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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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Feuchtigkeit. Alle Gefäße mussten sorgsam verschlossen und die Bücher in Wachstuch verwahrt werden, damit sie von der großen Feuchtigkeit keinen Schaden nahmen. Der faulige Geruch war so durchdringend, dass sie sich Nasenklemmen schnitzten und nur noch durch den Mund atmeten.
    Manchmal öffnete Lips das Fenster zur Straße, um den beißenden Gestank hinauszulassen, und sah kurz hoch in den Kastanienbaum vor der Apotheke, dann ging es weiter. Damit sich der Phosphor nicht selbst entzündete, stand er im Wasser. Kunkel galt als Entdecker des Phosphors, aber Böttger glaubte zu wissen, dass Kunkel sich mit fremden Federn schmückte. Der wahre Erfinder wäre ein anderer Chymicus.
    An einem Nachmittag stand Lips auf dem Schemel, reckte sich und sah hinüber zum Wochenmarkt. Er konnte niemand außer Anna sehen, die an einem Fleischscharren mit einem Marktweib feilschte.
    »Fenster zu!«, rief Böttger. »Der Leibniz ist oben beim Zorn!« Er schob das Horchrohr in den Kamin. »Psst! Sei doch leise!« Er horchte eine Zeit lang ganz angespannt, dann legte er seine Hand auf das offene Ende. »Jetzt hat der Leibniz seine Akademie gegründet, aber keiner will ihm das Gehalt zahlen. Der will die Einnahmen aus der Bücherzensur, aber die wollen sie ihm auch nicht geben.« Böttger horchte weiter. »Nanu! … Der hat was von der Goldprobe mitbekommen. Der fragt nach dem Pulver von Lascaris! … Der Zorn geht aber nicht darauf ein!« Böttger legte die Hand auf das Ende des Rohres und lachte. »Jammert nur, der Kerl! Ist schon wieder gichtlahm. Der Zorn will ihm nichts auf Kredit geben… Sagt, er muss jetzt hoch, sein Weib liegt in den Wehen.« Böttger drehte die Rohre wieder auseinander und sah Lips fragend an. »Woher weiß der Leibniz denn von der Goldprobe? Hat dich mal jemand ausspioniert?«
    »Nein, Herr Böttger.«
    »Na gut, will ich's mal glauben.« Er sah ihn ernst an. »Hier geht's um mehr, als du ahnst. Mehr kann ich nicht sagen. Wenn etwas nach außen dringt, dann bist du jedenfalls auch dran. Das ist sicher! Jetzt mach den Windofen an. Heute probier ich's mit…«
    Auf dem Tisch hatte Böttger inzwischen auch die anderen Materialien gerichtet, um den Versuch weiterzuführen. Lips war ganz gespannt und unruhig, wie es nun weitergehen würde. »Herr Böttger, die Glut ist gleich soweit. Es kann losgehen! Soll ich den Phosphor aus dem Wasser holen?«
    »Ja, bring ihn her. Dann kannst du gehen.«
    »Aber der Versuch?«, sagte Lips und musste schlucken. »Ich meine, wir…«
    »Nichts mit wir, verstanden! Den Versuch mach ich heute alleine. Nun geh schon!«
    »Aber…«
    »Nichts aber. Du brauchst nicht alles mitzubekommen!«
    Wutentbrannt ging Lips aus dem Laboratorium. Er hörte noch, wie Böttger von innen den Riegel vorschob. Verfluchter Kerl!
    Im Hof stand das Gesinde untätig herum und flüsterte miteinander. Irgend etwas war geschehen. Als die Hofwehemutter mit starrer Miene aus dem Hinterausgang des Haupthauses trat, bekreuzigten sich einige. Anna folgte ihr und ging mit einem Eimer hinüber zum Brunnen. Lips nahm ihr den Eimer ab, hängte ihn an den Haken und ließ ihn in den Brunnen.
    »Die Zornin hat dem Herrn Apotheker schon wieder einen Krüppel geboren!«, flüsterte Anna. »Lauter Krüppel macht die ihm!«
    »Hat der auch diese Fischaugen?«, fragte Lips und sah, dass Anna sich die Augenbrauen mit der schwarzen Paste von Böttger angemalt hatte. Er hatte seit Monaten nichts mehr zwischen den beiden bemerkt, aber wer wusste, was passierte, wenn Böttger ihn manchmal aus dem Laboratorium schickte?
    »Wenn's nur die Fischaugen wären!«, sagte Anna. »Die hat er doch vom Herrn Apotheker. Stell dir vor: Der Schlund ist dem Krüppel gespalten, wie bei den Kindern vorher. Das geht ja alles noch.« Anna bekreuzigte sich und flüsterte. »Die Zornin hat das böse Wesen im Leib. Sie hat den Satan geboren, sag ich dir! Ja, den Satan! Er hat ein schwarzes Fell im Gesicht.« Anna machte eine entschlossene Miene. »Den fass ich nicht an! Nein, das mach ich nicht! Da kann mich keiner zu zwingen!«
    Plötzlich dröhnte und krachte es aus dem Keller.
    »Mein Gott, der Gottfried!«, rief Anna.
    Lips ließ das Brunnenseil los und lief zum Eingang, aus dem nun gelb-braun-schwarze Rauchschwaden quollen. Er tastete sich an der Wand entlang die Treppe hinunter. Der scharfe Qualm biss ihm in die Augen. Er musste husten, hielt den Atem an und tastete sich weiter. Die Tür zum Laboratorium war geöffnet. Es zischte und knallte

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