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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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junge Mönche zu Boden gesunken waren, der Atmung plötzlich beraubt, wohl hervorgerufen durch den immer schwereren Dunst aus Weihrauch, Schweiß und warmer Luft. Hatte er nicht immer getan, was man ihm auftrug? War gehorchen nicht Teil seines Amtes als Diener Gottes und Leibdiener des Papstes der christlichen Welt? Sein Schädel dröhnte, aber es wollte ihm kein klarer Gedanke mehr einfallen.
    »Herr van Straaten … Ihr müsst mir helfen!«, flüsterte Saulus.
    Inständig faltete er die Hände, so als könnten sie allein ihm helfen, jetzt nicht zu fallen.
    »Saulus, mein lieber Bruder! Wie soll ich Euch helfen? Es ist nicht des Tränkleins wegen. Es ist die Wahrheit, die jene hören wollen.«
    »Keinmal will ich lügen. Die Lüge ist mir ein Greuel«, hauchte der Mönch.
    »Bruder, dies weiß ich wohl. Aber wisst Ihr, was jene hören und glauben möchten? Ihr wisst jedoch, wie schwer es ist, zur rechten Zeit zu glauben …«
    Saulus war alt. Aber so viel wusste er in diesem Moment, dass er solche Art von Spiel nicht spielen konnte. Er zitterte, und seine Stimme war gehaucht, so als versage sie ihm jeden Augenblick.
    »Herr Fresenius van Straaten, sagt mir, welche Art der Befragung kann dies sein?«
    »Erinnert Ihr Euch, als ich Euch mein Amt zeigte? Die peinliche Befragung des Geoffrey von Hubinet?«, fragte Freseniusʼ Stimme leise.
    Der Chor erscholl erneut lauter. Auch Saulus begann, die Worte zu murmeln, die er so unzählige Male gehört und gebetet hatte. Doch war es eher eine Gewohnheit, denn in seinem Ohr hörte er weiterhin die Stimme flüstern.
    »Geoffrey von Hubinet, wisst Ihr noch? Ich befragte ihn nur. Er leugnete, selbst bei der Tortur, und er war schuldig, wie Ihr wißt … O nein! Ihr seid nicht schuldig, Bruder Saulus. Ich glaube Euch.
    Aber seid Ihr auch stark? Wo beginnt die Lüge? Oft ist sie Gefährte unserer Worte, und man merkt’s nicht gleich.«
    Saulus konnte sich nicht mehr länger halten. Sein Kopf dröhnte, und erneut ergriff ihn das Gefühl einer drohenden Ohnmacht. Er wandte den Kopf, mit einem plötzlichen Ruck, er wollte Fresenius in die Augen sehen, hier und jetzt.
    Aber als er sich umwandte, sah er nur eine Wand, rauh vom Putz aus Kalk. Und die ganze letzte Stunde hatte er mit seinen Schultern immer nur diese Wand berührt. Denn er war alt, und so langes Stehen war anstrengend für ihn. Saulus schüttelte den Kopf, als wäre er betrunken.
    Hinter ihm konnte keine Seele stehen, dies war sicher! Er wollte etwas sagen, aber es wurde nur ein Röcheln des Entsetzens. Und endlich wurde es ihm schwarz vor Augen.
    ***
    Der Vogel stieg in den klaren Himmel auf, scheinbar mühelos. Außer dem leisen Rascheln der Flügel, als er von der Hand des Falkners aufflog, war kein Geräusch zu hören. Urban von Scarfeta lächelte zufrieden. Solch einen Falken hatte er bisher noch nie besessen. Sein wohl bestes Tier, dessen war er sich sicher. Ein Weibchen, groß und kräftig, besonders schön im Wuchs und willig, zu lernen und zu jagen. Die bisherigen Vögel waren alles Männchen gewesen, und der Kardinal hatte keinen davon in bester Erinnerung. Sie waren träge und nur unter größten Verlockungen zur Greifjagd auf wilde Hasen oder Tauben zu bewegen. Er würde den Vogelhändlern keine Falkenmännchen mehr abhandeln.
    Ein Reiter war in scharfem Ritt herangejagt.
    Dampfend hielt das Pferd bei dem Tross. Der Mann sprang aus dem Sattel und warf den Zügel einem Knecht zu. Es war Sitte, beim Jagdflug eines Falken jede Unruhe zu vermeiden. Zumal, wenn der Vogel so nahe über der Gruppe kreiste, wie er es im Augenblick gerade tat. Aber Urban nickte nur in Richtung des gerade Angekommenen, und der Mann verstand. Er lief schnell die wenigen Schritte und fiel vor dem Würdenträger in die Knie. Nach Brauch und Sitte berührte er mit den Lippen den Ring des Kardinals. Dann erhob er sich.
    »Habt Ihr Botschaft für mich?«, fragte von Scarfeta neugierig.
    Der Reiter nickte.
    »Ja, Herr. Man hat den Leibdiener, der sich Saulus nennt, gefunden.«
    Urban nickte zufrieden. »Hoffentlich habt Ihr ihn gut verbracht. Ich will, dass es dem Mann an nichts fehlt. Er ist von einfachem Geist, und ich möcht ihn nicht verwirren.«
    Urban bemerkte auf einmal die Verlegenheit des Boten. Der Mann wollte etwas sagen, wagte aber nicht, ohne eine Aufforderung zu sprechen.
    »Warum so düster, Junker?«, fragte Urban.
    Der Mann räusperte sich. »Herr! Mit gefunden meint ich nicht, er wär noch am Leben.«
    Von Scarfeta hob die

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