Der goldene Buddha
verzichten«, sagte die Brünette.
Der Blonde nickte. »Erzähl mir von dir.«
Eine halbe Stunde später lächelte er. Sie hatte die Fakten, die ihm längst bekannt waren, ein wenig geschönt – aber nicht zu sehr.
»Ich wüsste da vielleicht was für dich«, sagte er.
In diesem Moment ertönte ein Summer, und aus dem Lautsprecher meldete sich eine Stimme.
»Bringen Sie uns noch zwei Magnumflaschen Champagner«, befahl der Milliardär.
»Vergiss nicht, was du sagen wolltest«, mahnte die Brünette.
»Ich fülle ihm den Trog nach.«
Macaus Straßen waren voller Nachtschwärmer. Zwei Männer bahnten sich in ihrem Wagen auf der Avenida Conselheiro Ferreira de Almeida langsam einen Weg durch die Menge. Der Mann auf dem Beifahrersitz blickte auf einen tragbaren GPS-Empfänger und gab die Richtung vor. An der Avenida do Coronel Mesquita bogen sie nach Nordwesten ab und folgten dem Straßenverlauf, bis sie die Abzweigung zu einem Wohnviertel erreichten, das nur knapp einen Kilometer vom chinesischen Festland entfernt lag.
»Such einen Parkplatz«, sagte der Navigator.
Der Fahrer steuerte den Lieferwagen an den Fahrbahnrand, hielt unter einem Baum und schaltete den Motor aus. Der Navigator deutete auf ein Haus, das ein Stück vor ihnen etwas abseits der Straße stand.
»Das ist es.«
»Wollen wir?«, fragte der Fahrer.
Der Navigator stieg aus. Der Fahrer zog unter dem Sitz eine Ledertasche hervor und gesellte sich zu seinem Kollegen, der vor dem Wagen wartete.
»Ist dir auch schon aufgefallen, dass fast niemand hier einen Hund besitzt?«, fragte der Fahrer.
»Manchmal hat man eben Glück«, sagte der Navigator.
Die beiden Männer trugen schwarze Kleidung, Schuhe mit Gummisohlen und dunkle Latexhandschuhe. Als echte Profis bewegten sie sich ruhig und zielgerichtet. Nachdem sie unbemerkt bis zum Tor der Grundstücksmauer gelangt waren, holte der Fahrer einen Dietrich aus der Tasche und öffnete binnen weniger Sekunden das Schloss. Er ließ seinem Begleiter den Vortritt, folgte ihm sogleich und schloss das Tor hinter ihnen.
Die beiden mussten sich nicht absprechen. Sie hatten sich den Plan genau eingeprägt.
Auf der dunklen Rückseite des Hauses überbrückten sie die Alarmanlage, stemmten die Hintertür auf und schlichen sich hinein. Am Fuß der Treppe hielten sie inne. Der Fahrer öffnete eine Plastikbox, setzte einen Ohrhörer auf, richtete den Kasten auf das Obergeschoss und lauschte eine Weile.
Dann lächelte er und nickte seinem Partner zu.
Er legte die Hände aneinander, neigte den Kopf und hielt sich die Hände an die Wange. Ihre Zielperson schlief. Er wies mit einem Finger auf die hintere linke Ecke des Korridors. Mit der anderen Hand deutete er auf den Punkt, an dem im ersten Stock ein weiteres Schlafzimmer lag. Dann streckte er die Faust in Richtung der ersten Stelle. Primärziel hier, Sekundärziel dort.
Er breitete die Arme aus und machte eine Art Knicks.
Aus einem Beutel, der an seinem Gürtel hing, gab er dem Navigator ein fünfundvierzig Zentimeter langes Lederetui.
Dieser ging damit langsam nach oben. Es vergingen mehrere Minuten. Der Fahrer wartete auf dem Treppenabsatz.
Dann hörte er die Stimme seines Partners.
»Ich weiß nicht, wie es
dir
geht«, sagte der Navigator und kam die Stufen herunter, »aber
ich
habe Hunger.«
Der Fahrer nahm den Ohrhörer ab und klappte den Kasten zu.
»Dann lass uns doch was essen.«
Der Navigator schaltete eine winzige Taschenlampe ein.
»Wir können unsere Gastgeber leider nicht um eine Empfehlung bitten«, sagte er. »Sie befinden sich im Reich der Träume.«
»Und wenn sie aufwachen, sind wir längst weg«, sagte der Fahrer.
Die beiden Männer gingen in die Küche, fanden dort aber nichts, das ihnen zugesagt hätte. Also kehrten sie zu ihrem Wagen zurück, fuhren quer durch die Stadt zum Kasino und bestellten sich Spiegeleier mit Schinken.
15
Am Karfreitag war um sechs Uhr elf Sonnenaufgang.
Bei den Sampans im inneren Hafen regten sich die ersten chinesischen Händler. Entlang der Avenida da Amizade vor dem Hotel Lisboa marschierte ein Dutzend Frauen auf. Sie trugen Baumwollblusen und kegelförmige, unter dem Kinn verzurrte Hüte und fingen an, mit dem Seifenwasser aus ihren Blecheimern den Gehweg abzuwaschen. Dann tauchten sie Strohbesen in die Eimer und entfernten den Schmutz, den die Gewinner und Verlierer der vergangenen Nacht hinterlassen hatten. Manch ausdauernder Zecher torkelte nach draußen und kniff im Licht der ersten
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