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Der goldene Kuß

Der goldene Kuß

Titel: Der goldene Kuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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davon, den Rundfunkrat dazu zu überreden, die Personalpolitik des Senders zu überprüfen.« Dr. Rathberg zog deutlich Luft durch die Nase. »Äußern Sie sich, Herr Pelz.«
    »Ich bin der Ansicht, daß Funk und Fernsehen die Pflicht haben, Informationen zu geben, ganz gleich, ob es bestimmten Interessengruppen gefällt oder nicht. Man erwartet das von uns. Die vierzig Millionen Zuschauer wollen Wahrheit; sie werden kein Verständnis dafür aufbringen, wenn die von ihnen gewählten Volksvertreter im Parlament dies nicht wollen. Mir scheint, hier ist eine große Kluft zwischen Auftrag und Interesse.«
    Dr. Rathberg blickte eine Weile stumm hinaus auf den großen Fluß. Dann kratzte er sich die Nasenwurzel. Aha, dachte Pelz, jetzt kommen wichtige Lehrsätze über das Wesen des Fernsehens als Spiegelbild des Staates. Nach dem, was man von uns erwartet, muß es ein ziemlich blinder Spiegel sein.
    »Seien wir uns doch klar darüber, Herr Pelz«, sagte Dr. Rathberg langsam. »Man kann zum Beispiel ein Auto als chrom- und lackblitzenden Straßenkreuzer zeigen … oder von unten mit verdreckten Achsen. Beides ist das Auto. Es kommt auf die Perspektiven an. Sie können den ›Faust‹ zitieren, aber auch den Skandal um Frau von Stein … beides ist Goethe. Man muß das Ganze sehen. Reichling hat nur Dunkles geschildert. Wahrheit hat nichts zu tun mit Tendenz. Eine Demokratie hat natürlich Licht- und Schattenseiten – aber wir sollten mehr Licht zeigen als Schatten.«
    »Warum?« fragte Pelz trocken zurück. Dr. Rathberg fuhr herum. Er war sichtlich verwirrt.
    »Wollen Sie Ärger, vom Bundespräsidenten angefangen bis zum Hinterbänkler im Bundestag?«
    »Im Grundgesetz ist die Freiheit des Wortes garantiert, Herr Intendant.«
    »Im Grundgesetz ist aber auch verankert, daß Verunglimpfungen durch Wort und Schrift, die den Staat herabsetzen, verboten sind.«
    »Und wer entscheidet, ob die Wahrheit eine Verunglimpfung ist?«
    Dr. Rathberg schwieg. Er hatte die Beschwerden alle im Kopf. Der Vorwurf, der ›sogenannten DDR‹ Propagandamaterial geliefert zu haben, war am schwerwiegendsten. Hier war die Klippe, die man nicht umschiffen konnte, an der alles zerschellen mußte, die jedes Schiffchen bitterer Objektivität in die Tiefe riß. Man hatte das in den vergangenen Jahren genug durchexerziert. Die ›Panorama‹-Sendungen standen jedesmal unter Beschuß, sobald sich irgend jemand in Bonn auf den Schlips getreten fühlte, gegen ›Report‹ wurde gewettert, mit den Sendungen von ›Monitor‹ waren Interessenverbände nicht einverstanden. Es waren einseitige Schlachten, in denen nur einer schießen durfte und der andere nicht oder nur gedämpft antworten konnte. Im Interesse der Demokratie.
    Wie steht es im Lexikon? Demokratie: Politische Ordnung, die, von unten nach oben hin aufgebaut, auf allen Stufen (Gemeinde, Land, Staat) durch das Volk selbst in Funktion gesetzt wird: unmittelbar durch Volksversammlungen, Volksabstimmungen, oder mittelbar durch gewählte, im Auftrage des Volkes handelnde, ihm zur Rechenschaft verpflichtete Organe.
    Man sollte in Bonn mit Entwicklungsgeldern Lexika kaufen und verteilen … Aufklärung tat not.
    Intendant Dr. Rathberg ging in seinem großen Zimmer hin und her. Für nachmittags war eine Aussprache mit dem Innenministerium angesetzt. Da mußte man mit Vorschlägen kommen. Die Pressedienste der Parteien schrien nach dem Kopf Reichlings. Anscheinend war das Verbrechen der Wahrheit schlimmer als ein Sexualmord an Kindern.
    »Wir bieten Reichling einen Posten als Direktor in der Auslandsabteilung an«, sagte Rathberg nach längerem Nachdenken. »Ich werde mich stark machen, als neuen Leiter von ›Prisma der Welt‹ Herrn Lundtmann vorzuschlagen. Lundtmann ist gemäßigt, ein guter Katholik, sein ältester Sohn ist Pfarrer, die Tochter in der Caritas tätig. Das ist, so meine ich, der richtige Mann.«
    Theo Pelz atmete tief auf und setzte sich in einen der Ledersessel. »Und unsere Zuschauer?« fragte er. »Wer fragt die?«
    »Soll ich vierzig Millionen Menschen fragen?«
    »Man könnte es mal versuchen. Nach den Abendnachrichten. Ein Aufruf: Liebe Fernsehfreunde, wie soll eine Informationssendung sein? Wahr, hart und schonungslos – oder bonnrosa und lauwarm im Interesse des Staates und seiner Ruhe? Auf die Antworten wäre ich gespannt.«
    »Reden Sie nicht solchen Blödsinn, Pelz.« Rathberg setzte sich auch und steckte sich eine Zigarette an. »Wir sind eine öffentlich-rechtliche Anstalt

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