Der goldene Buddha
war gut – Spenser hatte eine fürstliche Summe gezahlt, damit die Statue einer oberflächlichen Musterung standhielt –, aber falls der Versicherungsmann ein Könner war, würde er den Schwindel durchschauen. Das Gold würde den Test vermutlich bestehen, aber die Edelsteine stellten ein Problem dar. Ein Fachmann würde bemerken, dass sie einfach zu perfekt waren. Steine dieser Größe kamen überaus selten vor und wiesen fast immer kleine Fehler auf.
Nur Steine aus industrieller Fertigung waren frei von Einschlüssen.
Spenser trank aus und legte sich ins Bett.
Aber um ihn drehte sich alles, und er fand keinen Schlaf.
Manch einer würde vielleicht vermuten, der Dalai-Lama habe im Exil nichts mehr von den Ereignissen in Tibet mitbekommen.
Aber das genaue Gegenteil war der Fall. Er hatte kaum den Fuß über die Grenze gesetzt, als ein eigens zu diesem Zweck geschaffenes Netz aus Informanten zu arbeiten begann und die ersten Nachrichten in seinem Hauptquartier in Klein-Lhasa eintrafen.
Kuriere umgingen die chinesischen Patrouillen, überquerten die Gebirgspässe und überbrachten ihre Botschaften entweder persönlich oder durch Mittelsmänner. Da viele hunderttausend Tibeter dem Dalai-Lama treu ergeben waren, reichten die Augen und Ohren des Netzwerks in alle Ecken des Landes. Man meldete chinesische Truppenbewegungen, fing Telegramme ab und zapfte Telefonleitungen an.
Die Schneefallhöhen, die Wasserstände der Flüsse und andere Umweltdaten wurden gesammelt und übermittelt. Touristen wurden beobachtet und in beiläufige Gespräche verwickelt, um mehr über die Chinesen und ihre Ansichten in Erfahrung zu bringen. Händler, die die chinesische Armee belieferten, berichteten von ihren Verkäufen und der Stimmung in der Truppe. Jede Alarmbereitschaft des Militärs war eine Meldung in den Süden wert, genau wie jede Lockerung, die der Bevölkerung zugute kam. Für den Dalai-Lama und seine Berater fanden regelmäßige Lagebesprechungen statt, und so wussten die Exilanten in Indien meistens besser über die Situation in Tibet Bescheid als die verhassten chinesischen Besatzer.
»Die Soldaten kaufen mehr Andenken?«, fragte der Dalai-Lama.
»Ja«, bestätigte einer seiner Berater. »Und zwar typisch tibetische Stücke.«
»Ist das schon jemals zuvor passiert?«, fragte der Dalai-Lama.
»Nein, noch nie.«
»Und es heißt, dass die Treibstoffvorräte in den Stützpunkten zurückgegangen sind?«
»Das berichten zumindest die tibetischen Arbeiter, die dort eingesetzt werden«, sagte der Berater. »Es sind deutlich weniger Lastwagen unterwegs, und es wurde seit fast einem Monat kein Panzer mehr bei einer Übungsfahrt gesehen. Als würde die Besetzung ins Stocken geraten.«
Der Dalai-Lama klappte eine Mappe auf und überflog den Inhalt. »Das deckt sich mit den Berichten der amerikanischen Beratungsfirma, die wir engagiert haben. Hier steht, die chinesische Wirtschaft befinde sich in einer ernsten Notlage.
China hat die weltweit höchsten Zuwachsraten beim Ölimport, während seine ausländischen Kapitalanlagen immer mehr an Wert verlieren. Falls Präsident Hu nicht ein paar dringend erforderliche Änderungen vornimmt, droht seinem Land eine ausgewachsene Wirtschaftskrise.«
»Wir können nur hoffen«, sagte einer der Berater.
»Das bringt mich wieder auf das Hauptthema unseres Gesprächs«, sagte der Dalai-Lama leise. »Lasst uns einen Moment meditieren, um unseren Verstand zu reinigen, dann werde ich es euch erklären.«
Die burgunderfarbene 737 war ein fliegendes Lustschloss. Der Software-Milliardär nahm eine sorgfältig bemessene Mischung aus Ecstasy und Potenzpillen zu sich. Die Droge wirkte besänftigend. Das Potenzmittel glich den Effekt wieder aus und regte seinen sexuellen Appetit an, der bei ihm stets mit einer gewissen Aggressivität verbunden war.
Zur gleichen Zeit schrieb ein Flugbegleiter im vorderen Teil der Maschine einen Text in seinen Palmtop-Computer. Dann verband er das Gerät mit dem Satellitentelefon und schickte die Nachricht ab. Jetzt musste er nur noch auf eine Antwort warten.
Seine Kollegin blickte beunruhigt nach hinten. Dies war ihr erster Flug an Bord der 737 des Milliardärs, und seine Ausschweifungen behagten ihr ganz und gar nicht. Sie wandte den Kopf und sprach den blonden Mann an.
»Bist du schon mal mit diesem Kerl geflogen?«
»Nein, heute ist das erste Mal«, antwortete der Mann.
»Falls ich nicht so auf das Geld angewiesen wäre, würde ich auf den Rückflug
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