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Der Goldene Kompass

Der Goldene Kompass

Titel: Der Goldene Kompass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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Abendwind über dem Gras, eine Zigarre und ein Glas Bourbon. Das Problem ist nur, das alles kostet Geld. Also fliege ich für Geld, und nach jedem Auftrag schicke ich einen Teil an die Wells Fargo Bank, und wenn ich genug habe, verkaufe ich diesen Ballon und buche einen Platz auf einem Dampfer nach Port Galveston, und dann bleibe ich für immer am Boden.«
    »Auch darin unterscheiden wir uns, Mr. Scoresby. Eine Hexe könnte das Fliegen genausowenig aufgeben wie das Atmen. Erst beim Fliegen sind wir ganz wir selbst.«
    »Ich verstehe und beneide Sie, Madame, aber diese Art der Selbstverwirklichung ist mir nicht zugänglich. Fliegen ist für mich ein Job, ich bin nur ein Handwerker. Ich könnte genausogut irgendwelche Ventile einstellen oder anbarische Leitungen verlegen. Aber ich habe mich für meinen Beruf entschieden. Aus freien Stücken. Und deshalb sagt mir die Vorstellung eines Krieges, von dem ich nichts weiß, wenig zu.«
    »Auch Iorek Byrnisons Streit mit seinem König gehört zu diesem Krieg«, sagte die Hexe. »Dem Mädchen ist es bestimmt, dabei eine Rolle zu spielen.«
    »Sie sprechen von Bestimmung«, sagte Lee Scoresby, »als ob alles schon entschieden sei. Das gefällt mir im Grunde genausowenig wie ein Krieg, an dem ich teilnehme, ohne es zu wissen. Wo bleibt bitte schön mein freier Wille? Ich habe übrigens den Eindruck, Lyra hat mehr freien Willen als alle, die ich kenne. Wollen Sie denn sagen, das Mädchen sei nur eine Art mechanisches Spielzeug, das man aufzieht und dann in eine Richtung marschieren läßt, an der es nichts ändern kann?«
    »Wir sind alle dem Schicksal unterworfen«, sagte die Hexe, »aber wir müssen so tun, als seien wir es nicht, sonst würden wir vor Verzweiflung sterben. Diesem Mädchen geht eine merkwürdige Prophezeiung voraus: Es ist ihr Schicksal, das Ende des Schicksals herbeizuführen. Sie muß das jedoch tun, ohne zu wissen, was sie tut, als sei es in ihrer Natur angelegt und nicht vom Schicksal bestimmt. Sagte man ihr, was sie tun muß, wäre alles vergebens; es wäre der Sieg des Todes in allen Welten und der Triumph der Verzweiflung für alle Zeiten. Die Welten wären nur noch ein Räderwerk, blind und ohne Geist, Gefühl, Leben…«
    Sie sahen auf Lyra nieder, deren Stirn — soweit unter der Kapuze sichtbar — noch im Schlaf leicht gerunzelt war. »Ich glaube, ein Teil von ihr weiß das«, sagte der Aeronaut. »Jedenfalls wirkt sie irgendwie vorbereitet. Aber der kleine Junge? Wissen Sie, daß das Mädchen nur deshalb herkam, um ihn vor diesen Teufeln zu retten? Die beiden waren Spielkameraden, in Oxford oder sonstwo. Wußten Sie das?«
    »Ja. Lyra hat etwas von ungeheurem Wert bei sich, und offenbar hat das Schicksal sie dazu ausersehen, dieses Etwas ihrem Vater zu überbringen. Sie kam auf der Suche nach ihrem Freund hierher, ohne zu wissen, daß ihr Freund vom Schicksal in den Norden geführt wurde, damit sie ihm folgen und ihrem Vater etwas bringen kann.«
    »Das ist Ihre Deutung, oder?«
    Die Hexe wirkte zum erstenmal verunsichert. »Es scheint jedenfalls so zu sein… Aber wir können das Dunkel nicht lesen, Mr. Scoresby. Es ist durchaus möglich, daß ich mich irre.«
    »Was haben Sie eigentlich mit dieser Sache zu tun, wenn ich fragen darf?«
    »Wir sind zutiefst davon überzeugt, daß das, was die Menschen in Bolvangar tun, falsch ist. Lyra ist ihr Feind, also sind wir ihre Freunde. Mehr wissen wir nicht. Aber dazu kommt noch, daß mein Clan mit den Gyptern befreundet ist; diese Freundschaft geht auf jene Zeit zurück, als Farder Coram mir das Leben rettete. Wir handeln auf die Bitte der Gypter hin, und sie wiederum sind Lord Asriel verpflichtet.«
    »Verstehe. Sie schleppen den Ballon also den Gyptern zuliebe nach Svalbard. Geht diese Freundschaft so weit, daß Sie uns auch auf dem Rückweg helfen? Oder müssen wir dann warten, bis der Wind günstig steht, und bis dahin hoffen, daß die Bären ein Einsehen haben? Noch einmal, Madame, ich frage in aller Freundschaft und lediglich aus Neugier.«
    »Wenn wir Ihnen nach Trollesund zurückhelfen können, Mr. Scoresby, werden wir das tun. Wir wissen allerdings nicht, was uns auf Svalbard erwartet. Der neue König der Bären hat vieles geändert, und alte Bräuche sind in Verruf geraten. Es könnte eine schwierige Landung werden. Außerdem weiß ich nicht, wie Lyra zu ihrem Vater gelangen soll und was Iorek Byrnison vorhat. Ich weiß nur, daß sein Schicksal mit ihrem verknüpft ist.«
    »Auch ich weiß nicht

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