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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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Reise machten. Als besonderer Diener und persönlicher Botschafter war er dem Papst in der strengen Kirchenhierarchie so nahegestanden wie niemand sonst. Je mehr er die Dinge jedoch ordnete, umso mehr zog er Neid und Missgunst der übrigen Kardinäle auf sich. Denn der plötzliche Tod des Kirchenfürsten hatte mehr als eine Lücke hinterlassen. Den Kardinälen war es wichtig, bald einen Nachfolger für den Verstorbenen zu wählen. Die römische Kirche trieb in diesen Tagen wie ein steuerloses Schiff in einem Meer von Anwärtern um den Platz des Stellvertreters Gottes. Jetzt schien die Stunde der Staufer gekommen. Welch ein Triumph, wenn es ihnen jetzt gelänge, auch die Kirche endgültig unter ihrer Krone zu wissen. Es gab wohl eine reine Lehre der Christenheit, aber es gab genug Anwärter, diese auch zu verwalten. Die stete Gefahr, dass die mächtigen Staufer auch noch die Führung der Kirche übernahmen, ließ die Vorbereitungen für die Neuwahl schneller und hastiger geschehen. Denn das Abendland war schutzlos.
    Der Heilige Krieg gegen die Sarazenen bewegte die Ländereien bis in die kleinsten Lehen. Wussten die Staufer vom Tod des Papstes, wussten es auch die Mauren. Die Gelegenheit schien günstig, die neue Lehre Mohammeds bis weit nach Frankreich zu tragen.
    Zudem wollten die Gerüchte nicht verstummen, der Papst sei das Opfer einer Intrige geworden. Als er seinen Widersachern lästig geworden war, hatte man ihn beseitigt. Einer seiner allerengsten Vertrauten habe ihn nun gestürzt. Und Gevatter Tod war ein wertvoller Verbündeter, dessen Hilfe man sich immer wieder bedienen konnte.
    Erst war dies Gerede nur in Avignon zu hören. Geschichten, welche sich das Volk erzählte, wenn auch hinter vorgehaltener Hand. Fresenius’ Ruf als unbarmherziger Wahrer der einzigen Rede galt auch in Avignon. Wie schnell schnitt der Henker eine Lästerzunge ab oder tat mit dem Schreier gar noch Übleres. Der Papst galt bei den Gläubigen als verschroben und krank im Geiste. Dass er noch in der Lage gewesen wäre, die Feinheiten der zahllosen Machtkämpfe in seiner nächsten Umgebung zu erkennen, dies glaubte indes wohl kein geübter Beobachter.
    Aber der Papst war tot, und es gab bereits eine Reihe von Anwärtern auf den Heiligen Stuhl, die für dieses Amt in Frage kamen. Fresenius van Straaten verschwendete keinen Gedanken an die bevorstehende Wahl. Für die mögliche Nachfolge innerhalb der Kurie war er zu jung. Dies war ihm, bei allem Ehrgeiz, wohl bewusst. Er gab sich deshalb keinen falschen Träumen hin. Jedoch die Möglichkeit, das Amt eines Kardinals in der immer mächtiger werdenden römischen Kirche zu besetzen, war nicht auszuschließen. Fresenius’ Position dazu war günstig. Die Zeit des weiteren Aufstieges schien reif, und er hatte einen wichtigen Verbündeten: die Furcht vor seinem eigenen Amt.
    Denn, niemand bei klarem Verstand würde zögern, den Wallonen als Inquisitor in seinem Amt erneut zu bestätigen. Fresenius war darin mächtig geworden. Vielleicht sogar zu mächtig. Das unterschied ihn von der scheinbaren Allmacht der Würdenträger in ihren purpurnen Roben. War er auf Reisen, auf der Suche nach Säumigen im Geiste, so wie er es selbst sagte, war er zwar weit weg von den Zentren der Macht, aber er konnte so seinen Einfluss auch ungestörter mehren. Alle fürchteten Fresenius van Straaten.
    Aber es war Rom, wohin die Kurie zurückwollte. Avignon war ein sicherer Hort, jedoch nur in Rom galt die Macht der Kirche. Nur in der Tiberstadt war ein Papst wirklich Papst. Überall anders war er Gewissen und Glauben jener Tage, nicht mehr. Macht und Einfluss, die Geschicke des Abendlandes mitzulenken und entscheidend mitzubestimmen, dies war nur in Rom und nirgendwo sonst möglich.
    Urban von Scarfeta war einer der wenigen Kardinäle, welche Geist und Einfluss zu nutzen wussten. Er galt als gemäßigter Denker, wohl von tiefem Glauben, jedoch war der Mann kein Fanatiker in der Sache Gottes. Mit ihm hofften viele seiner Anhänger, dass er die Nachfolge auf den Stuhl Petri antreten würde. Nicht nur in Avignon und Genua, in Aix und Straßburg, in Venedig und Konstantinopel standen die Vorhersagen günstig, dass er das heilige Amt als Nächster bekleiden würde. Ein Umstand machte den Kardinal aus der Lombardei besonders geeignet: Er fürchtete Fresenius van Straaten weniger, als er ihn hasste. Und bei dem einzigen Glauben, der Hass und Missgunst verbot, der Lombarde verabscheute Fresenius van Straaten mehr als alles

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