Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Goldene Kompass

Der Goldene Kompass

Titel: Der Goldene Kompass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
Vom Netzwerk:
erfährt?«
    Lyra holte das Alethiometer heraus. Das Licht war so schlecht, daß man die Symbole kaum sah, und Iorek befahl, eine Fackel zu bringen.
    »Was ist mit Mr. Scoresby passiert?« fragte Lyra, während sie warteten. »Und mit den Hexen?«
    »Die Hexen wurden von einem anderen Hexenclan angegriffen. Ich weiß nicht, ob dieser andere Clan mit den Kinderabschneidern verbündet war, jedenfalls griffen sie scharenweise an, als der Sturm ausbrach. Ich habe nicht gesehen, was mit Serafina Pekkala passierte. Was Lee Scoresby angeht, so stieg der Ballon wieder auf, nachdem der Junge und ich herausgefallen waren, und nahm ihn mit. Aber dein Symboldeuter sagt dir sicher, was den beiden zugestoßen ist.«
    Ein Bär kam mit einem Schlitten, auf dem ein Kessel mit glühender Holzkohle stand. Er stieß einen harzigen Ast hinein, der sofort Feuer fing, und im Licht der Flammen drehte Lyra die Zeiger des Alethiometers und befragte es nach Lee Scoresby.
    Wie sich herausstellte, war er immer noch in der Luft, und die Winde trugen ihn nach Nowaja Semlja. Die Klippenalpe hatten ihm nichts anhaben können, den anderen Hexenclan hatte er erfolgreich abgewehrt.
    Lyra sagte das Iorek, und Iorek nickte zufrieden.
    »In der Luft ist er sicher«, sagte er. »Und Mrs. Coulter?«
    Die Antwort darauf war schwieriger. Lyra mußte lange über die Reihenfolge nachdenken, in der die Nadel von Symbol zu Symbol schwang. Die Bären starrten sie neugierig an, hielten sich aber höflich zurück aus Achtung vor Iorek Byrnison und weil sie wußten, daß Iorek Byrnison seinerseits Lyra achtete. Lyra verdrängte die Anwesenheit der Bären aus ihrem Bewußtsein und versenkte sich in das Alethiometer.
    Endlich verstand sie den Zusammenhang der verschiedenen Symbole. Es war eine schlimme Botschaft.
    »Es sagt, daß Mrs. Coulter… Sie hat erfahren, daß wir hierher geflogen sind, und sie hat einen mit Maschinengewehren bewaffneten Transportzeppelin organisiert — wenn ich die Symbole richtig lese —, und sie sind in diesem Augenblick auf dem Weg nach Svalbard. Natürlich weiß sie noch nicht, daß Iofur Raknison geschlagen ist, aber sie wird es bald wissen, weil… Ach ja, weil einige Hexen es ihr sagen werden, die es von den Klippenalpen wissen. Der Himmel ist anscheinend voller Spione, Iorek. Sie kommt, weil sie… angeblich weil sie Iofur Raknison helfen will, aber in Wirklichkeit will sie die Macht von ihm übernehmen mit Hilfe eines Tatarenregiments, das mit dem Schiff unterwegs ist. Sie könnten schon in wenigen Stunden hier sein.
    Und sobald sie kann, wird sie Lord Asriel in seinem Gefängnis aufsuchen und ihn töten lassen. Weil…Jetzt wird mir etwas klar, das ich bisher nie verstanden habe, Iorek! Nämlich warum sie Lord Asriel töten will: Weil sie weiß, was er vorhat, und davor Angst hat, und weil sie es selber tun will und die Macht an sich reißen will, bevor er es kann… Es muß die Stadt am Himmel sein, ja! Sie will sie als erste erreichen! Und da lese ich noch etwas anderes…«
    Lyra beugte sich über das Instrument und konzentrierte sich verbissen auf die Nadel, die hierhin und dorthin zuckte, so rasch, daß man ihr kaum folgen konnte. Roger, der Lyra über die Schulter blickte, sah nicht einmal, wo sie jeweils stehenblieb; er sah lediglich ein schnelles Wechselspiel zwischen Lyras Fingern, die an den Zeigern drehten, und der darauf antwortenden Nadel. Das Ganze schien mit einer Sprache sowenig zu tun zu haben wie das Nordlicht.
    »Ja«, sagte Lyra schließlich, sie ließ das Instrument in den Schoß sinken und seufzte und sah sich verwirrt um, als sie aus ihrer tiefen Versenkung erwachte. »Ja, jetzt verstehe ich das. Sie ist wieder hinter mir her. Sie will etwas, das ich habe, weil Lord Asriel es auch will. Sie braucht es für dieses… dieses Experiment, was immer es ist.«
    Lyra brach ab und holte tief Luft. Etwas machte ihr zu schaffen, und sie wußte nicht, was. Sie war überzeugt, daß dieses Etwas, das so wichtig war, das Alethiometer war. Schließlich hatte Mrs. Coulter das Alethiometer doch haben wollen, und was konnte es sonst sein? Zugleich konnte es nicht das Alethiometer sein, denn das Alethiometer drückte sich anders aus, wenn es von sich selbst sprach, nicht so.
    »Wahrscheinlich ist es das Alethiometer«, sagte sie unglücklich. »Das vermute ich schon lange. Ich muß es unbedingt Lord Asriel geben, bevor sie es an sich bringt. Wenn sie es bekommt, müssen wir alle sterben.«
    Als sie das sagte, war sie so

Weitere Kostenlose Bücher