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Der goldene Greif

Der goldene Greif

Titel: Der goldene Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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Orakel Mynthars auf dich.“
     
    Raigos Gesicht war ernst und seine Haut fahl und grau. In seinen umschatteten Augen en t deckte Huvran einen Schimmer der Trauer, den er vorher nicht bemerkt ha t te.
     
    „Habe ich diese Prüfung denn wirklich bestanden?“ fragte Raigo zweifelnd. „Wie kannst du das wi s sen?“
     
    „Da du den Raum lebend und - wie ich sehe - bei klarem Verstand verlassen hast“, antwort e te Huvran, ist das Ergebnis klar: Du hast die Prüfung bestanden! Hättest du nicht richtig g e handelt, wäre es dein Tod oder der Wahnsinn gewesen. Die Bedi n gungen Mynthars sind hart!“
     
    „Weißt du, was mir begegnet ist?“ fragte Raigo, und der Alte sah, daß eine Bejahung der Frage ihm unangenehm gewesen wäre.
     
    Doch Huvran konnte Raigo beruhigen. „Ich weiß nur, daß die Prüfung dem Me n schen sein Spiegelbild vorhält“, antwortete er, „und zwar nur das Böse, das in jedem von uns steckt. Unsere guten Seiten kennen wir alle ganz genau. Aber das Schlec h te in uns unverhüllt zu sehen, ohne die Beschönigungen, mit denen wir uns vor uns selbst dafür entschuldigen, ist für manchen unerträglich. Doch akzeptiert der Prüfling diese Seite seines Ichs nicht und ve r sucht, sie zu vernichten anstatt sie zu b e siegen, so geht er zugrunde, denn er hat sich selbst verstümmelt. Läßt er sich j e doch vom Bösen besiegen, geschieht das gleiche. Da du noch lebst, hast du deine menschliche Natur als das angenommen, was sie ist: eine untrennbare Mischung aus Gut und Böse. Und es muß dir bewußt geworden sein, daß du das Böse in dir in seine Schranken weisen kannst, wenn du stark genug bist. Doch was du in dir selbst g e sehen hast, ist auch mir verborgen, und niemand wird es erfahren, wenn du selbst es nicht willst. - Doch jetzt solltest du essen. Die Prüfung hat dich mehr mitgenommen, als ich ve r mutet hatte, dazu kam noch das Liegen in den kalten, nassen Stollen. Daher hast du den heut i gen Tag schon versäumt. Doch damit du den morgigen nicht auch noch versäumen mußt, solltest du dafür sorgen, daß du wieder zu Kräften kommst.“
     
    Gehorsam begann Raigo, die Suppe zu löffeln. Erst Huvrans Worte hatten ihm so recht zu Bewußtsein gebracht, daß der Erfolg seiner Mühen nun in greifbare Nähe gerückt war. Es schien fast so, als nähme seine Zuversicht mit jedem Löffel der kräftigen Mahlzeit zu. Sein starker Charakter begann schon, das Selbstwertgefühl und das Selbstbewußtsein wieder aufzubauen, die durch die Konfrontation mit der eigenen Unzulänglichkeit so sehr gelitten hatten. Als er mit dem Essen fertig war, zeigte sich auch wieder ein kleines Lächeln auf se i nen Lippen, was Huvran mit B e friedigung vermerkte.
     
    „Du solltest noch ein wenig hinausgehen an die frische Luft, ehe die Nacht herei n bricht“, sagte er zu Raigo. „Und dann solltest du zeitig schlafen gehen. Morgen früh, noch ehe die Sonne aufgeht, wirst du mit Haldran und zwei weiteren Männern zum Orakel aufbrechen. Diese beiden und Leadir, der bis jetzt Mynthars Heiligtum bewachte, werden dann wieder mit dir zurückkehren. Doch es wird Nacht sein, bis ihr unsere Wohnstätten wieder erreicht. Dann aber wird das große Fest gefeiert, zu Ehren Mynthars und als Dank für deine und Leadirs Rückkehr. Danach liegt es bei dir, wie lange du noch bei uns bleiben möchtest. Gern würde ich sehen, daß du noch einige Zeit mit uns verbringen würdest, aber ich fürchte, daß dieser Wunsch sich nicht erfüllen wird.“
     
    Raigo befolgte den Rat Huvrans und verbrachte noch einige Zeit unten am See in Ahaths und Argins Gesellschaft. Dann ging er zurück, um sich schlafen zu legen.
     
     
     
    10. Das Orakel
     
    Huvran hatte aus Fürsorge und weiser Voraussicht Raigo einen leichten Schlaftrunk ins Zimmer stellen lassen. So hatte Raigo eine erholsame Nacht, frei von quälenden Träumen, und als Bearnir ihn vor der Morgendämmerung wecken kam, war er frisch und ausgeruht.
    Rasch zog er seine Kleidung an, die freundliche Hände gesäubert neben sein Bett gelegt hatten. Nach einem kurzen, doch sehr gehaltvollen Frühstück folgte er Bea r nir zum Ausgang der Höhlen. Dort warteten bereits Haldran und zwei weitere Wyr a nen. Alle drei trugen große Bündel auf dem Rücken. Raigo wollte ihnen einen Teil ihrer Last abnehmen, doch Huvran, der ebenfalls dazugekommen war, verwe i gerte es ihm.
     
    „Bedenke, daß du nicht gewohnt bist, in den Bergen zu wandern“, sagte er. „Die Luft wird dünner, je weiter du

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