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Der goldene Greif

Der goldene Greif

Titel: Der goldene Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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Wand kurze Zeit später berührte, fühlte er nur die ha r te, glatte Oberfläche, die nicht nachgab. Immer noch verstört von den seltsamen Ereignissen sah sich Raigo um und suchte nach dem Schwert, das er seinem Gegner aus der Hand g e schl a gen hatte. Er wollte es als Andenken an diesen ungewöhnlichen Kampf mitnehmen. Doch die Waffe war verschwunden. Die Wand war trübe wie zu Beginn des unheimlichen Geschehens, und ihr Licht glimmte nur noch.
    Die Prüfung schien abgeschlossen zu sein, doch Raigo war nicht sicher, ob er das Richtige getan hatte. Vielleicht hatte man gewollt, daß er seinen Gegner tötete. Doch Raigo war mit seiner Entscheidung zufrieden. Wie hätte er ein Stück von sich selbst töten können? Wenn er die Prüfung nun deshalb nicht bestanden hatte, war es jetzt sowieso nicht mehr zu ä n dern.
    Erst jetzt begann sich das groteske Erlebnis in ihm auszuwirken. Er fühlte sich wie zerschl a gen, wie in einem Alptraum gefangen. Der Schock dieser brutalen Gege n überstellung mit den finstersten Abgründen seiner Seele hallte noch immer in ihm nach. Seine Glieder zitte r ten, und seine Haut war mit kaltem Schweiß bedeckt. Dazu kam die körperliche Erschöpfung durch den mörderischen Kampf mit einem gleichwertigen, ja, fast überlegenen Gegner, denn sein anderes Ich hatte den Vo r teil der völligen Skrupellosigkeit besessen. Er selbst jedoch hatte die Hemmungen kaum überwinden können, die ihm der jenseits allen Verständnisses liegende Kampf mit sich selbst auferlegt hatte.
    Sein ausgelaugter, gemarterter Geist weigerte sich, darüber nachzudenken, ob das, was er erlebt ha t te, Wirklichkeit gewesen war, oder ob ihn nur ein Trugbild genarrt hatte.
    Mit schweren, schleppenden Schritten ging er zur Tür, schlug dagegen und rief Haldrans Namen. Sekunden später hörte er, wie der Riegel zurückgeschoben wurde, und die Tür schwang auf. Auf Haldrans ernstem Gesicht lag ein erfreutes L ä cheln. Er drückte ihm die Hand und sagte etwas, was Raigo nicht verstand. Raigo erwiderte nichts. Er schien den ju n gen Mann kaum wahrzunehmen. Mechanisch nahm er die Fackel entgegen, die Haldran ihm reichte. Dann folgte er wie ein Schlafwandler dem Davoneilenden durch die Gänge. So kam es, daß er immer we i ter hinter Haldran zurückblieb, und da er nicht auf den Weg achtete, fand er sich plötzlich allein in einem der Gänge. Auch als Raigo stehenblieb und lauschte, hörte er keine Schritte mehr.
    Panik ergriff ihn. In seinem überreizten Gehirn entstanden Bilder von tagelangem Umheri r ren in dem Labyrinth der stockfinsteren Gänge, denn die Fackel in seiner Hand war schon fast niedergebrannt. Er sah sich bereits entkräftet in einem der Stollen niedersinken, wo man eines Tages vielleicht nur durch Zufall seine Leiche finden würde. Was sollte dann aus Cor i ane werden? Und der schreckliche Krieg - wer sollte ihn beenden? Er mußte hier heraus!
    Wie von Dämonen gejagt rannte er durch die Gänge. Seine Schritte hallten von den Wä n den wieder, und oft blieb er voll Hoffnung stehen, da er das Echo für das Nahen der Wyr a nen hielt, die ihn suchen kamen. Doch wenn es dann still blieb, griff die Angst erneut nach seinem Herzen. Wäre er voll bei Sinnen und zu klarer Übe r legung fähig gewesen, hätte er sich irgendwo ruhig niedergesetzt und abgewartet. Haldran würde sein Fehlen bald beme r ken, und dann wäre er leichter zu finden g e wesen, wenn er an einem Ort verharrt hätte, der ve r mutlich noch in der Nähe des richtigen Weges lag. So aber rannte er immer tiefer in den Berg hinein und war längst schon in Stollen geraten, in denen die Wyranen einst Erze abg e baut hatten, die aber schon seit langer Zeit niemand mehr benutzte.
    Doch dann verließen ihn die Kräfte. Keuchend und mit brennenden Lungen stolpe r te er noch einige Schritte weiter. Dann brach er zusammen. Die Fackel entfiel seiner kraftlosen Hand und verlosch auf dem vom Tropfwasser nassen Boden.
     
    Haldran war rasch vor Raigo her geschritten . In der Annahme, daß dieser ihm dich t auf folge, hatte er sich  nicht umgesehen. Plötzlich jedoch merkte er, daß Raigo nicht mehr hinter ihm war. Erschreckt lief der Jüngling ein Stück zurück und rief Raigos Namen. Doch Raigo war verschwunden, und auf Hal d rans Rufe kam keine Antwort.
    Doch Haldran war ein kluger Junge. Er wußte genau, daß er allein kaum eine Cha n ce hatte, Raigo zu finden, wenn dieser sich erst einmal verlaufen hatte. Darum rannte er so schnell er konnte zur großen

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