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Der goldene Kelch

Der goldene Kelch

Titel: Der goldene Kelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloise Jarvis McGraw
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herstellen, er durfte ein Blatt formen! Je! Mögen es die Götter gut mit Rekh meinen! Mögen sie ihm Reichtum und Ehre schenken! Möge ihn der Pharao mit Ehrengold überschütten! Ranofers Gedanken schwirrten wild durcheinander, dann aber konzentrierte er sich aufs Feuer. War es heiß genug? Er schürte und warf einen unsicheren Blick auf Rekh. „Darf ich das Lötrohr benutzen, Meister?“
    „Du darfst alles benutzen, was du brauchst.“ Ranofer nahm das Lötrohr, und gleich wurde seine Hand ruhig und seine Aufregung legte sich. Die Form des Lötrohrs war ihm angenehm vertraut. Er konnte mit dem Lötrohr umgehen. Viele Male hatte er es schon benutzt, während Thutra ihm vom Diwan aus zugesehen hatte. Er wusste, was er zu tun hatte; er musste nur ein Stück Draht abknipsen, es mit der Zange festhalten und – so, jetzt aber vorsichtig!
    Mit größter Sorgfalt hielt Ranofer das Drahtende in die Flamme und blies leicht und gleichmäßig durch das Rohr. Die Flamme wurde heißer und färbte sich blau. Das Drahtende schmolz zu einem runden Tropfen, den Ranofer sofort auf den Amboss brachte. Er legte das Lötrohr aus der Hand und griff nach dem Hammer. Er schlug einmal fest auf das weiche Gold, und der Tropfen verwandelte sich in ein flaches, kleines Blatt mit einem Stiel aus Golddraht.
    Unsicher fuhr sich Ranofer mit der Zunge über die Lippen und betrachtete sein Werk. War es gut? Oder war der Stiel zu lang? Die Ränder zu dick? Langsam hob er den Kopf und blickte den Goldschmied an. Rekh lächelte und nickte billigend.
    „Das hast du gut gemacht, Ranofer. Aber es war dein erstes Blatt, und ich bin hinter dir gestanden und habe jede Bewegung verfolgt. Beim ersten Mal macht man alles sehr gewissenhaft. Würdest du auch das fünfzehnte Blatt mit der gleichen Sorgfalt bearbeiten? Oder gar das fünfzigste?“
    „Aber natürlich, Meister!“, antwortete Ranofer erstaunt. „Was denn sonst? Wenn man nicht sorgfältig arbeitet, wird das Blatt nicht schön, und man muss es noch mal machen.“
    „Da hast du allerdings Recht.“ Rekh nahm das Blatt und betrachtete es noch einmal genau, bevor er es auf die Seite legte. „Also gut. Irenma’at hat heute einen Halskragen aus vielen Ketten in Auftrag gegeben. Er soll mit Grünstein und goldenen Blättern verziert sein. Machst du mir bitte fünfzig solcher Blätter? Alle sollen genau gleich aussehen. Bring sie mir rüber in den Schuppen, wenn du fertig bist.“
    Rekh drehte sich um und hinkte davon, Ranofer sah ihm nach. Er konnte sein Glück kaum fassen. Fünfzig Blätter! Er – er, Ranofer – sollte die Ornamente für den Halsschmuck einer großen Dame machen! Vielleicht würde sie das Geschmeide bei einer Abendgesellschaft tragen, die ein Edelmann in seiner Villa gab. Vielleicht war sie sogar in den Palast geladen. In den Palast! Und Teje, die Große Königsgemahlin, die Große Geliebte und Herrin der Beiden Länder, würde den Schmuck sehen und sich erkundigen, in welcher Werkstatt er gefertigt wurde und wer, ja, wer diese feinen Blätter geformt hatte, die eins fürs andere ein kleines Kunstwerk waren. Pharao selbst würde sich auf seinem Thron vorbeugen, um das Geschmeide besser sehen zu können… Jetzt aber los, du Träumer!, schalt sich Ranofer. Durchs Träumen kommen keine Kunstwerke zu Stande! Hör auf, das Gold anzuglotzen, und mach dich endlich an die Arbeit!
    Die ganze Zeit über schwamm Ranofer in einem Meer aus Glück. Nicht einmal sein knurrender Magen konnte ihm diesen Tag verderben. Selbst als er alle Blätter vom ersten bis zum fünfzigsten mit großer und liebevoller Sorgfalt geschlagen hatte, wobei das letzte immer noch genauso aussah wie das erste, selbst dann hörte er nicht auf zu träumen. Vielleicht durfte er nun jeden Tag Blätter schlagen, Draht härten oder Schatullen löten. Vielleicht durfte er etwas dazulernen und seine Kunstfertigkeit ausbilden. Und selbst als Ranofer wieder seine üblichen Aufgaben erledigte, die Feilung wusch und Barren goss, strahlten sein lächelndes Gesicht und sein emsiger kleiner Körper so viel ansteckende Freude und Zuversicht aus, dass der Hof vom Gelächter und den Scherzen der Arbeiter widerhallte. Sogar die übliche düstere Miene des Ersten Gesellen hellte sich auf wie von selbst.
    Das Tagwerk war getan. Es war ein guter Tag, ein glücklicher Tag, von allen Göttern gesegnet. Jetzt musste Ranofer diesen Tag nur noch mit einem weiteren Erfolg krönen. Bald würde es so weit sein. Ranofer wartete auf Heqet. Mit dem

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