Der goldene Thron
Antwort von John erhalten hatte, machte sich Guillaume auf den Weg, um den König persönlich um Erlaubnis zu ersuchen.
»Ich bitte Euch, Sire, Geleitbriefe für mich, Jean d’Erlée und Henry Hose auszustellen, damit wir nach Irland übersetzen können.« Wie er hielten auch sie Land von John und bedurften darum seiner Genehmigung.
»Warum wollt Ihr mich partout verlassen, Maréchal?«, grollte John und zog die Augenbrauen zusammen, sodass sie nur noch einen einzigen Balken bildeten. »Ich brauche Euren Rat und will Euch an meiner Seite!«
Wenn der König ihn eines Tages brauchte, dann würde er da sein, mit ganzem Herzen, jetzt aber hatte erst einmal Leinster Vorrang. »Mylord, ich bitte Euch!«, beharrte Guillaume darum inständig, doch ohne weitere Erklärung.
»In Gottes Namen«, John schnaubte und gab sich geschlagen, »meinetwegen.« Er sah sich suchend um. »Schreiber!«
Sofort blickte einer seiner Sekretäre auf.
»Schreibt: Hiermit gestatten wir unserem geliebten Freund, Guillaume le Maréchal, England zu verlassen, um nach Irland überzusetzen«, diktierte er hastig und steckte seine Nase wieder in das Buch, das auf dem Tisch vor ihm lag. John besaß eine recht beachtliche Bibliothek, die er auch auf Reisen ständig mit sich führte, denn er liebte Bücher. Besonders Plinius und die englische Geschichte faszinierten ihn. »Für d’Erlée und Henry Hose stellt dergleichen aus«, brummte er, ohne von seiner Lektüre aufzusehen.
Der Schreiber nickte und kratzte die Worte mit Feder und Tinte auf das Pergament, streute Sand darüber und wartete, bis die Schrift trocken war, bevor er die Briefe zusammenfaltete und Guillaume überreichte.
»Wenn das alles ist, dürft Ihr Euch entfernen, Maréchal«, sagte der König missgestimmt.
Es war nicht schwer zu erkennen, dass John seine Erlaubnis nur widerwillig erteilt hatte, und so wunderte es Guillaumenicht, dass er sie schon bald widerrufen wollte und zu diesem Zweck Thomas de Samford nach Striguil schickte. Guillaume solle in England bleiben, ließ er ausrichten, oder dem König auch seinen zweiten Sohn als Garanten für seine Treue ausliefern.
Thomas de Samford war ein älterer Bruder eines Ritters aus Guillaumes Haushalt, darum vertraute er ihm und nahm ihn zur Seite. »Ich würde dem König all meine Kinder geben, so er sie fordert, doch sagt mir, Sir Thomas, was genau hat er gegen mich?«
»Mit Verlaub, Maréchal, der König hegt keinen Groll, im Gegenteil, er hat Euch zu gern an seiner Seite und bereut darum, Euch das Geleitschreiben gegeben zu haben. Er will Euch mit allen Mitteln davon abhalten, nach Irland zu gehen.« Samford rieb sich nervös mit der Linken über den rechten Handrücken. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er den Maréchal schätzte und ihm der Auftrag seines Königs darum unangenehm war.
Guillaume hatte stets die Zuneigung seines jeweiligen Königs besessen und besaß sie noch, wie sich nun zeigte, auch wenn John exzentrisch war, kapriziös und wankelmütig und sein erneuter Argwohn bereits erste, dunkle Schatten vorauswarf.
In der Frage, ob er Richard ausliefern sollte oder nicht, hielt Guillaume zunächst Rücksprache mit Isabelle und seinen Baronen. Einmütig rieten sie ihm davon ab, auch seinen Zweitgeborenen in Johns Obhut zu geben, trotzdem beschloss Guillaume, der Aufforderung seines Herrn Folge zu leisten. Es ging nicht anders, so befand er. Seinem Ältesten war es bei Hof keineswegs schlecht ergangen, und die Angelegenheiten in Leinster pressierten. Er musste unbedingt nach Irland. Isabelle zuliebe. Darum blieb ihm keine andere Wahl, als Richard zum König zu schicken. Guillaume händigte den Jungen also Thomas de Samford aus, der ihm feierlich versprach, gut auf ihn achtzugeben, und machte sich schon am folgenden Tag auf den Weg, um sich mit Isabelle und seinem Gefolge nach Irland einzuschiffen.
Isabelle zürnte ihm nicht wegen Richard, wusste sie doch ebenso gut wie er, dass der Junge alt genug war, um unter JohnsAufsicht zum Ritter erzogen zu werden, und dass die Schwierigkeiten in Irland unbedingt in Angriff genommen werden mussten. Erstaunlicherweise fürchtete sich Isabelle nicht mehr vor der Überfahrt als üblich, und das, obwohl die See im Februar stets besonders rau und stürmisch war. Der Gedanke, für längere Zeit nach Kilkenny zurückzukehren, schien sie mit der Seereise zu versöhnen. Vielleicht war sie auch gefasster, weil diesmal fünf ihrer neun Kinder mit ihr gingen und sie ihnen als Vorbild
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