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Der Goldene Kompass

Der Goldene Kompass

Titel: Der Goldene Kompass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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schwerfällig er wirkte, sein Flug war kraftvoll und schnell. Er schnappte mit dem Kopf hierhin und dorthin, schwarze Flügel rauschten und etwas Weißes blitzte auf, und dann fiel ein kleines schwarzes Etwas vor Lyra auf das geteerte Dach der Kabine, im selben Moment, in dem Pantalaimon auf ihrer ausgestreckten Hand landete.
    Bevor sie ihn beruhigen konnte, hatte er sich schon in eine Wildkatze verwandelt und ging auf das Wesen los. Mit einem Tatzenhieb schlug er es vom Rand des Daches zurück, wohin es bereits hurtig gekrochen war, um zu fliehen. Dann hielt er es mit spitzen Krallen fest und sah zum bereits dämmernden Himmel empor, wo der Kormoran sich mit kräftigen Schlägen seiner schwarzen Schwingen immer höher emporschraubte und dem anderen Wesen nachjagte.
    Schließlich kehrte der Kormoran im schnellen Gleitflug zurück und krächzte etwas zum Steuermann, der daraufhin sagte: »Es ist weg. Laß das andere nicht entkommen. Hier…«, er schüttete den Bodensatz aus einem Zinnbecher, aus dem er getrunken hatte, und warf Lyra den Becher zu.
    Sofort stülpte sie ihn über die Kreatur. Im Becher summte und brummte sie wie eine kleine Maschine.
    »Halt den Becher ganz ruhig«, ertönte die Stimme von Farder Coram hinter ihr. Er kniete sich hin, um ein Stück Pappe unter den Becher zu schieben.
    »Was ist das, Farder Coram?« fragte Lyra mit zittriger Stimme.
    »Laßt uns runtergehen und es ansehen. Sei vorsichtig, Lyra, und drück die Pappe fest auf den Becher.«
    Auf dem Weg nach unten sah Lyra zum Dæmon des Steuermanns hinüber, um ihm zu danken, aber er hatte seine alten Augen geschlossen. Statt dessen bedankte sie sich beim Steuermann.
    »Du hättest unten bleiben sollen« war alles, was er sagte.
    Sie brachte den Becher in die Kabine. Farder Coram nahm ein Bierglas, hielt den Zinnbecher verkehrt herum darüber und zog die Pappe weg, so daß die Kreatur ins Glas fiel. Dann hielt er das Glas hoch, so daß sie das wütende kleine Ding genauer betrachten konnten.
    Es war ungefähr so lang wie Lyras Daumen und nicht schwarz, sondern dunkelgrün. Die Deckflügel waren aufgerichtet wie bei einem Marienkäfer, der gerade losfliegen will, und die inneren Flügel schlugen so rasend schnell, daß nur ein Flirren zu sehen war. Die sechs mit Klauen bewehrten Beine waren auf dem glatten Glas ständig in Bewegung.
    »Was ist das?« fragte Lyra.
    Pantalaimon, der immer noch eine Wildkatze war, kauerte zwei Handbreit davor auf dem Tisch und verfolgte mit seinen grünen Augen, wie das Geschöpf unermüdlich auf dem Boden des Glases im Kreis herum lief.
    »Würde man es aufknacken, fände man in seinem Innern kein Leben«, sagte Farder Coram. »Ein Insekt ist das jedenfalls nicht. Ich habe einmal eins dieser Biester gesehen, hätte aber nie damit gerechnet, ihnen so weit nördlich zu begegnen. Sie stammen aus Afrika. In ihrem Innern läuft ein Uhrwerk, und an der Feder ist ein böser Geist mit einem verfluchten Herzen befestigt.«
    »Aber wer hat es zu uns geschickt?«
    »Dazu brauchst du nicht einmal das Alethiometer, Lyra; du errätst es so leicht wie ich.«
    »Mrs. Coulter?«
    »Natürlich. Sie hat nicht nur im Norden geforscht, auch in der Wildnis im Süden gibt es viele seltsame Dinge. Ich habe eins von diesen Dingern in Marokko gesehen. Solange der Geist in ihnen steckt, sind sie in Bewegung, und wenn man den Geist freiläßt, ist er so unbeschreiblich zornig, daß er den ersten, den er erwischt, tötet.«
    »Aber hinter was war es her?«
    »Es hat spioniert. Ich war ein verdammter Idiot, daß ich dich nach oben gelassen habe. Ich hätte dich auch vorhin nicht stören dürfen, als du mit den Symbolen beschäftigt warst.«
    »Aber jetzt kapiere ich es!« rief Lyra plötzlich aufgeregt. »Das Echsendings bedeutet Luft! Das hatte ich zwar gesehen, aber ich verstand den Zusammenhang nicht, und als ich versuchte, ihn zu verstehen, entglitt mir die Bedeutung wieder.«
    »Ach so«, sagte Farder Coram, »jetzt verstehe ich. Das Symbol
    ist nämlich gar keine Echse, sondern ein Chamäleon. Und es verkörpert Luft, weil das Chamäleon weder ißt noch trinkt, sondern nur von Luft lebt.«
    »Und der Elefant…«
    »Afrika. Aha.«
    Sie sahen sich an. Ihre Ehrfurcht vor dem Alethiometer wuchs mit jedem neuen Beweis seiner Macht.
    »Es hat uns die ganze Zeit vor diesen Dingern gewarnt«, sagte Lyra. »Wir hätten genauer hinhören sollen. Aber was machen wir jetzt mit dem hier, Farder Coram? Können wir es irgendwie töten?«
    »Ich

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