Der goldene Thron
dienen wollte.
Guillaume hatte den Sturm ihrer letzten Reise nach Irland noch gut in Erinnerung. Auch sein Erstaunen darüber, wie vorbildlich sich Gildwin trotz seiner großen Angst gehalten hatte. Bei dem Gedanken an den alten Freund lächelte er traurig. Auch er hatte ihn verlassen. Ein übler Husten mit Fieber und blutigem Auswurf hatte ihn so sehr geschwächt, dass er sich nicht mehr von seinem Lager hatte erheben können, und ihn schließlich nach wochenlanger Qual dahingerafft. Guillaume hatte in den letzten Tagen seines Lebens häufig bei ihm gesessen und über Gott und den Tod, das Paradies und das letzte Gericht mit ihm gesprochen. Tröstend hatte er Gildwins Hand gehalten, als dieser seine letzte Reise angetreten hatte. Klamm war sie in der seinen geworden, dann schlaff und schwer und schließlich unendlich kalt.
Kilkenny, 1207
S ieh nur, Suzanne! Schaut, Kinder!«, rief Isabelle, als sie sich Kilkenny näherten. »Dort oben ist die Burg!« Sie zeigte auf die Festung über dem Nore und strahlte vor Freude. »Bald sind wir daheim«, murmelte sie zuversichtlich, obwohl sie nicht vergessen hatte, wie fremd ihr Kilkenny bei ihrem letzten Besuch zunächst gewesen war. Diesmal aber würden sie lange genug bleiben, um sich häuslich einzurichten. Zu diesem Zweck hatte sie nicht nur Truhen mit Kleidern mitgenommen, die dank der nicht allzu stürmischen Überfahrt diesmal wohl keine Salzflecken haben würden, sondern auch silberne Leuchter und Tafelgerät, Lederstühle, Wandbehänge, Kissen, Felldecken und genügend Stoff, um neue Bettvorhänge zu fertigen und sich gemütlich einzurichten. Sie hatte es genossen, den Wohnturm in Striguil in ein Heim zu verwandeln, und war sicher, dass es ihr auch in Kilkenny gelingen würde, rasch wieder heimisch zu werden.
Der Bergfried über dem Nore war nicht aus Stein, sondern aus Holz, und sie hatte ihn heimelig in Erinnerung, auch wenn er ganz sicher weniger repräsentativ war als die steinerne Burg von Striguil und, wie Guillaume schon bei ihrem letzten Besuch festgestellt hatte, weniger wehrhaft. Die Kinder würden das Leben auf der Burg sicher ebenso genießen wie sie. Mit ein wenig Glück würde Guillaume nicht mehr so häufig und so lange fort sein wie bisher und mehr Zeit für sie haben.
Isabelle lächelte versonnen, als sie in den Hof ritten. Was sie dort aber erwartete, ernüchterte sie mit einem Schlag. Der Burghof war schmutzig und ungepflegt, die Ställe und Schuppen halbzerfallen, und auch der Wohnturm war in einem grauenhaften Zustand.
»Ich werde umgehend einen neuen Baumeister finden müssen«, raunte Guillaume ihr zu. »Ich hatte vor unserer Abreise alles genau besprochen. Der Bau der neuen Burg sollte eine Überraschung für dich sein.« Er schüttelte enttäuscht den Kopf und seufzte.
Zwei Türme waren begonnen worden, immerhin war der eine fast fertig, bis auf das Dach, das noch völlig fehlte.
Isabelle lächelte Guillaume dankbar an. »Gräme dich nicht, mein Liebling! Bis die Arbeiten abgeschlossen sind, werden wir in dem Holzturm wohnen wie früher, und es wird wunderbar sein«, sagte sie weich. Mit nichts anderem hatte sie schließlich gerechnet, auch wenn sie froh war, wohl nicht auf Dauer auf die Bequemlichkeit eines großzügigen Wohnquartiers aus Stein verzichten zu müssen.
Knechte und Soldaten mit trüben Mienen schlurften herbei. Sie schienen nicht gerade erfreut über die Ankunft ihrer Herrschaft zu sein. Nicht ein einziges Gesicht war Isabelle vertraut, und plötzlich, wie ein wildes Tier, das aus dem Hinterhalt angriff, überfiel sie Angst bei dem Gedanken, künftig hier zu leben. Was, wenn ihre Zukunft in Irland gar nicht so glücklich werden würde, wie sie es sich erhofft hatte? Wenn die Kinder womöglich in Gefahr waren? Oder es Guillaume nicht gelang, genügend Verbündete zu finden, um denjenigen Einhalt zu gebieten, die versuchten, sie zu verdrängen und sich auf ihre Kosten zu bereichern?
»Ladet die Karren und Packpferde ab«, befahl sie den Knechten und stieg vom Pferd. »Vorsicht, die Truhen sind schwer. Lasst nichts fallen!«, rief sie, als die Männer begannen, die Seile zu lösen, mit denen das Gepäck verzurrt war, und saß ab.
»Dairenn!«, rief sie erfreut aus, als sich eine Magd zu ihr vordrängte, und lächelte erleichtert. Wenigstens ein bekanntes Gesicht gab es noch! »Dairenn, das ist Lady Suzanne, meine Gesellschafterin, und das«, Isabelle zeigte auf die Jungen und Mädchen,die bereits von ihren Pferden
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