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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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das ist alles zu gefährlich.«
    Die Mutter fasste sich vorsichtig an den Verband und verzog das Gesicht. »Das Schlagen da drin, das bringt mich um.« Sie trank in großen Zügen vom Dünnbier. »Jetzt bring mir noch 'ne Kanne Branntwein.«
    ***
    Beim Morgengrauen rüttelte Lips die Mutter aus ihrem Branntwein-Schlaf, und sie schlichen wieder hoch in den Wald. Er beobachtete die Straßen und suchte die Wege um das Dorf erneut nach den Zinken des Vaters ab, aber er fand nichts. Am Abend schlichen sie wieder hinunter in die Scheune.
    »Hast du was von Tullian gehört?«, fragte die Mutter. Ihre Hände hielt sie am Saum ihres Mantels, damit sie nicht zittrig schlugen.
    »Nein«, flüsterte Sulzer. »Weiß nicht, was mit ihm ist. Die meisten haben sie erwischt, bringen sie jetzt nach Dresden auf die Festung. Einige liegen noch schwer verwundet in der Grabich-Schenke. Ein paar sollen tot sein. Ihr könnt hier nicht in der Gegend bleiben. Es wird alles durchsucht, jeder Stall, die Holzschuppen und Backhäuser, alles. Diese Nacht noch, dann müsst ihr abhauen! Ihr könnt hier nicht…«
    »Hör schon auf, Sulzer! Bring mir was zu saufen!«
    Einen Augenblick war es ruhig. Lips sah den angeekelten Blick von Sulzer auf der Mutter, und er schämte sich, wie so oft, wenn er der betrunkenen Mutter die Treppe vom Schankraum hochgeholfen und ihnen die Grabich-Wirtin triumphierend nachgesehen hatte.
    Sulzer sah nach unten. »Und wer soll das bezahlen?«
    »Du Scheiß-Grindkopp!«, polterte die Mutter. »Tullian erschlägt dich, wenn…«
    »Schon gut! Schon gut! Ein letztes Mal. Aber seid leise!«
    ***
    Am nächsten Morgen schlichen sie wieder hoch in den Wald. Es nieselte des ganzen Tag. Die Kleider waren klamm, und sie froren. Immer wieder kreisten sie um das Dorf herum, um in Bewegung zu bleiben und vielleicht ein Zeichen des Vaters zu finden. Abends wollten sie sich wieder in der Scheune verstecken. Lips ließ die Mutter zurück und schlich voraus, um zu erkunden, ob Soldaten im Dorf einquartiert waren. Er war schon nahe an Sulzers Hof. Plötzlich hörte er das Kläffen des Bullenbeißers und sah Sulzer mit seinem Gewehr in der Tür stehen, wie er damit in der Dunkelheit suchte. Plötzlich ging ein Schuss in Lips' Richtung, aber viel zu hoch. Gleichzeitig sah Lips den Hund auf sich zustürzen. Er rannte, so schnell er konnte, stolperte in der Dunkelheit, sprang auf und rannte weiter, dann hörte er Sulzer nach dem Hund rufen. Lips rannte, bis er das Kläffen nur noch entfernt hörte.
    In dieser Nacht schlichen sie in eine Scheune am anderen Dorfende. Beim erstem Tageslicht durchsuchte Lips die Scheune. Er fand ein Bündel Sacktuch, das als Decke zu gebrauchen war, und ein Messer mit abgebrochener Spitze. Sie stahlen sich davon und verbargen sich wieder an ihrer Stelle über dem Dorf.
    »Wenn Tullian noch lebt«, sagte die Mutter bitter, »dann erschlägt er den Sulzer. Noch nicht mal was zum Saufen hat uns der Grindkopp gegeben. Such noch mal nach dem Zinken. Tullian lässt sich doch nicht unterkriegen! Nein, ein Tullian doch nicht! Nie nicht!«
    Lips fand nur ein Zeichen, das frisch in einen Baum geschnitten war, dessen Bedeutung er aber nicht kannte – wahrscheinlich von Zigeunern.
    »Und jetzt?«, fragte Lips und überlegte eine Augenblick, ob er nicht einfach ohne die Mutter weitergehen sollte. Er fiel doch überall mit ihr auf und kam nicht schnell mit ihr voran. Und zugesehen hätte sie, wie ihm die Männer die Daumenschraube angelegt hätten! Nur zum Nachschmieren war sie gekommen!
    »Weiß nicht«, sagte die Mutter. Sie saß an einen Baum gelehnt, und ihre Augen standen jetzt manchmal ganz schräg. Lips wurde ganz bange bei ihrem Anblick.
    »Kossin«, sagte die Mutter entschlossen und reichte ihm die Hand zum Hochziehen. »Nach Kossin gehen wir!«
    Lips sah die Hand und stockte einen Augenblick, bis er sie fasste und zog. Er konnte sich an so vieles aus frühesten Kindertagen erinnern, aber nicht daran, dass die Mutter ihm einmal die Hand gereicht hatte, die sich ganz kalt und fremd anfühlte.
    »Zieh doch nicht so, du Grobian!«, schimpfte die Mutter und balancierte sich halb gebeugt mit den Armen aus. »Ich war in Kossin als Magd. Hab da geschuftet wie 's Vieh. Wird zwei, drei Wochen dauern, bis wir da sind. Wir müssen die Elbe runter, über die Grenze nach Brandenburg.« Die Mutter schwankte plötzlich und suchte Halt an einem Baum. »Mir ist ganz dunkel.« Sie hockte sich auf alle viere und ließ den Kopf langsam

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