Der goldene Greif
ä gen niedermachte.
Doch Raigos Kämpfer konnte sein Vorhaben nicht verwirklichen. Immer wieder wurde er angegriffen und in Zweikämpfe verwickelt, so daß es ihm nicht möglich war, sich seinem Ziel zu nähern.
Einer seiner Kampfgefährten, ein junger, blonder Recke, hatte jedoch mehr Glück. G e schickt wich er einigen Angreifern aus und traf auf den gegnerischen Anführer. Dieser ging sofort auf den jungen Ritter los, der jedoch behände fintete und ihm schon nach wenigen Minuten sein schlankes Schwert durch den Brustschutz in die Rippen stieß.
Als die Feinde ihren Anführer fallen sahen, ließen sie vom Streit ab und flüchteten. Raigos Kämpfer war zornig, das spürte Raigo genau. Der Mann spornte sein Pferd an und verfolgte die Fliehenden. Schon hatte er einen erreicht und stieß ohne Gn a de sein Schwert in den Rücken des Mannes.
Raigo verzog den Mund. Hatte er bisher nur Sympathie für diesen Ritter empfunden, so kühlte sie nun merklich ab. Was dieser Mann tat, war nicht nach ritterlichem Vorbild. Wenn ein Feind floh, stieß man den Wehrlosen doch nicht von hinten ni e der! Doch gespannt folgte er dem weiteren Geschehen.
Einer der Fliehenden war von seinem Pferd abgeworfen worden. Gerade hatte er sich auf die Knie erhoben, als der Verfolger herankam. Der Gestürzte war ein Jün g ling, fast so wie Haldran. Er hatte seine Waffen verloren, und der Helm war ihm vom Kopf gefallen. Angste r füllte Augen in einem weichen, bartlosen Gesicht hoben sich zu dem Verfolger auf. Flehend hob der Jüngling die Hände dem blutigen Schwert entgegen, das sich seiner Kehle näherte.
Einen Augenblick zögerte der Reiter, und Raigo atmete auf. Doch da zuckte der tödliche Stahl vor und drang tief in den ungeschützten Hals des Knienden.
Raigo schrie auf und bedeckte sein Gesicht mit den Händen. „Mörder!“ rief er. „W i derlicher, blutgieriger Mörder! Das ist kein Kampf, das ist nur noch ein Schlachten!“
Als Raigo die Hände herunternahm, stellte er zu seiner Verwunderung fest, daß ihm sein Fenster nun einen ganz anderen Blick bot. Er schaute in eine große Königsha l le, in der ein festliches Bankett stattfand. Unter den anwesenden Rittern fand Raigo rasch den Kämpfer vom Schlachtfeld und seinen jungen, erfolgreichen Mitstreiter, obwohl er ihre Gesichter i m mer noch nicht erkennen konnte. Es schien hoch herzugehen bei dem Fest, und immer wi e der wurde der junge Mann für seinen spektakulären Sieg über den Anführer der Feinde g e feiert. Der König hatte ihm den E h renplatz an seiner rechten Seite eingeräumt, den sonst wohl der andere innehatte.
Raigo fühlte, daß der Neid und der Haß auf den jungen Gefährten in dem blutgierigen Kämpfer wühlten. Als sich der junge Mann dann erhob und hinausging, schwankend vom in der Siegesfreude übermäßig genossenen Wein, folgte ihm der andere heimlich nach. Mit Entsetzen sah Raigo in seiner Faust einen langen Dolch blinken. Der Jüngling taumelte, und der andere sprang zu, als wolle er ihm helfen. Lachend lehnte sich der junge Mann an den Gefährten und schien ihn um seinen Beistand zu bitten. Da stieß der Unhold ihm den Dolch in die Brust. Zu Tode getro f fen brach der junge Ritter zusammen. Ungerührt wischte der Mörder den Dolch an der Kleidung seines Opfers ab. Dann sah er sich hastig um. Als ni e mand zu sehen war, huschte er in den Saal zurück und mischte sich unter die Feiernden, die ihn anscheinend noch nicht vermißt hatten.
Beim Anblick dieser heimtückischen Tat hatte Raigo wütend und verzweifelt mit den Fäusten gegen die Wand geschlagen, in der vergeblichen Hoffnung, die Untat ve r hindern zu können. Doch in hilflosem Zorn hatte er das Verbrechen mit ansehen müssen. Sein Zorn steigerte sich zur Rage, als er den Mörder in der Halle scherzen und lachen sah. Er wollte sich ang e widert von dem verhaßten Bild abwenden, als sich die Szene plötzlich wieder änderte.
Er sah an einem Waldrand eine kleine Kate liegen, eine Häuslerwohnung. Vor der Hütte war ein junges Mädchen dabei, Wasser aus einem Ziehbrunnen heraufzuh o len, als sich vom Wald her ein Reiter näherte. Als er die Kate fast erreicht hatte, stellte Raigo fest, daß es sein heimtückischer Mordbube war, und sein Herzschlag setzte aus. Welche Teufelei war nun wieder im Gange?
Der Reiter grüßte das Mädchen und schien sie um einen Trunk Wasser zu bitten. Freundlich reichte sie ihm einen Becher zu. Während er trank, musterte er das Mädchen unverhohlen. Sie war eine
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