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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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seine Erlebnisse mit irgendjemandem zu sprechen. Der Inquisitor ließ eine Totenwache aus den Reihen der Palastwache die Gemächer bewachen. Dann erst erlaubte er, die Todesnachricht auch in der Stadt zu verkünden. Bald eilte die Neuigkeit durch Avignon und wurde weitergegeben von Mund zu Mund. Berittene Boten brachen noch am selben Vormittag auf, um Botschaften an die Landesfürsten von Lothringen, den Kaiser der Deutschen und den Clan der Welfen zu überbringen. Weitere Boten informierten die Städte Genua, Verona, Padua, Rom und Venedig, die Kaiserpfalzen in Aachen, Speyer und Bamberg, die deutschen Reichsstädte Nürnberg, Augsburg und Ulm.
    »Der Papst ist tot!«
    ***
    »Muss mit Euch reden, Herr.«
    Der Pockennarbige wartete auf die Aufforderung zu sprechen. Fresenius van Straaten stand am Fenster, in den einstmals persönlichen Gemächern des Papstes. »Ich befahl dir doch, mich hier nicht zu suchen. Und nenn mich Euer Gnaden, wenn du mit mir sprichst.«
    »Jawohl, Euer Gnaden«, antwortete der Mann gehorsam.
    »Nun rede …«
    »Ein … Missgeschick.«
    Jetzt wandte Fresenius sich um und sah den Knecht an. »Rede …«, befahl er drohend.
    »War nicht meine Schuld, ist wohl arg, aber …«
    »Red endlich, Kerl!«
    »… das junge Mönchlein. Die Tortur war’s nicht, eher die Angst …«
    »Was redest du da …?«
    »Er ist tot, Euer Gnaden. Verstarb mit einem Schrei und aus … Konnt ihn nicht halten bei seinem Weg ins Höllenfeuer.«
    Für einen Moment glaubte Fresenius, es würde ihm schwindlig werden. Er schloss die Augen und sog tief die Luft ein. Der junge Hubinet war tot. Dies durfte nicht passieren. All seine Pläne konnte dies gefährden, ja zunichtemachen.
    Er öffnete die Augen.
    Der Folterknecht grinste verlegen.
    »Verzeiht mir, Herr, nein, Euer Gnaden … bin ohne Schuld.«
    »Ohne Schuld!?«, schrie Fresenius auf einmal wild. »Dummer Laffe, bracht ich dir solch Handwerk bei? Solltest ihn zwicken, aber nicht krepieren lassen!«
    »Aber Herr …«
    Der Mann fiel jammernd vor dem Gesandten auf den Boden.
    »Still, Hurenbrut! Verflucht der Tag deiner Zeugung …!«
    Wütend begann Fresenius, auf den Mann einzuschlagen. Der wehrte sich nicht, sondern duckte sich und hielt die Arme schützend vors Gesicht. Dies steigerte noch Fresenius’ Wut. Er griff nach einem Gehstock und hieb damit auf den Mann ein. Die Schläge trafen überall, am Kopf, im Gesicht.
    »O Herr, ich bitt Euch, lasst mich. Es war mir …«
    Er kreischte in einem schrillen Ton vor Schmerz. Fresenius prügelte mit stummer Wut auf den Mann ein, bis dieser wimmernd auf dem Boden lag und sich den Kopf hielt. Das Gesicht blutete heftig, Lippen und Augenbrauen waren aufgesprungen. Lange Speichelfäden, rot vor Blut, hingen ihm aus dem Mund. Erst jetzt hielt Fresenius für einen Moment ein. Dann trat er dem Knecht mit Wucht in die Seite. Der Mann sackte mit einem Schrei zusammen und blieb dort auf dem Boden liegen, vor Schmerz stöhnend. Der Fußtritt hatte ihm wohl eine Rippe gebrochen.
    Der Priester beugte sich über den Mann.
    »Geoffrey von Hubinet war Sohn eines reichen Landgrafen. Sein jüngster dazu. Der Junge war Teil eines Plans. Du hast alles zerstört. Ich sollte dich dem Grafen übergeben. Die Eingeweide wird er dir eigenhändig herausreißen, bei lebendig Leib.«
    »Tut’s nicht, Euer Gnaden. Ich bitt Euch, tut’s nicht«, keuchte der Mann.
    »Vergrab den Leichnam und alles, was du gebraucht bei der Tortur. Eile dich. Und wehe dir, es sieht dich eine Seele …«, bellte Fresenius.
    Der Pockennarbige wimmerte nur leise.
    »Fort jetzt, Kreatur. Und komm mir erst wieder vor Augen, wenn du getan, was ich dir befahl«, sagte Fresenius jetzt etwas beherrschter. Er ließ den vor Schmerz fast ohnmächtigen Mann liegen und ging zurück an das offene Fenster. Die Sonne schien warm, und der milde Duft von frischem Gras wehte herein.
    Er musste seine Gedanken ordnen. Wie konnte er den Tod des Jungen doch noch für seine weiteren Pläne nutzen?
    ***
    Avignon war in diesen Tagen ungewollt zum Mittelpunkt der christlichen Welt geworden. Dies diktierte das weitere Geschehen. Voll ungewohnter Hast und Eile verfassten Schreiber unzählige Botschaften für die großen Fürsten des Abendlandes. Das Buch der Päpste wurde um den Sterbetag des letzten Papstes erweitert. Bei alledem war Fresenius van Straaten derjenige, welcher Anordnungen traf und alle Nachrichten persönlich prüfte, bevor berittene Kuriere sich auf die lange

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