Der goldene Thron
Neffe mag ein guter und treuer Mann sein«, warf Isabelle ein, »aber ich bezweifle, dass er allein mit den Baronen und ihren ehrgeizigen Zielen fertig wird.« Sie sah Guillaume flehendan. »Er ist zu jung und unerfahren. Sie werden ihn nicht ernst nehmen, und Meilyr wird es darum nicht schwer haben, rasch Verbündete unter ihnen zu finden. Die Barone sind schon zu lange auf sich gestellt. Du bist weit weg und nicht mehr als ein Schatten für deine Lehnsmänner. Du musst ihnen zeigen, wer der Herr von Leinster ist, und sie zur Treue zwingen!« Sie legte die Hand auf Guillaumes Arm. »Bitte, Guillaume! Wir könnten alles verlieren! Lass uns nach Irland gehen. Du hast versprochen, dass du dich irgendwann selbst um Leinster kümmerst, erinnerst du dich? Wann willst du das tun, wenn nicht jetzt?«
Guillaume nickte nachdenklich und seufzte vernehmlich. Er wusste selbst, dass sein Eingreifen längst überfällig war, und der Gedanke, sich wieder einmal auf dem Schlachtfeld zu beweisen, reizte ihn durchaus. »Ich habe bereits einen Boten zum König geschickt«, sagte er und räusperte sich. Er hatte Isabelle nicht davon erzählt, um ihr keine voreiligen Hoffnungen zu machen. »Mit der Bitte um Erlaubnis, England verlassen und nach Irland segeln zu dürfen. Doch Johns Antwort war abschlägig.«
»Aber das kann er doch nicht tun!« Isabelle schnappte empört nach Luft.
»Doch, meine Liebste, er kann.« Guillaume setzte sich und schnaufte. Ob es ihm passte oder nicht, er hatte zu gehorchen.
»Dann versuch es noch einmal!«, beharrte Isabelle. »Und wenn er es wieder nicht gestattet, dann ersuchst du ihn erneut, so lange, bis er nachgibt! Schick ihm ein Geschenk, oder biete ihm Geld.« Sie setzte sich auf Guillaumes Schoß, umfasste sein Gesicht mit beiden Händen und küsste ihn. »Leinster braucht einen starken Mann wie dich. Es wird Zeit, dass Frieden einkehrt.« Sie lächelte ihn verheißungsvoll an.
»Also gut. Ich werde den König noch einmal bitten, versagt er mir die Erlaubnis wieder, werde ich zu ihm gehen und persönlich um sein Einverständnis ersuchen, mein entzückender, kleiner Dickkopf, du«, sagte Guillaume zärtlich und umschlang ihre Taille. Er vergrub seinen Kopf an ihrem immer noch schönen, herrlich langen Schwanenhals, sog den Duft ihres Haares und ihresNackens ein und seufzte. »Ich bin noch immer verrückt nach dir, auch nach siebzehn Jahren Ehe. Mit jedem Jahr bist du nicht nur schöner, sondern auch gescheiter geworden.« Er küsste sie. Isabelle erwiderte seinen Kuss leidenschaftlich. »Und heißblütiger, wie mir scheint!«, seufzte er. »Du bringst einen alten Mann wie mich noch ins Grab mit deiner Wollust!« Er lachte, obwohl der Gedanke, dass seine Zeit auf Erden nicht unbeschränkt war und der Augenblick, da Gott ihn zu sich rufen würde, stets näher rückte, ihn immer häufiger beschäftigte.
Wenn seine Zeit gekommen war, erbten seine Söhne Striguil, Pembroke und die Ländereien auf dem Festland. Isabelle aber würde wieder alleinige Herrin von Leinster werden, falls sie sich nicht noch einmal vermählte. Sie hatte die irischen Ländereien mit in die Ehe gebracht, und an sie gingen sie wieder zurück, wenn sie verwitwete. Sie war noch jung und sollte nicht aus Not heiraten müssen, wenn er nicht mehr war. Auch darum war es Guillaume so wichtig, Leinster endlich zu befrieden. Isabelle sollte gefahrlos dort leben können, wenn er starb.
»Sag so etwas nicht!«, tadelte sie ihn und sprang von seinem Schoß. Sie hörte es nicht gern, wenn er vom Tod sprach, darum verschwieg er ihr, wie sehr er ihn in letzter Zeit beschäftigte. Nicht, dass er sich schwach gefühlt hätte. Er strotzte noch immer vor Kraft. Doch mehr und mehr seiner langjährigen Freunde starben um ihn herum. Nicht heldenhaft auf dem Schlachtfeld wie früher, sondern in ihren Betten, als alte Männer. Viele der jungen Ritter, die einst zu ihm aufgeschaut hatten, waren inzwischen ergraut und selbst große Barone. So mancher Ritter, der ihn einst bewundert hatte, war bereits zum Herrn gegangen. Guillaume fürchtete sich nicht vor dem Tod, wusste er doch, dass er eines Tages würde gehen müssen, so wie alle. Bis dahin aber wollte er jeden Augenblick seines Lebens nutzen, um seinen Söhnen und seiner Frau ein angemessenes Erbe zu hinterlassen. Leinster zu befrieden, würde gewiss nicht leicht werden, doch noch war er stark genug, um sich dieser Herausforderung zu stellen und zu gewinnen.
Nachdem er die zweite abschlägige
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