachdem alles eskaliert war, schlugen die Wogen über ihren Köpfen zusammen.
Cabrillo wurde zu einem der Sündenböcke auserkoren und stellte sich dennoch schützend vor seinen Partner.
Nun zahlte der Partner, der mittlerweile bei der CIA Karriere gemacht hatte, den Gefallen zurück. Seit der Gründung der Corporation hatte er ihr immer wieder Aufträge zugeschanzt, aber es war dabei noch nie um dermaßen viel Geld gegangen.
Cabrillo und sein Team mussten lediglich ein mittleres Wunder vollbringen.
Während Cabrillo sein Bad nahm und sich dann ankleidete, blieben Kasim und Lincoln weiterhin auf ihrem Posten. Als sie um Mitternacht abgelöst wurden, hatte Kasim einen weiteren Wal entdeckt und Lincoln zweiunddreißig Partien Klondike gespielt. Zudem hatten sie drei der Zeitschriften gelesen, die in San Juan an Bord genommen worden waren. Lincoln interessierte sich für Flugzeuge, Kasim für Autos.
Offen gesagt gab es für die beiden kaum etwas zu tun – die
Oregon
fuhr sich von selbst.
Dreißig Minuten später saß Juan Rodriguez Cabrillo – erfrischt und bekleidet mit einer gelbbraunen Hose, einem gestärkten weißen Hemd und einem Bill-Blass-Blazer – an dem großen Mahagonikonferenztisch im Besprechungsraum der Corporation. Ihm gegenüber hatte Linda Ross Platz genommen und nippte an einer Diät-Cola. Neben ihr saß Eddie Seng und blätterte in einem Stapel Unterlagen. Mark Murphy befand sich ein Stück weiter unten am Tisch und zog ein Wurfmesser auf einem Lederriemen ab. Er fand das entspannend und testete die Schärfe der Klinge an einem Stück Papier.
»Wie ist die Versteigerung gelaufen?«, fragte Max Hanley.
»Das Zielobjekt hat zweihundert Millionen eingebracht«, sagte Cabrillo beiläufig.
»Wow«, staunte Ross. »Ein saftiger Preis.«
Am Ende des Tisches saß Michael Halpert vor einer raumhohen Videowand, schaltete einen Laserpointer ein und drückte einen Knopf auf der Fernbedienung der Monitore. Als Cabrillo ihm zunickte, fing er an.
»Der Auftrag ist aus Washington bei unserem Anwalt in Vaduz, Liechtenstein, eingetroffen: ein Standardvertrag, Hälfte jetzt, Hälfte nach Abschluss. Fünf der zehn Millionen Dollar wurden bereits überwiesen, durch unsere Bank auf Vanuatu gewaschen, nach Südafrika geleitet und dort in Goldbarren angelegt, wie wir es vereinbart hatten.«
»Nach all den Machenschaften sollten wir den goldenen Buddha am besten einfach für uns selbst stehlen«, sagte Murphy und schnitt mit dem Messer einen Streifen Papier ab. »Es würde uns jede Menge Zeit und Aufwand ersparen. Und am Ende hätten wir so oder so einen Haufen Gold.«
»Wo bleibt denn dein Stolz?«, fragte Cabrillo lächelnd. Er wusste, dass Murphy sich bloß einen Scherz erlaubte, ging aber trotzdem darauf ein. »Wir haben immerhin einen Ruf zu verlieren. Sobald wir einen Kunden prellen, spricht sich das herum. Und dann? Ich habe in letzter Zeit keine Stellenangebote für seefahrende Söldner gesehen.«
»Du hast in den falschen Zeitungen nachgeschaut«, sagte Seng grinsend. »Versuch’s mal mit der
Manila Times
oder dem
Bulgarian Bugle
.«
»Das ist das Problem, wenn man historisch einzigartige Kunstwerke klaut«, warf Ross ein. »Sie sind schwer in Bargeld umzuwandeln.«
»Ich kenne einen Kerl in Griechenland, der die Mona Lisa kaufen würde«, sagte Murphy.
Cabrillo hob beide Hände. »Danke, das reicht. Zurück zum Geschäftlichen.«
Auf dem Hauptmonitor erschien eine Weltkarte, und Halpert zeigte auf das Zielgebiet.
»Von Puerto Rico bis dorthin sind es mehr als sechzehntausend Kilometer Luftlinie. Der Seeweg ist deutlich länger.«
»Allein die Anreise treibt bereits unsere Kosten in die Höhe«,
Weitere Kostenlose Bücher