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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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der Gedanke schließlich auch nicht .
    »Im Grunde hast du recht«, antwortete er. »Wenn ich ehrlich bin, habe ich nie darüber nachgedacht.« Dann hob er die Schultern. »Bei Pagen und Knappen ist das eben anders. Meine älteren Brüder sind lange vor mir von zu Hause fortgegangen. Und dann war ich an der Reihe.« Guillaume stockte. Es war nicht leicht gewesen, die Heimat zu verlassen. »Ich bin auch Engländer, wie du. Wusstest du das?«, fragte er auf Englisch. »Ich bin auf Marlborough Castle aufgewachsen. Mein Vater hat die Burg verloren, und schätzungsweise ein Jahr später wurde ich hierher geschickt«, erzählte er nachdenklich, denn mit der Sprache seiner Amme waren die Erinnerungen an seine Kindheit zurückgekehrt. Er fragte den jungen Schmied nach Oxford, das nicht weit von Marlborough entfernt war, doch Alan hatte noch nie davon gehört.
    Guillaume sah den Schmiedejungen neugierig an. Kein einziges Barthaar wuchs auf seinen Wangen, dafür zogen sich Unmengen von Sommersprossen über seine Nase bis zu den Ohren. »Woher kommst du?«
    »East Anglia«, antwortete Alan mit bebender Stimme.
    Ach was, dachte Guillaume spöttisch. Aus welchem Ort er kam, hatte er wissen wollen. Doch da Alans Stimme bei der Antwort gezittert hatte, fragte er nicht noch einmal nach. Sicher hatte der Schmied Heimweh. Guillaume lächelte ihn verständnisvoll an. »Du hast Glück und bist mit deinem Vater hier.«
    »Du meinst Donovan, den Schmied? Nein, er ist nicht mein Vater.«
    Nun sah Guillaume Alan verdutzt an. Er hatte ihn von Anfang an für Donovans Lehrjungen gehalten, sich jedoch eben eines Besseren belehren lassen, und nun das? »Aber du hast mir doch gerade gesagt, dass ihr von euren Vätern lernt?«, begehrte er auf.
    »Bei mir ging das nicht.« Alans Gesicht nahm die Farbe frischer Kirschen an.
    Das klingt mir aber sehr nach schlechtem Gewissen, dachte Guillaume amüsiert und hob grinsend den Zeigefinger. »Hast wohl was angestellt!«
    Alan hatte ihn bisher stets offen und ohne Scheu angesehen, nun aber senkte er plötzlich den Blick, wie es Mädchen taten.
    Guillaume setzte sich auf einen großen Stein. »Meine Vorfahren sind Normannen, weißt du, aber ich bin Engländer, und das werde ich immer bleiben«, erklärte er entschieden, und nach einer kleinen Pause fragte er: »Träumst du auch manchmal davon, wieder zurückzukehren?«
    »Nein«, antwortete Alan, »wenn ich irgendwann zurückwill, dann gehe ich einfach. Im Moment gefällt es mir hier.« Er runzelte ein wenig die Stirn und blickte zum westlichen Horizont, wo die Abendsonne stand. »Ich muss nach Hause«, verkündete er mit viel zu heller Stimme.
    Guillaume fuhr sich mit der Hand in den Nacken und räusperte sich. Warum nur hatte er ständig das Gefühl, dass der Junge versuchte, etwas zu verbergen? Ich will nicht, dass er jetzt geht, dachte Guillaume missgestimmt. Ich wüsste gern mehr über ihn, schließlich habe ich auch von mir erzählt. Auch mit ihm kämpfenwollte er liebend gern noch mal. »Wenn du willst, können wir nächsten Sonntag wieder hier üben«, schlug er darum vor. »Wenn ich nicht mit den Soldaten fortmuss.«
    Alan nickte wortlos.
    »Ich nehme einen anderen Weg. Ist besser, man sieht uns nicht zusammen«, behauptete Guillaume und erhob sich. In Wahrheit jedoch wollte er rasch noch das Holz zu der Alten bringen.
    Alan wickelte sein Schwert ein, hob die Hand zum Gruß und ging.
    Wenn er sich umdreht, dann hat er ganz sicher etwas zu verbergen, dachte Guillaume und fuhr noch einmal über seinen Nacken. Alan aber ging ohne noch einmal zurückzublicken.
     
    »Wusstet ihr schon, dass Guillaume ein Geheimnis hat?« Bernard kreischte wie ein Waschweib, als sie einander am nächsten Tag im Hof begegneten. »Ich habe ihn im Wald gesehen!« Er lachte gackernd.
    Guillaume fühlte die plötzliche Blutleere in seinem Gesicht und bemühte sich um Haltung. Ob Bernard ihn beim Üben mit Alan beobachtet hatte? Seit ihrem Treffen am Vortag war der junge Schmied Guillaume nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Obwohl Alan von niederem Stand war, hatte er mit großer Leidenschaft gekämpft, war ernsthaft und konzentriert gewesen. Gewiss war es für einen Knappen nicht üblich, sich mit einem einfachen Schmied anzufreunden, doch Alan schien mehr als nur ein gewöhnlicher Handwerksbursche zu sein. Es war etwas ganz Besonderes an ihm, das fühlte Guillaume deutlich. »Ein wahrhaft großes Geheimnis, dass ich im Wald laufen gehe«, rief er, bemüht, gleichgültig zu

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