Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
fortgeschafft hat. Also … wie lautet mein Name?«
    Joshua Joseph denkt darüber nach. »Ich glaube nicht, dass ich ihn schon mal gehört habe.«
    »Sehr gut. Na, dann setz dich mal zu mir, und lern noch ein bisschen was, während dein Vater seine Geschäfte erledigt.«
    Und er lernt in der Tat – die eigentümlichen Fertigkeiten des Marktes: Tam und Caro bringen ihm manches über Einbrüche und Schlösser bei, Lars, der Schwede, zeigt ihm einige ordentliche Faustschläge, und alle erklären ihm die Wege im Revier der Tosher. Und er lernt von ihren Söhnen und Töchtern und Ehefrauen und Brüdern und Müttern: wie man eine gefälschte Banknote erkennt oder ein echtes Kunstwerk; wie man merkt, ob jemand Drogen nimmt, Geld unterschlägt oder die falschen Dinge äußert, und was man dagegen tun kann; wie man an einer alten Regenrinne hinaufklettert, ohne sie aus der Wand zu reißen; wie man sich glaubwürdig verkleidet, wie man in einem überfüllten Raum verschwindet. Der Nachtmarkt ist voll von Leuten, die sich mit diesen Dingen auskennen und sie dem Sohn von Mathew Spork bei einem frischen Donut aus dem Stahlkessel an Onkel Douggies Stand erklären – Onkel Douggie, der Boxer, stark wie ein Herkules aus Liverpool, der eine große Schwäche für Frittiertes hegt.
    Für Joshua Joseph, der es sich wie ein Sultan auf seidenen Kissen bequem macht und dessen Finger mit Zimt und Zucker, Schokolade und Konfitüre bedeckt sind, ist der Nachtmarkt ein Ort exquisiter Küche und faszinierender Geheimnisse, und er gehört ganz ihm. Er streunt ungebremst zwischen Hunderten von Karren, stellt fest, dass er ein schrecklicher Maler ist und ein passabler Kunstrestaurateur; dass er kein Händchen für komplizierte Schlösser hat, dass er aber sehr leicht eine Pfadfindermedaille verdienen könnte, indem er Leuten zurück in ihre Wagen hilft; auch, dass seine Fähigkeiten in Mathematik nie ausreichen werden, um Abrechnungen zu manipulieren (versuch’s also gar nicht erst). Er wird zu einem Prinzen der unter Zehnjährigen, spricht Recht und erfährt, was passiert, wenn man mit Zucker an den Händen erwischt wird, obwohl Süßigkeiten verboten sind (und wird sofort über die Methoden unterrichtet, wie man klebrige Pfoten verbirgt und es zugleich vermeiden kann, Fingerabdrücke zu hinterlassen). Mathew Spork ist hocherfreut, und in seiner Freude findet auch Harriet ihr Glück. Nur Daniel gefällt das nicht. Grandpa Spork glaubt, dass die Schule darunter leiden wird, und ist ganz und gar nicht einverstanden mit dem Nachtmarkt, auch wenn er nicht sagt, warum.
    Die schulischen Leistungen leiden nicht. Tatsächlich profitieren sie sogar. Da ihm die praktische Anwendbarkeit seiner Fächer immer mehr auffällt, strengt Joshua Joseph sich auch mehr an. Wodurch muss einhundertzwanzig geteilt werden, damit zwei herauskommt? Wen interessiert’s? Aber: Wie viel sind 1,5 Prozent von einhundertzwanzig englischen Pfund (der Bequemlichkeit halber aufgerundet)? Und würde das einen angemessenen Kurierslohn ergeben? Das ist doch schon eine weitaus interessantere Rechnung.
    Joshua Joseph Spork, Kronprinz der Diebe, liegt in jener Nacht auf seinem Rücken, blickt zu einer gewölbten Backsteindecke hinauf und schläft schließlich zum sanften Flüstern von Tams Münzzählmaschine ein, die das gestohlene Geld verzeichnet.
    Mit der Monte-Lektion im Kopf, lässt Joe sich an der Wand vor Billys Wohnung hinuntergleiten, bis er in der Hocke sitzt, und überlegt, was er über das Buch der Hakote weiß und warum jemand seinetwegen umgebracht werden sollte. Wenn du erkennen kannst, was um dich herum vorgeht …
    Er kann es nicht. Er hat keine Ahnung. Und das ist die andere Lektion des Monte: Wenn du den Idioten im Raum nicht finden kannst, dann bist du’s selbst.
    Eine Frau namens Bryce, bekleidet mit einem durchsichtigen Schutzanzug und einer blauen Stoffmaske, besteht darauf, dass Joe ihr seine Schuhe aushändigt. Sie tut dies nicht auf misstrauische, verdächtigende Weise, sondern beinahe überwältigend gelangweilt. Ruth Bryce verbringt ihre Tage damit, die Spuren unsauberer Morde aufzusaugen, und die Vorstellung, wie die Spork’schen Stiefel über ihren Tatort latschen und die winzigen, doch alles entscheidenden Spuren verwischen, gefällt ihr offenkundig so gar nicht.
    Joe, der nicht vorhat, unhöflich oder hinderlich zu sein, zieht sich die Schuhe aus und reicht sie ihr, im Wissen, dass Mercer, wenn er hier ankommt, ihn unverzüglich einen Idioten nennen

Weitere Kostenlose Bücher