Der goldene Thron
spöttelndem Unterton. »Drüben bei den Handwerkern werden wir uns eine Blechschere ausleihen und dich aus deinem dunklen Gefängnis befreien.« Er packte ihn beim Arm und zog ihn fort. »Könnte es sein, dass dich Ellenweore mehr abgelenkt hat, als gut für dich ist?«
»Unsinn«, brummte Guillaume gereizt. Der Gedanke, wie viel Spott er wegen dieser Niederlage noch würde erdulden müssen, behagte ihm gar nicht.
»So, da sind wir.«, sagte Henry le Norrois irgendwann und lachte. »Du hast doch bestimmt eine Blechschere«, hörte Guillaume ihn fragen. »Die ersten Schläge auf das Blech haben ihm nichts ausgemacht, aber jetzt sitzt der Helm fest! Er kriegt kaum noch Luft, der arme Kerl. Könntest du ihn bitte da rausholen?«
»Wird nicht gerade angenehm werden!«, hörte Guillaume eine Stimme sagen, die durch den Helm auf seinem Kopf ganz verzerrt klang.
»Ist nicht das erste Mal, er kennt das schon«, erklärte Henry. »Trotzdem solltest du vorsichtig sein. Ist ein vielversprechender Kämpfer, der Mann, auch wenn das in seinem jetzigen Zustand nicht so aussieht.«
Guillaume brummte missmutig. »Elender Heuchler, Verräter! Warte nur, bis ich hier raus bin …«, fluchte er unter dem Helm. Es schmerzte, als daran gerüttelt und gezogen wurde, doch solange man ihm den Kopf nicht abriss, würde kein Wort der Klage über seine Lippen kommen.
»Wie ärgerlich, dass Pierre nicht hier ist! Ihr seid mir keine besonders gute Hilfe. Nun haltet schon richtig fest!«, hörte er die Stimme unwillig befehlen. Dann zerrte und zog es erneut, bis der Helm endlich seinen Kopf freigab.
»Seid Ihr wohl …«, hörte Guillaume die Stimme fragen. Es klang, als säße der Helm noch immer auf seinem Kopf.
»Mein Schädel dröhnt noch«, antwortete er, ohne hochzusehen.Als er schließlich doch aufschaute, blieb ihm der Mund offen stehen. »Du?«, fragte er ungläubig, als die Schmiedin vor ihm stand.
»Mylord!« Ellen sah auf ihre Füße, nachdem sie sich vor ihm verbeugt hatte. Dabei hätte er so gern ihr Gesicht gesehen!
Guillaume rieb sich den noch immer dröhnenden Kopf.
»Ich muss weiterarbeiten.« Ellen wandte sich hastig ab.
»Was schulde ich dir?«
»Nichts, es war ja keine große Sache. Außerdem seid Ihr ein Freund von Henry. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr den Helm hierlassen.«
»Ich danke dir.« Guillaume legte eine Silbermünze auf den Tisch, machte jedoch keine Anstalten zu gehen. Und wenn er ewig warten musste, er wollte ihre Augen sehen!
Mit einem strengen Blick wedelte er Henry fort. Zum Glück begriff der, was die Geste bedeutete, und machte sich – wenn auch mit einem frechen Grinsen – davon.
Ellen ging derweil ihrer Arbeit nach, als wäre Guillaume nicht da. Seine Anwesenheit schien sie nicht zu stören. Ob sie ihn etwa nicht erkannt hatte? Nein! Guillaume schüttelte unwillkürlich den Kopf. Das war unmöglich. Vermutlich hatte sie Angst, dass er ihr auf die Schliche kommen würde. Was sollte er nur sagen, um sie nicht allzu sehr in Verlegenheit zu bringen? Er grübelte eine Weile, dann rief er erfreut: »Jetzt hab ich’s!«
Ellen zuckte zusammen.
Sie hatte ihn so lange an der Nase herumgeführt, dass er der Verlockung, sie nun wie früher ebenfalls ein wenig zu necken, nicht widerstehen konnte. »Ich habe mir die ganze Zeit das Hirn zermartert, an wen du mich erinnerst.«
Ellen tat, als hätte er nichts Ungewöhnliches gesagt, und nahm die Münze, die er ihr hingelegt hatte, ohne ihn anzusehen. Ihre Finger jedoch zitterten, als sie das Geldstück umständlich in die Börse an ihrem Gürtel packte.
»Ja! Ich glaube, ich kenne deinen Bruder!« War es nicht geradezu genial, sie glauben zu lassen, er halte sie für Alans Schwester?Immerhin blieb ihr Geheimnis auf diese Weise ebenso gewahrt wie seines!
»Meinen Bruder?« Sie sah erstaunt auf.
»Ja, Alan, ein junger Schmied aus East Anglia. Ich habe ihn in Tancarville kennengelernt! Henry hat gesagt, du seist auch aus England.«
Ellen antwortete nicht sofort. Vermutlich überlegte sie, was sie antworten sollte. Guillaume jubilierte innerlich über seinen grandiosen Einfall. Falls sich Thibault und Adam ebenfalls an Alan erinnerten, war diese Erklärung auch für sie die glaubwürdigste, also hakte er nach: »Er ist doch dein Bruder, oder? Ihr seht euch so ähnlich wie Zwillinge. Alan war mir ein wirklich guter Freund, als ich noch Knappe war. Hat er dir nie von mir erzählt? Ich heiße Guillaume!« Er sah sie fragend an. Worauf wartete sie? Leuchtete
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