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Der Goldene Kompass

Der Goldene Kompass

Titel: Der Goldene Kompass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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sich wochenlang hin, und Berge von Beweisen und Gegenbeweisen wurden hin- und hergeschoben. Am Ende bestraften die Richter Lord Asriel, indem sie sein ganzes Vermögen und seine Ländereien beschlagnahmten und ihn, der reicher als der König gewesen war, zu einem armen Mann machten.
    Was deine Mutter anbelangt: Sie wollte von alldem nichts wissen, auch von dir nicht. Sie ließ dich im Stich. Die gyptische Amme erzählte mir, sie hätte oft Angst gehabt, deine Mutter, eine stolze und hochmütige Frau, könnte dir etwas antun. Soviel zu ihr.
    Dann gab es noch dich. Wäre die Sache anders ausgegangen, wärst du vielleicht als Gypterin erzogen worden, Lyra, denn die Gypterin flehte das Gericht an, dich ihr zu überlassen; aber wir Gypter haben einen schweren Stand vor dem Gesetz. Das Gericht entschied, daß du in einem Kloster untergebracht werden solltest, und so kamst du zu den Demütigen Schwestern von Watlington. Daran wirst du dich kaum erinnern.
    Doch Lord Asriel widersetzte sich diesem Urteil. Er haßte Äbte, Mönche und Nonnen, und als eigenmächtiger Mann, der er war, kam er eines Tages angeritten und nahm dich mit. Allerdings nicht, um sich selbst deiner anzunehmen oder dich den Gyptern zu überlassen, sondern er brachte dich nach Jordan College und warnte das Gericht davor, seine Tat rückgängig zu machen.
    Das Gericht ließ den Dingen ihren Lauf. Lord Asriel widmete sich wieder seinen Forschungen, und du lebtest in Jordan College. Alles, was dein Vater verlangte, seine einzige Bedingung war, daß deine Mutter dich nicht sehen dürfe. Jeder Versuch von ihr mußte verhindert und ihm mitgeteilt werden, denn all sein Zorn richtete sich mittlerweile gegen sie. Der Rektor versprach ihm das hoch und heilig, und so verging die Zeit.
    Dann brach plötzlich die Aufregung um diesen Staub aus. Gelehrte Männer und Frauen im ganzen Land und auf der ganzen Welt fingen besorgt an, darüber zu forschen. Uns Gypter hätte das nicht weiter interessiert, wären nicht eines Tages unsere Kinder entführt worden. Von da an wurden wir hellhörig. Wir knüpften Verbindungen, unter anderem zu Jordan College. Wahrscheinlich wußtest du nichts davon, aber es gab dort jemanden, der dich seit deiner Ankunft bewachte und uns darüber berichtete. Denn dein Schicksal lag uns am Herzen, und deine gyptische Amme hörte nie auf, sich um dich zu sorgen.«
    »Wer hat denn über mich berichtet?« fragte Lyra. Sie kam sich ungeheuer wichtig vor und war erstaunt, daß ihr Tun mit derartigem Interesse von so weit weg verfolgt worden war.
    »Ein Bediensteter aus der Küche, Bernie Johansen, der Konditor. Er ist Halbgypter, was du sicher nicht gewußt hast.«
    Bernie war ein freundlicher, alleinstehender Mann gewesen, einer der wenigen Menschen, deren Dæmonen das gleiche Geschlecht hatten wie sie selbst. Bernie war es gewesen, den sie in ihrer Verzweiflung angeschrien hatte, als Roger entführt worden war. Bernie hatte den Gyptern also alles erzählt! Lyra staunte.
    »Und dann«, fuhr John Faa fort, »erfuhren wir, daß du Jordan College verlassen solltest, und zwar genau zu der Zeit, als Lord Asriel verhaftet wurde und es nicht verhindern konnte. Wir erinnerten uns daran, daß er dem Rektor befohlen hatte, so etwas niemals zuzulassen; außerdem wußten wir noch, daß der Mann, mit dem deine Mutter verheiratet gewesen war, der Politiker also, den Lord Asriel getötet hatte, Edward Coulter geheißen hatte.«
    »Mrs. Coulter?« fragte Lyra bestürzt. »Sie ist meine Mutter?«
    »Ja. Wenn dein Vater nicht gefangen gewesen wäre, hätte sie niemals gewagt, ihm zu trotzen, und du wärst immer noch in Jordan, ohne davon etwas zu ahnen. Aber daß der Rektor dich gehen ließ, ist ein unerklärliches Rätsel. Er war für dich verantwortlich. Ich kann nur vermuten, daß sie ihn irgendwie in der Hand hatte.«
    Plötzlich verstand Lyra das merkwürdige Verhalten des Rektors am Morgen ihrer Abreise.
    »Aber er wollte nicht…«, begann sie und versuchte sich genau zu erinnern. »Er… Ich sollte an diesem Morgen ganz früh zu ihm kommen und durfte Mrs. Coulter nichts davon sagen… Er schien mich irgendwie vor Mrs. Coulter schützen zu wollen…« Sie stockte und warf einen abschätzenden Blick auf die beiden Männer. Dann beschloß sie, ihnen die Wahrheit über den Vorfall im Ruhezimmer zu sagen. »Da war übrigens noch was. An dem Abend, als ich mich im Ruhezimmer versteckte, sah ich, wie der Rektor versuchte, Lord Asriel zu vergiften. Ich beobachtete, wie er

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