Der goldene Kuß
Beat. Viele Gäste badeten noch, das Wasser war herrlich warm und doch erfrischend, nach einem solchen Sonnentag.
»Sehr schön«, sagte Vera. »Tommy ist begabt, wissen Sie das, Carlos?«
Heimann nickte böse. »Und wie begabt er ist. Er fühlt sich in allen Betten wohl, wo es nach Parfüm duftet …«
»Er malt gut.«
»Vielleicht besser, als er spielen kann, was?«
»Ihr verkennt ihn alle. Er ist euer Geschöpf. Ihr habt ihn zu dem gemacht, was er jetzt ist. Ihr verlangt von ihm, daß er blasiert ist, daß er ein Weiberheld ist, daß er vor Arroganz stinkt … Er ist gar nicht so. Er sehnt sich nach Ruhe.«
»Das klingt, als seien Sie in Tommy verliebt.« Heimann verdrehte die Augen und schlug die Hände zusammen. »Vera, Sie können mir alles antun, nur das nicht! Von mir aus können Sie mit blankem Hintern durch Limassol wandeln, das läßt sich motivieren und geht vorbei … aber Tommy zu lieben, das ist eine Katastrophe. Ich dachte immer, Sie und HH …«
»So ist es auch, Carlos.«
»Und die Verteidigungsrede für Brest?«
»War meine ehrliche Überzeugung. Denken Sie mal darüber nach.«
»Beim Fernsehen denken – auch das noch!« Heimann kippte seinen durch viel Soda verwässerten Gin hinunter. »Was machen Sie gleich, Vera? HH fummelt an seiner Handkamera herum. Da kennt er keine Liebste mehr. Drehen wir 'ne Runde übers Parkett? In der Bar? Dort spielen Beatlümmels, die wie kastrierte Stinktiere aussehen …«
Vera lachte und schüttelte den Kopf. »Wer Sie nicht kennt, Carlos, der muß denken, Sie fressen zu jeder Mahlzeit ein Pfund Reißnägel. Danke, ich gehe ins Bett. Ich bin müde.«
Carlos Heimann fühlte die große Langeweile, als er nach einer Stunde aus der Bar kam und nicht wußte, was er anfangen sollte. Das Fernsehteam war in alle Winde oder besser Zimmer verweht. Der Regieassistent testete ein junges blondes Mädchen auf ihre Begabung, der Aufnahmeleiter lag am Swimmingpool und trank Whisky mit einer reichen Amerikanerin. Zwei Kameraleute saßen besoffen an der Bar und sangen Rheinlieder. Die anderen schliefen auf ihren Zimmern.
»Das Leben ist beschissen langweilig, ob auf Zypern oder in Oberkotzenklau«, sagte Heimann laut zu sich. »Gehen wir ins Bett, die einzige Erfindung, bei der der Mensch ein Genie war.«
Aber dann sah er Karin Jarut, und Heimann wußte plötzlich, daß der Abend durchaus noch nicht zu Ende war. Alle Müdigkeit und Resignation fielen von ihm ab wie Wasser vom Wachstuch. Er zupfte seine Krawatte zurecht und steuerte auf Karin zu.
»Da ist ja mein Lotterpüppchen!« rief Heimann, als er vor ihr stand. Sie sah hoch, blickte wie durch ihn hindurch und antwortete:
»Gehen Sie! Sie sind ja betrunken.«
»Das haste gut gesagt.« Heimann zog einen Stuhl heran und setzte sich neben Karin Jarut. »Wieso siehst du so nüchtern aus? Hat der alte Withcock schon seinen Herzinfarkt? Wo ist der Ölscheich?«
»Er wird gleich kommen. Wenn er dich hier bei mir sieht, wird er dich in den Pool werfen.«
Heimann lehnte sich zurück und nahm die Zigarette, die sich Karin gerade angebrannt hatte, aus ihren Fingern und rauchte sie weiter. »Danke, Süße! Sag mal, was hast du gegen Feuer?«
»Gegen was? Bist du verrückt? Gib mir die Zigarette wieder.« Sie riß ihm die Zigarette aus dem Mund und warf sie fort. »Was soll die Frage?«
»Wir drehten eine einmalige Szene. Vera in der Feuerwand. Und als die Filme entwickelt wurden, waren sie schon vorher belichtet worden. Blind.«
»Welch ein Pech.« Karin sah Heimann strahlend an. »Alles verdorben?«
»Alles.«
»Wie mich das schmerzt …«
»Das glaube ich, du Höllenaas! Gestern hätte ich dir den Hals umgedreht, wenn du mir in die Quere gekommen wärst.«
»Aber warum, Schätzchen? Wenn ihr alte Filme nehmt …« Sie sah ihn mit allem Liebreiz, den vierzig Millionen Fernsehzuschauer so liebten, an. Es waren Blicke, die Schildkröten zu Schnell-Läufern werden ließen. Heimann stöhnte.
»Ich werde dir das heimzahlen«, sagte er.
»Bei uns liegen keine Filmrollen unbewacht im Zimmer.«
»Wer redet von Filmen? Ich werde Bomben in die Scheinwerfer einbauen, die dich zerreißen, wenn das Licht angeknipst wird!« Heimann sprang auf. »Soll der Kampf weitergehen?«
»Ja …« sagte Karin schlicht.
»Und wie lange?«
»Bis ich bei dir die heilige Johanna spiele.«
»Also bis zum Weltuntergang!« Heimann schlug die rechte Faust in die linke Handfläche. »Du kennst mich! Glaubst du, du bekommst mich mit solchen
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