Der goldene Thron
kein Wunder, dass man munkelte, Eleonore sei eifersüchtig und sinne ihretwegen auf Rache. Ob sie aus verletztem Stolz und zurückgewiesener Liebe ihre Söhne zu Werkzeugen gegen den Gatten machte?
»Mylord, es geht um Eure Krone«, sagte Guillaume nach kurzem Grübeln und sah dem jungen König tief in die Augen. Es war unverantwortlich, ihn zum Kampf zu ermuntern. »Um Euer Land, Euren Vater und Eure Zweifel. Welchen Weg Ihr gehen sollt, vermag ich nicht zu sagen, Sire. Ich bin nicht Ihr. Ich habe von meinem Vater nie etwas zu erwarten gehabt und bin darum kein guter Ratgeber in der Frage nach Eurem Erbe. Wie auch immer Ihr Euch jedoch entscheidet, seid versichert, dass ich niemals von Eurer Seite weiche. Befehlt Ihr Krieg, dann werde ich gehorchen und all meine Kraft für Euren Sieg einsetzen. Die Entscheidung jedoch obliegt Euch ganz allein. Niemand kann sie Euch abnehmen. Es ist Eure Verantwortung. Euer möglicher Sieg, aber auch Eure Niederlage, sollte der Kampf nicht von Erfolg gekrönt sein. Bitte bedenkt, dass Eurem Vater entgegenzutreten, selbst mit der Unterstützung mächtiger Männer, noch immer ein großes Wagnis ist. Er wird nicht nur respektiert und vermutlich noch mehr gefürchtet, er hat Euch auch viel an Erfahrung voraus.«
»Ich weiß, wie sehr Euch mein Wohl am Herzen liegt, mein Freund, darum werde ich über Eure Worte nachdenken«, erklärte der junge Henry. Er hatte nicht unfreundlich geklungen, trotzdem war seinem Gesichtsausdruck zu entnehmen, dass Guillaume ihm nicht die Antwort gegeben hatte, die er sich erhofft hatte.
Limoges, 25. Februar 1173
I ch weiß nicht, wie er das macht! Immer wieder bringt er mich dazu, Dinge zu tun, die ich nicht tun will!«, schimpfte der junge Henry und lief unruhig auf und ab.
Der König hatte von seinen Plänen, Weihnachten am Hof des französischen Königs zu verbringen, erfahren und darauf bestanden, dass ihm der Sohn in die Normandie folgte, um das Christfest mit seinen Eltern und seinen Brüdern in Chinon zu feiern. Henry hatte dem Befehl, in die Normandie zu kommen, zwar Folge geleistet, sich dann jedoch nicht nach Chinon begeben, sondern, fernab von der Familie, sein eigenes Weihnachtsfest ausgerichtet.
Weil er bei dieser Gelegenheit nicht alle Ritter hätte bewirten können, denen er gewogen war, hatte er sich einen Spaß erdacht und nur diejenigen empfangen, die Guillaume hießen. Da dies aber der wohl am häufigsten vorkommende Name in der Ritterschaft war, hatte er noch immer einhundertzehn Gäste verköstigt und unterhalten. So waren seine ohnehin schon begrenzten Mittel rasch erschöpft gewesen, und er hatte sich nicht lange nach dem Fest gezwungen gesehen, wieder bei seinem Vater vorstellig zu werden und seiner Aufforderung, ihn nach Limoges zu begleiten, schweren Herzens zu folgen.
»Manchmal denke ich, mein Vater erniedrigt uns mit Absicht! Ich habe zugestimmt, dass Raymond de Toulouse Limoges bekommt, damit er nicht mehr nur Louis, sondern auch der englischen Krone unterworfen ist. Trotzdem gehe ich auch diesmal leer aus!«, echauffierte er sich.
Guillaume wusste nicht recht, was er dazu sagen sollte. Er warden immer wieder aufkeimenden Ärger seines Herrn leid, denn es lag nicht in seiner Macht, etwas an der Situation zu ändern. Die Zeit arbeitete für den jungen König, doch der war ungeduldig und wollte nicht warten.
»Henry. Maréchal.« Der König erschien im Eingang der Halle und durchschritt sie mit dem ihm ganz eigenen breitbeinigen Gang. Wie immer folgten ihm ein gutes Dutzend Ritter, dazu Pagen, Knappen und Schreiber. Er nickte seinem Sohn und Guillaume knapp zu, setzte sich dann mit dem Rücken zum Feuer auf den Lehnstuhl, der für ihn bereitstand, und rieb sich die roten Hände.
»Ich bin sehr zufrieden mit den Verhandlungen«, hob er an, ohne seinen Sohn auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen.
Ist sicher besser, wenn er ihn nicht ansieht, dachte Guillaume, der bei fast allen Unterredungen zwischen Vater und Sohn anwesend war und den jungen König besser kannte als jeder andere. So wie ein offenes Buch dem, der zu lesen vermochte, seinen Inhalt offenbarte, so gab auch das Gesicht des jungen Henry stets preis, was er dachte. Ob er je lernen würde, seine Gefühle hinter einer Maske zu verbergen, wie es für einen Mann seines Standes erforderlich war? Höfisches Verhalten zählte zu den großen Tugenden, die ein Ritter besitzen musste. Zwei Gesichter musste man dazu sein Eigen nennen. Sein wahres Antlitz und das
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