Der goldene Buddha
Selbst verwandelt: einen hoch gewachsenen Mann Mitte vierzig, rau und stattlich, mit stechenden blauen Augen. Sein blondes Haar war kurz geschoren, und ein Schnurrbart zog sich von der Oberlippe seitlich an den Mundwinkeln herab.
Er eilte den Gang entlang zu einer Tür und betrat einen Kontrollraum in der Mitte des Schiffs, der hoch über einer gewaltigen Halle lag. Ihre Höhe betrug drei Decks, und sie diente als Lager für die gesamte Unterwasserausrüstung der
Oregon:
Tauchgeräte, bemannte und unbemannte Fahrzeuge sowie eine Reihe elektronischer Messvorrichtungen. Auf großen Stahlschlitten lagen zwei hochmoderne U-Boote des Herstellers U.S. Submarines: eine zwanzig Meter lange Nomad 1000 und eine zehn Meter lange Discovery 1000. Die Luke im Boden des Rumpfs glitt auf, und Wasser strömte ein, bis es sich auf einer Höhe mit der äußeren Wasserlinie befand.
Das bemerkenswerte Schiff war nicht, was es von außen zu sein schien. Man hatte Aufbauten und Rumpf getarnt, um es wie einen rostigen Seelenverkäufer aussehen zu lassen. Das Ruderhaus und die unbenutzten Mannschaftsquartiere am Oberdeck wurden absichtlich verdreckt und verunstaltet, um beim Besuch eines Hafenbeamten oder Lotsen keinen Verdacht zu erregen.
Cabrillo ging in der Zentrale für Unterwassereinsätze zu einem großen Tisch, auf dem dreidimensionale Hologramme einer jeden Straße der Stadt Santiago zu sehen waren. Linda Ross, die Spezialistin für Sicherheits- und Überwachungsfragen, unterwies dort soeben mehrere Leute, die Arbeitsanzüge des kubanischen Militärs trugen. Linda war im Rang eines Lieutenant Commander für die amerikanische Kriegsmarine tätig gewesen, bis Cabrillo sie überredet hatte, den Dienst zu quittieren und sich der
Oregon
anzuschließen. In ihrer militärischen Laufbahn hatte sie zunächst als Nachrichtenoffizierin an Bord eines Aegis-Lenkwaffenkreuzers gearbeitet und dann vier Jahre in der Washingtoner Geheimdienstzentrale der Navy zugebracht.
Cabrillo stellte sich wortlos zu den anderen. Linda warf ihm einen kurzen Blick zu. Sie war eine attraktive Frau, nach der ein Mann sich zwar nicht unbedingt den Kopf verdrehen würde, die den meisten aber dennoch als hübsch galt. Ihren einen Meter dreiundsiebzig großen und neunundfünfzig Kilogramm schweren Körper hielt sie mit stetem Training in Form, verwendete aber nur selten Zeit darauf, sich zu schminken oder zu frisieren. Sie war sehr klug und von einnehmendem Wesen; alle an Bord der
Oregon
hielten große Stücke auf sie.
Die fünf Männer und die Frau, die nun neben dem detaillierten 3D-Abbild der Stadt standen, hörten aufmerksam zu, als Linda ein letztes Mal den bevorstehenden Einsatz durchging und dabei mit einem kleinen Leuchtstab auf ein bestimmtes Gebäude wies.
»Die Festung Santa Ursula. Sie wurde während des spanischamerikanischen Krieges erbaut und diente im zwanzigsten Jahrhundert als Warenlager, bis Castro und seine Revolutionäre die Macht übernahmen und dort ein Gefängnis einrichteten.«
»Wie lang genau ist die Strecke zwischen unserem Landungspunkt und dem Gefängnis?«, fragte Eddie Seng, der für seine Gerissenheit berüchtigte Leiter der Landoperationen.
»Eintausendvierhundertsechsundzwanzig Meter«, antwortete Linda.
Seng verschränkte nachdenklich die Arme. »Auf dem Hinweg dürfte es uns dank unserer Uniformen gelingen, die Einheimischen zu täuschen, aber falls wir uns dann mit achtzehn Gefangenen zurück zum Kai durchschlagen müssen, könnte es eng werden.«
»Vor allem angesichts des Zustands dieser armen Leute«, warf Julia Huxley ein, die Ärztin der
Oregon.
Sie würde an dem Einsatz teilnehmen, um sich um die Häftlinge zu kümmern. Die klein gewachsene Frau mit der beachtlichen Oberweite und der Statur einer Ringerin war an Bord die Mutter der Kompanie. Sie hatte als leitende Medizinerin vier Jahre im Marinestützpunkt von San Diego gearbeitet und wurde von allen gemocht.
»Unsere Kontaktmänner haben veranlasst, dass zwanzig Minuten vor unserem Aufbruch ein Lastwagen gestohlen wird.
Normalerweise beliefert er die Hotels mit Lebensmitteln. Der Laster samt Fahrer wird einen Block jenseits des Geräteschuppens warten, der oberhalb des Landungspunkts steht. Der Mann bringt euch zum Gefängnis, wartet und fährt euch dann zurück zum Kai. Dort wird er den Wagen zurücklassen und mit seinem Fahrrad nach Hause fahren.«
»Hat er einen Namen? Gibt es ein Losungswort?«
Linda lächelte. »Die Parole lautet
dos
.«
Seng wirkte
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