Der goldene Esel
Ehegenosse bestimmet,
Sondern ein Ungeheuer, falsch, grausam wie Otterngezücht;
Hoch erhebt sichs auf Schwingen, noch über den Äther; allmächtig
Waltet's mit Feuer und Stahl über die zitternde Welt.
Jupiter scheuet es selbst, den alle Götter doch fürchten.
Ja, der rächende Styx scheut es und bebet davor.‹
Wie schmerzlich traf dieser heilige Ausspruch die Seele des Königs! Sein ehemaliges Glück scheint ihm jetzt ein Traum. Langsam und traurig geht er nach Hause zurück und eröffnet seiner Gemahlin den schrecklichen Befehl des Gottes. Da ist Jammer! Tränen und Wehklagen nehmen kein Ende viele Tage lang.
Schon nahet die schreckliche Erfüllung des Orakels heran, wie zum Begräbnis werden die Anstalten zur Hochzeit der unglücklichen Prinzessin gemacht. Düster brennen die angezündeten Brautfackeln. Die hochzeitliche Flöte seufzt nur klagende, lydische Töne. Dumpf schallt der sonst so fröhliche Hymenäus, schließt traurig wie ein Sterbelied. Und mit Tränen der Verzweiflung netzt die Braut den geweihten Schleier.
Das Mißgeschick des königlichen Hauses rührt die ganze Stadt zum Mitleiden; die Trauer ist allgemein, Geschäfte, Gericht, alles unterbleibt.
Aber die Notwendigkeit, dem göttlichen Befehle zu gehorchen, rief die unglückliche Psyche zu dem bestimmten Ort. Sobald in tiefster Betrübnis alle nötigen Zurüstungen zur traurigen Hochzeitsfeier gemacht sind, so beginnt der Zug in Begleitung des ganzen Volkes.
Psyche schwimmt in Tränen, ihre Brust bebt von Schluchzen und Seufzen; sie geht zum Leichenbegängnis, nicht zur Hochzeit. Ihren Eltern bricht das Herz; sie zögern so viel sie nur können, so abscheulichen Greuel zu verüben.
Der unaussprechliche Schmerz des Vaters und der Mutter macht endlich die Tochter ihres eigenen Schmerzes vergessen, sie spricht ihnen mit diesen Worten Mut ein:
›Quält doch nicht durch so stetes Jammern Eure alten Tage, Vater! Mutter! Verkürzt nicht so Euer teures Leben, das ich gern durch das meine noch verlängerte! Was helfen diese ohnmächtigen Tränen, die Euer ehrwürdiges Angesicht entstellen? – Haltet ein! Haltet ein! O tut meinen Augen nicht weh durch Verletzung der Eurigen, schonet doch Eures grauen Haares, schonet Eurer mir heiligen Brust; andern Lohn konntet Ihr Euch ja für meine große Schönheit nicht versprechen! Spät genug fühlt Ihr jetzt erst des leidigen Neides tödliche Wunde. Als uns das Volk und fremde Nationen göttliche Ehre erwiesen und einhellig mich die neue Venus nannten, da hättet Ihr klagen, da weinen, da mich schon als tot betrauern sollen; denn ich fühl' es, ich seh' es, dieser Name ist allein mein Unglück. Jetzt führt mich getrost fort. Stellt mich auf den angedeuteten Felsen hin, ich eile der glücklichen Vermählung entgegen, zu der ich bestimmt bin. Ich eile, meinen edlen Gemahl kennen zu lernen. Denn wozu soll ich noch lange zögern? Wie soll ich dem entfliehen wollen, der zum Untergange der ganzen Welt geboren ist?‹
So sprach sie zu ihren Eltern und mischt sich nun mit gesetztem Tritt unter die Menge des begleitenden Volks.
Der Zug geht zum angewiesenen Berge fort, man langt bei ihm an, führt die arme Psyche auf den obersten Gipfel desselben und läßt sie da allein. Bei ihr bleiben die Brautfackeln, mit denen war vorgeleuchtet worden, aber verlöscht von Tränen, denn jeder schied nur mit strömenden Tränen von dannen.
Auf dem Rückzuge hört man keinen Laut. Ein jeglicher geht stillschweigend, in Gedanken vertieft, das Haupt zur Erde geneigt. Vater und Mutter sind ganz in Jammer niedergebeugt, sie verschließen sich im Innersten ihres Palastes, und trauriges Dunkel umhüllt ihre Tage. Mittlerweile stand Psyche oben auf dem Gipfel des Felsens, ganz allein, in der bangsten Erwartung. Sie zittert, sie bebt und weint bitterlich; auf einmal aber fühlt sie sich sanft überm Boden schweben.
Ein Zephyr hob unvermerkt sie empor; er schwellte mit lindem Hauche den Busen ihres Gewandes – rauschend flatterte der Saum umher – und so trug er sie ruhig in den Abgrund des darunter liegenden Tales und legte sie sanft in den blumigen Schoß eines weichen Rasens nieder.
* * *
Fünftes Buch
Allhier ist Psyche augenblicklich aller quälenden Unruhe entledigt. Sanftgebettet auf zartem Lager von betautem Grase, entschlummert sie allgemach. Nach langem erquickendem Schlaf erwacht sie endlich wieder heiterer als jemals und steht auf.
Welch ein Anblick bietet sich da ihren Augen dar!
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