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Der goldene Kuß

Der goldene Kuß

Titel: Der goldene Kuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und sind Auge, Ohr und Stimme des deutschen Volkslebens. Das verpflichtet uns, unser Volk in der Welt so zu zeigen, daß es kreditwürdig ist und bleibt.« Er hob beide Hände und sah Pelz fast traurig an. »Ich weiß, Sie hängen an Reichling, aber er muß geopfert werden. Er fällt ja die Treppe hinauf, lieber Pelz! Nur aus ›Prisma der Welt‹ muß er weg. Damit beruhige ich alle, die jetzt schreien. Unsere Fernsehzuschauer wollen Ruhe, Entspannung, Freude, Fröhlichkeit. Wenn wir solche schrecklichen Wahrheiten zeigen … was hilft's? Ändert sich dadurch etwas?«
    »Da haben Sie allerdings recht, Herr Intendant«, sagte Pelz resignierend.
    »Sehen Sie, wir einigen uns immer.« Rathberg rieb sich zufrieden die Hände. »Und nun rufen wir Reichling herein und teilen ihm seine Ernennung zum Direktor für Auslandsberichte mit.«
    Am Nachmittag entschuldigte sich Dr. Rathberg im Innenministerium für die fatale Sendung. Er teilte den Wechsel bei ›Prisma der Welt‹ den Interessenverbänden mit. Er legte den Kopf Reichlings vor die Füße der Vertriebenenorganisationen. Von der Pressestelle ging eine Meldung an die Nachrichtenbüros. »Die Sendung soll noch farbiger und interessanter werden …«
    Und vierzig Millionen nahmen es hin.
    Gibt es so wenig Lexika in Deutschland, in denen man über Demokratie nachlesen könnte?

*
    Auf Zypern war Carlos Heimann nach der Unterredung mit dem alten Withcock noch nicht zu bewegen, ins Bett zu gehen. So müde er vorher gewesen war, so munter war er jetzt. Er schnürte wie ein Fuchs durch die Säle des Hotels in Limassol und suchte Karin Jarut. Aber er fand sie nicht. Später erfuhr er von einem Boy, daß sie zusammen mit Amar Sorbania und einigen anderen Gästen zu einer gemieteten Villa am Meer gefahren sei, um dort zu feiern.
    Nach einigen Whiskys ging er zu Bett und träumte davon, daß bei den Aufnahmen zu Othello ein peinliches Unglück passierte: der Mohr erwürgte Desdemona-Jarut wirklich.
    Am nächsten Morgen ließ sich Tommy Brest entschuldigen. Er habe Magenschmerzen, ließ er sagen.
    »Das kenne ich!« schrie Heimann. »Der Held ist müde! Man kann eben mit einem ausgeleierten Geschütz kein Trommelfeuer mehr schießen! Ha, ihr sollt sehen, wie ich den aus dem Bett hole! Der spielt, und wenn wir ihn aufs Pferd binden müssen.«
    Er fuhr hinauf zu Brests Zimmer und klopfte so lange, bis Tommy öffnete. Er war angezogen und zeigte keinerlei Magenerkrankung. Dafür war sein Gesicht an mehreren Stellen bläulich verfärbt, die Oberlippe wirkte doppelt so dick, ein Auge war fast zugeschwollen. Heimann starrte ihn entsetzt an.
    »Was ist denn das?« rief er. »Bist du jetzt unter die Flagellanten gegangen? Wie siehst du denn aus?«
    »Es hat Ärger gegeben.« Tommy Brest riß sich los und flüchtete in das halbdunkle Zimmer. »Unnötigen Ärger.«
    »Das ist ja zart ausgedrückt. Wer hat dich so zugerichtet?«
    »Helmke.«
    »Was? HH? Ist der Junge denn verrückt?«
    »Als ich den Irrtum aufklären wollte, war's schon zu spät. Da …« Brest zeigte auf ein zertretenes Ölbild. »Ich schwöre – es ist wirklich nur aus dem Kopf gemalt …«
    Heimann nahm das Bild in die Hände und starrte auf die nackte Vera Hartung zwischen antiken Säulen am Strand. »Du bist ein Erzschwein«, stöhnte er und warf das Bild Tommy an den Kopf, als dieser näher trat. »Ich hätte dich auch grün und blau geschlagen.«
    »Ihr alle versteht mich nicht.« Tommy stellte das Bild zur Seite. »Dieses Gemälde ist allegorisch …«
    »Es ist nackt! Zum Teufel, rede mir nicht ein, daß eine Brustwarze mythologisch ist! Warum hat dir Vera das Bild nicht auf dem Kopf zerschlagen?«
    »Sie versteht mich. Als einzige versteht sie mich.« Brest setzte sich auf sein Bett. »Ich möchte einmal einen empfindsamen Künstler spielen. Einen Maler, einen Komponisten, eine tragische Figur. Aber ihr laßt mich ja nicht …«
    »Du wirst gleich einen knallharten Burschen spielen, mein Lieber.« Heimann trat an Brest heran und hob dessen Kinn hoch. Von allen Seiten begutachtete er das geschwollene Gesicht. »Hervorragend!« sagte er dann. »So natürliche Kampfspuren kriegt kein Maskenbildner hin. Wir machen heute vormittag nur Porträtaufnahmen von dir, die wir später einschneiden in die Handlung. So herrliche blaue, geschwollene Augen gibt's nur einmal. Deine Fans werden begeistert sein.«
    »Ich soll mich so fotografieren lassen?« schrie Brest und sprang auf. »Nie! Nie!«
    »Halt den Mund, Junge.«

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