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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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suchte. Aber der Mann hatte sich sofort wieder in der Gewalt. Gwyn sah nach dem Kriegsknecht, der noch immer regungslos an der Türe stand. Trotz des fahlen Lichtes bemerkte er, dass dieser bewaffnet war. Der Wallone war vor den breiten Tisch getreten, beugte sich vor und sah Gwyn ins Gesicht.
    »Ihr kräht frech, Brite. Aber Eure Beleidigungen treffen mich nicht. Ich werde Euch verhaften und vor ein Gericht der heiligen römischen Inquisition bringen. Und glaubt mir, den Stab wird man über Euch brechen. Ja, über Euch, Gwyn Carlisle.«
    »Welche Art von Verbrechen werft Ihr mir vor?«, fragte Gwyn.
    Er konnte seine Angst, aber auch seine Wut kaum noch beherrschen. Fresenius grinste und zog eine Pergamentrolle aus einem seiner Ärmel hervor. Er schwenkte das Dokument vor Gwyns Gesicht hin und her.
    »Dies zu wissen, wär Euer Wunsch, so glaub ich wohl.« Fresenius lächelte noch immer, doch als er antwortete, klang seine Stimme drohend. »Ihr paktiertet mit dem Teufel! Ihr sucht nach Dingen, die Euch verwehrt. Ihr seid voll Sünde. Habt Ihr nicht Euer Eheweib verlassen? Ihr habt Sündiges verlangt von der Metze! Aber jetzt gebar sie ein Kind. Warum wollt Ihr’s nicht sehn?«
    »Was ist mit …?«, rief Gwyn.
    Er wollte aufspringen, aber der Knecht stand plötzlich neben ihm und drückte ihn auf seinen Platz zurück, ganz leicht und ohne Mühe.
    Fresenius lachte erneut, und es klang böse. Er gab dem Knecht einen Wink. Darauf trat der zurück.
    »Nichts tat ich Ihnen, Faber. Kein Härlein krümmt ich ihr oder dem Balg. Aber leicht ist es, Euch fürchten zu machen. Dies beruhigt mich.« Er trat erneut ein wenig näher. »So wie Ihr das Gold, das Silber, den Edelstein nutzt, genauso nutze ich die Furcht. Denn Furcht ist wie eine vertraute Melodie. Ihrer Weise sind die Menschen folgsam und ergeben.«
    »Die Tortur …?« Gwyns Stimme war ohne Klang. Er hauchte das unheilvolle Wort mehr, als er es aussprach. Der Wallone nickte, und erneut erschien jenes Lächeln, das nicht zu ihm passen wollte.
    »O wehe, ja, ich fürchte die Tortur«, antwortete Gwyn, und er bemühte sich, sich seine Angst davor nicht anmerken zu lassen.
    »Glaubt mir, der Grimm auf Euch ist groß. Er wird mir helfen, dem Schmerz zu trotzen«, entgegnete er ruhig.
    Fresenius wog den Kopf hin und her. So als müsste er einen Moment überlegen, starrte er an Gwyn vorbei ins Leere. Dann lächelte er erneut.
    »Was Ihr da sagt, wär ein Experimentum wohl wert. Ja, ich glaube wohl, die Tortur würd Euch erst brechen, wenn in Eurem Leib kein Knochen mehr heil wäre. Nein, das ist kein Triumph für mich. Ich bin ein Diener Gottes und kein Schlachter. Glaubt mir, die Marterung der Seele ist von größerem Weh. Sie vermag Euch bereits auf Erden die Qualen zu verschaffen, welche nur ein Vorgeschmack dessen sind, was Euch in der Ewigkeit der Finsternis erwartet.«
    Ruhig sah Gwyn den Priester an. Seit jener unglückseligen Nacht in London hatte er oft von der Grausamkeit dieses Mannes gehört, in all der Zeit, die er auf Reisen war. Und er merkte auf einmal, dass Fresenius van Straaten in den vergangenen Jahren ständig ein Teil seiner Erinnerungen war. Gedanken, die er, Gwyn, niemals hatte vergessen können. Fresenius wollte die Menschen brechen, und dabei wollte er sie auch demütigen, weil er einst selbst von Menschen gedemütigt worden war. Gwyn wusste, dass er diesem Inquisitor nicht entkommen konnte. Es fiel ihm plötzlich nicht schwer, aufzustehen, um ihm zu folgen.
    Im Gang lag die Leiche seines Dieners Faustino. Um dessen Kopf hatte sich eine große Blutlache gebildet, dunkel scheinend auf dem hellen, steinernen Boden. Gwyn spürte, wie eine plötzliche, übermächtige Wut in ihm aufstieg. Wie völlig sinnlos der Junge sterben musste. Fresenius blieb stehen, ungerührt, und wandte sich um.
    »Gebt acht, Master. Besudelt Euch nicht die Füße. Zudem, Ihr könntet stürzen.«
    Er schürzte seine Kutte, und mit einem großen Schritt stieg er über die Leiche des Dieners.
    Noch in derselben Nacht ließ Fresenius den Faber im Blutturm einsperren. Gwyn hatte den Mönch keines Blickes mehr gewürdigt. Nur einmal hatte er, wenn auch nur für einen Moment, die Vorstellung gehabt, er räche den Tod seines Meisters, indem er dem verhassten Kirchenmann doch noch an die Kehle sprang, um ihn zu erdrosseln. Aber er ließ diesen Gedanken schnell fallen. Es war nicht mehr die Zeit und der Ort wie damals in jener Nacht in London.
    Als sich die Kerkertüre hinter ihm

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