Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Goldene Kompass

Der Goldene Kompass

Titel: Der Goldene Kompass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
Vom Netzwerk:
schlau genug. Dafür brauchen Sie wirklich gescheite Schüler. Aber das mit den Bären könnte ich lernen. Darin könnten Sie mich unterrichten. Und vielleicht können wir dabei üben und uns bis zum Staub hocharbeiten.«
    Er nickte wieder. »Ja«, sagte er, »ja, ich glaube, du hast recht. Es besteht ein Zusammenhang zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos! Die Sterne leben, Kind. Wußtest du das? Da draußen ist alles lebendig, und im All hat alles Sinn und Zweck! Das Universum steckt voller Absichten, mußt du wissen. Alles geschieht zu einem Zweck. Dein Zweck ist es, mich daran zu erinnern. Gut, gut — ich hatte es in meiner Verzweiflung schon vergessen. Gut! Ausgezeichnet, Kind!«
    »Haben Sie den König denn schon einmal gesehen? Iofur Raknison?«
    »Ja, o ja. Ich kam doch auf seine Einladung hierher. Er wollte eine Universität gründen und mich zu ihrem Vizekanzler machen. Das hätte das Royal Arctic Institute ins Mark getroffen, hm! Hm? Und diesen Schurken Trelawney! Ha!«
    »Was ist passiert?«
    »Ich wurde von Geringeren verraten, unter ihnen natürlich Trelawney. Er war hier, mußt du wissen, hier in Svalbard. Verbreitete Lügen und Verleumdungen über mich. Verleumdungen! Diffamierungen! Wer hat denn den letzten Beweis für die Barnard-Stokes-Hypothese erbracht, hm? Hm? Richtig, das war Santelia. Trelawney hat das nicht verkraftet. Log, daß sich die Balken bogen. Und Iofur Raknison ließ mich hier einsperren. Aber eines Tages bin ich wieder draußen und Vizekanzler, o ja. Dann soll Trelawney vor mir um Gnade winseln! Und der Publikationsausschuß des Royal Arctic Institute soll es ruhig wagen, meine Beiträge abzulehnen! Ha! Demütigen werde ich sie alle!«
    »Ich denke, Iorek Byrnison wird Ihnen glauben, wenn er wiederkommt«, sagte Lyra.
    »Iorek Byrnison? Darauf warte ich lieber nicht. Der kommt nie wieder.«
    »Er ist auf dem Weg hierher.«
    »Dann werden sie ihn töten. Er ist kein Bär, mußt du wissen, sondern ein Ausgestoßener, wie ich. Degradiert, ohne Recht auf die Privilegien, die die anderen Bären haben.«
    »Mal angenommen, Iorek Byrnison käme doch wieder«, sagte Lyra. »Und angenommen, er forderte Iofur Raknison zum Kampf heraus…«
    »Das würden die Bären nie zulassen«, sagte der Professor verächtlich. »Und Iofur Raknison würde nie zugeben, daß Iorek Byrnison überhaupt das Recht hat, gegen ihn zu kämpfen. Er ist völlig rechtlos. Genauso gut könnte er statt eines Bären ein Seehund sein oder ein Walroß. Oder noch schlimmer ein Tatar oder ein Skräling. Sie würden nicht ehrenhaft gegen ihn kämpfen; sie würden ihn mit Flammenwerfern töten, bevor er ihnen zu nahe kommen könnte. Aussichtslos, gnadenlos.«
    »Oh«, sagte Lyra, und tiefe Verzweiflung überkam sie. »Und was ist mit den anderen Gefangenen der Bären? Wissen Sie, wo man sie gefangen hält?«
    »Andere Gefangene?«
    »Ja, wie… Lord Asriel.«
    Schlagartig veränderte sich das Verhalten des Professors. Er zuckte zurück und schüttelte warnend den Kopf.
    »Pst! Still! Sie könnten dich hören!« flüsterte er.
    »Warum dürfen wir nicht von Lord Asriel sprechen?«
    »Verboten! Sehr gefährlich! Iofur Raknison duldet nicht, daß man von ihm spricht!«
    »Aber warum?« sagte Lyra und kam näher. Sie flüsterte jetzt selbst, um den Professor nicht zu erschrecken.
    »Lord Asriel gefangenzuhalten ist ein besonderer Auftrag, den Iofur von der Oblations-Behörde bekommen hat«, flüsterte der alte Mann zurück. »Mrs. Coulter kam persönlich zu Besuch und bot Iofur alle möglichen Belohnungen an, wenn er Lord Asriel in Verwahrung nähme. Ich weiß das deshalb, weil ich zu dieser Zeit selbst noch bei Iofur in Gnade stand. Ich lernte Mrs. Coulter kennen, jawohl! Ich hatte ein langes Gespräch mit ihr. Iofur war ganz vernarrt in sie. Er redete unaufhörlich von ihr, daß er alles für sie tun würde. Wenn sie wollte, daß Lord Asriel in völliger Abgeschiedenheit gefangengehalten wurde, bitte sehr. Für Mrs. Coulter alles, wirklich alles. Wußtest du, daß er seine Hauptstadt nach ihr benennen will?«
    »Er läßt also niemanden zu Lord Asriel?«
    »Nein! Niemanden! Aber zugleich fürchtet er ihn. Iofur spielt ein schwieriges Spiel, aber er ist schlau. Er will es mit beiden nicht verderben. Er läßt niemanden zu Lord Asriel, um Mrs. Coulter zu gefallen, und er stellt Lord Asriel alle Instrumente zur Verfügung, die er haben will, um ihm zu gefallen. Eine prekäres Gleichgewicht. Instabil. Es beiden Seiten recht machen

Weitere Kostenlose Bücher