Der goldene Buddha
durchschlug die Heckscheibe und zertrümmerte den Rückspiegel. Dann bog Ross am Stoppschild nach links ab und fuhr in Richtung Wasser.
21
Der Hebel öffnete ein Fach im Innern des Beiwagens, so dass dessen Inhalt durch einen kurzen Schacht rutschte und auf die Straße fiel. Die kleinen Krähenfüße waren ungefähr so groß wie Murmeln, aber mit jeweils zwölf rasiermesserscharfen Spitzen versehen. Sie prallten vom Asphalt ab und verteilten sich quer über die Fahrbahn.
Das Motorrad beschleunigte, und der Polizeiwagen ging in die Falle.
Die beiden Vorderreifen explodierten, unmittelbar gefolgt von den Hinterreifen. Der Streifenwagen geriet ins Schleudern, während der Beamte verzweifelt gegenlenkte und auf die Bremse trat. Das Fahrzeug rutschte nach links, streifte einen Zeitungsständer und prallte gegen einen Telefonmast. Eine Mikrosekunde später zündete der Airbag. Als die Schwaden der Treibladung sich wieder legten, waren die Motorräder bereits zwei Blocks entfernt.
Nachdem der Beamte den Airbag beiseite geschoben hatte, griff er nach dem Funkgerät. »Ich hatte einen Unfall«, meldete er. »Die Verdächtigen sind entwischt.«
Als der Abschleppwagen kam, saß Kommissar Ling Po in seinem zivilen Einsatzfahrzeug und hörte den Funkverkehr mit.
Die Zentrale hatte soeben den Diebstahl im Anwesen gemeldet, und Ling wusste, dass sein direkter Vorgesetzter Sung Rhee die Ermittlungen leiten sollte. Er konnte sich nicht erklären, wieso Sung nicht schon längst die Fahndung nach den Tätern koordinierte. Einige Minuten zuvor hatte Ling die Durchsage des Streifenbeamten gehört, der den beiden Motorradfahrern gefolgt war, die den A-Ma-Tempel ausgeraubt hatten, und er gelangte allmählich zu der Überzeugung, die beiden Fälle könnten etwas miteinander zu tun haben. Er stieg aus und lief zu dem Abschleppwagen.
»Beeilen Sie sich«, sagte er. »Dann schleppen Sie mich hoch zur Estrada da Penha.«
»Alles klar«, sagte der Fahrer.
Ling griff in den Wagen, nahm ein Walkie-Talkie und hörte weiterhin mit. Kurz darauf fuhren sie um den Hügel herum und zum Anwesen hinauf. Acht Minuten später hielt der Abschleppwagen vor dem Grundstück, und Ling rannte zum Tor. Dort im Dunkeln stand ein Wachmann neben seiner Hütte, und Ling zückte die Dienstmarke.
»Kommissar Ling Po«, sagte er schnell. »Polizei von Macau.«
»Ich bin froh, dass Sie hier sind«, erwiderte der Posten.
»Herr Ho ist völlig außer sich.«
»Was ist passiert?«
Der Wachmann schilderte die Ereignisse. »Ich habe ein paar Schüsse abgefeuert«, sagte er, »aber die Leute konnten entkommen.«
Ling notierte sich die Beschreibung der Fahrzeuge und gab sie über Funk an die Zentrale weiter. »Ich möchte, dass sie landesweit zur Fahndung ausgeschrieben werden. Falls jemand die Fahrzeuge sieht, soll er ihnen folgen, aber sie erst dann anhalten, wenn er Verstärkung hat.«
Nachdem die Zentrale seine Anweisung bestätigt hatte, wandte sich Ling wieder an den Wachmann. »Haben Sie hier heute Abend noch andere Polizisten gesehen? Mein Vorgesetzter, Herr Sung, war eingeladen.«
»Ich habe ihn gesehen, als er angekommen ist«, sagte der Posten. »Er ist noch nicht wieder gegangen.«
Ling nickte, lief die Auffahrt hinauf, kürzte quer über den Rasen ab und öffnete die Haustür. Stanley Ho saß im vorderen Wohnzimmer auf dem Sofa und telefonierte. Chefinspektor Sung saß neben ihm in einem Sessel.
»Was ist passiert, Chef?«, fragte Ling seinen Vorgesetzten.
Sung rieb sich das Gesicht. »Ich glaube, man hat mir Drogen verabreicht – mein Kopf wird langsam wieder klar, aber ich habe immer noch Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren.«
Ling nickte.
»Was soll das heißen?«, schrie Ho in den Apparat. »Wir haben den Notruf gewählt.«
»Hier ist kein entsprechender Anruf eingegangen«, erwiderte der Mann am anderen Ende der Leitung.
»Wir sprechen uns noch«, sagte Ho und unterbrach die Verbindung. »Wer sind Sie?«, fragte er Ling.
»Das ist Kommissar Ling Po«, antwortete Sung, »einer meiner besten Leute.«
»Folgendes ist geschehen«, sagte Ho. »Man hat mir heute Abend ein sehr wertvolles Kunstwerk gestohlen.«
»Was genau?«, fragte Ling.
»Eine einen Meter achtzig große Buddha-Statue aus massivem Gold«, antwortete Ho.
»Eine ähnliche Figur wurde vorhin aus dem A-Ma-Tempel geraubt«, sagte Ling. »Ich bezweifle, dass es sich um einen Zufall handelt.«
»Da fühle ich mich doch gleich viel besser«, entgegnete Ho
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