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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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und nach Hause ging, machte ihm schöne Augen und kicherte grundlos.
    Mit Isabelle war das anders. Jede ihrer Gesten, jeder Gesichtsausdruck, alles an ihr war ihm vertraut. Er kannte sie besser als seine Brüder, denn seit ihrer Geburt verbrachten sie jeden freien Augenblick miteinander. Sie konnten gemeinsam lachen, bis ihnen die Bäuche wehtaten, aber auch schweigend nebeneinandersitzen. Manchmal stritten sie wie die Kesselflicker, nur um kurz darauf wieder die Köpfe zusammenzustecken und etwas auszuhecken.
    Plötzlich wurde die Tür zur Kammer aufgerissen. Conall erschrak und fuhr herum.
    »Platz da!«, rief der Steward und drängte ihn beiseite, sodass zwei Soldaten an ihm vorbeikonnten. Sie trugen Aoife herein und legten ihren schlaffen Körper auf das große Bett. Kreidebleich, mit flatternden Lidern und flachem Atem lag sie da und rührte sich nicht.
    »Was ist geschehen?«, rief Isabelle entsetzt und stürzte auf ihre Mutter zu.
    Conall stand wie angenagelt da, unfähig, etwas zu sagen oder zu tun.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete der Steward mit besorgter Miene. »Geh, Junge, hol rasch die Kräuterfrau, sie soll nach ihr sehen, vielleicht weiß sie Rat«, forderte er Conall auf und ruckte mit dem Kopf in Richtung Tür.

Lyons-la-Forêt, Ende März 1186
    N eun Monate nach dem unerwarteten Tod seines Herrn war Guillaume seinem Versprechen gefolgt und ins Heilige Land gezogen. Weit fort von England und der Normandie hatte er eine fremde, grausame und zugleich verführerische neue Welt kennengelernt. Hitze, Blut, Sand und Verzweiflung hatte er dort geschmeckt, gute Freunde verloren und wichtige Erkenntnisse gewonnen. Demut und Ehrfurcht, Worte, die ihm zuvor fremd gewesen waren, hatten Bedeutung und ungeahnte Tiefe erlangt. Düstere Gedanken über seine eigene Sterblichkeit hatten seine Sicht auf das Leben getrübt, ihn gegrämt und ihn zum ersten Mal Furcht vor dem Tod empfinden lassen. Nirgendwo war man Gott näher als in Jerusalem, und nirgendwo konnte man sich verwundbarer und einsamer fühlen. Tapfer hatte er versucht, dieser schwermütigen Gedanken Herr zu werden, hatte inbrünstig gebetet und Fürbitte geleistet, um Gottes Gnade für den jungen König zu erlangen. Er hatte häufig an Gildwin gedacht und in Gedanken Zwiesprache mit ihm gehalten, denn sein Freund aus Tancarville hätte ihn verstanden.
    Irgendwann schließlich hatte sich Guillaume mit dem Gedanken vertraut gemacht, dass niemand wusste, wann es zu Ende war. Wichtig war ihm nur noch erschienen, reinen Gewissens vor seinen Herrn treten zu können, wenn der ihn eines Tages abberief. Also hatte er auf einem der opulenten Märkte der Heiligen Stadt eine kostbare Seidendecke für seinen Sarg erstanden und sich den Templern zugewandt, die sich den Schutz der Pilger zur Aufgabe gemacht hatten.
    Den Rückweg in die Normandie hatte er ohne rechte Zuversichtangetreten, ungewiss war sein Überleben auf der schweren Reise, sein Schicksal fraglich und trübe seine Aussichten, noch einmal bei Hof aufzusteigen. Er war kein junger Mann mehr! Wie lange noch würde er als Ritter große Taten vollbringen können? Wie lange würde ihm sein Körper noch kraftvoll dienen, statt eine Last zu werden, gebrechlich, runzlig und krank?
    Guillaume zog den Mantel über der Brust zusammen. Der Wind war frisch und ließ ihn frösteln. Er schloss die Augen und füllte seine Brust mit jener feuchtkalten Luft, die er aufs Heftigste vermisst hatte. So weit fort von der Heiligen Stadt musste die Erinnerung an seine Ängste doch langsam zu verblassen beginnen! Die Erde unter den Hufen seines Pferdes duftete nach Frühling, genau wie damals, vor zwei Jahren, als er aufgebrochen war. Guillaume öffnete die Augen und sah sich um. Er war zurück und lebte noch, war das nicht Anlass genug zur Freude?
    Plötzlich lenkten ihn Hufschläge und Hundegebell von seinen trüben Gedanken ab. Ein Jagdhorn war zu hören, es schien sich zu nähern. Guillaume streckte sich und sah sich um, als plötzlich eine Schar Reiter aus dem Wald auf den Weg sprengte. Hunde liefen kläffend neben ihnen her. Einer der Männer drehte sich zweimal nach ihm um, dann zügelte er sein Pferd und wartete, bis Guillaume aufgeholt hatte. Auch seine Begleiter hielten nun an.
    »Maréchal!«, rief der Mann freundlich, als Guillaume näher kam.
    »Mylord, Sire!«, stammelte Guillaume überrascht, als er den König erkannte. Henry II. war kein junger Mann mehr, und doch strotzte er nur so vor Kraft und Lebenslust. Für

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