Der Goldschmied
längst nicht mehr so gut wie zu den großen Zeiten Roms. Für Ausbesserungsarbeiten war in Britannien in dieser Zeit kein Shilling übrig.
Am Abend erreichten die beiden Reisenden eine kleine Ansiedlung. Außer ein paar Häusern gab es auch eine Schenke. Dort kehrten sie ein, hungrig und in einiger Vorfreude auf ein gemütliches Eck in der Schankstube, um dort den Abend mit Trinken und Erzählen zu verbringen. Später ließ es sich, wie in den meisten Gasthäusern jener Tage, für ein oder zwei Pence sicher schlafen.
Als Gwyn und Cornelius den niedrigen Raum betreten hatten, rümpften sie beide ihre Nasen. Gwyn war starke Gerüche gewohnt. Wie den meisten Menschen machten sie ihm nicht viel aus, gehörten sie doch zum Leben. Der schwere Geruch nach Fäulnis und Urin in den Gerbergassen zu London, der süßlich verwesende Geruch nach Fleisch und Blut, der von den Zerwirkereien am Markt herrührte, oder gar das alte Beinhaus, in dem es immer modrig roch, weil Teile des Bodens nie trocken wurden, dies alles waren ihm wohlvertraute Gerüche. In dieser armseligen Hütte roch es dagegen ekelerregend. Gwyn trat aus Neugier an einen Verschlag in der Ecke. Dort lagen zwei schwarze, unglaublich schmutzige Schweine. Als die Tiere die Köpfe neugierig hoben, stob dunkel ein Schwarm Fliegen auf.
Die Schweine beäugten Gwyn einen Moment lang, um sogleich die Köpfe wieder auf den verschlammten Boden zu senken. Der Faber war nicht wählerisch, was ein Gasthaus betraf. Er dachte an die Schenke an der Themsebrücke zu London, die Eldrige führte. Dessen Haus war ärmlich und klein gewesen. Aber es war immer sauber genug, dass auch Fallen, der sehr auf Reinheit geachtet hatte, sich dort wohl fühlte.
Cornelius sah stumm auf Gwyn und schüttelte dann den Kopf. Beide schickten sich an, ohne ein Wort die Schenke sogleich wieder zu verlassen. Als sie beide kehrtmachen wollten, öffnete sich eine Türe neben dem Schweineverschlag.
Ein Mann trat ein.
Er war klein und trug sein Haar kurz ausrasiert bis über beide Ohren. Das feiste Gesicht war bartlos, und außer einem ledernen Schurz über den schmutzigen Beinkleidern trug der Mann nichts weiter. Die Füße steckten in derben Holzschuhen. Seine Gestalt war kräftig, aber nicht sehr groß. Als er die beiden Reisenden entdeckte, grinste er und verbeugte sich devot. Dann schneuzte er sich geräuschvoll. Dabei hielt er immer ein Nasenloch mit dem Zeigefinger einer Hand zu, so dass aus dem freien Loch ein Strahl Schleim auf die Erde spritzte. Zum Schluss fuhr er mit dem bloßen Arm über die so gereinigte Nase und rieb sich den Arm an seinem Beinkleid trocken.
»Ehre sei mit Euch, edle Herren. Seid begrüßt in meinem Haus.« Bei diesen Worten deutete er erneut eine linkische Verbeugung an. »Kann ich Euch edlen Herren dienen? Ein Krug Schwarzbier? Oder lieber ein saftiges Schweinchen vom Spieß?«
Cornelius antwortete, mit einem raschen Seitenblick auf Gwyn, zuerst. »Der Herr mit Euch, Gevatter Wirt. Wir sind wohl hungrig und nicht wenig müde. Ein Nachtlager wär uns genehm, aber …«
»Ein Nachtlager?«, rief der Mann schnell.
Erneut erschien auf seinem Gesicht jener falsche unterwürfige Ausdruck. »Ihr Herren, grad bin ich voll mit Gästen. Aber wenn Ihr wollt, nehmt mein eignes Bett.«
Wieder grinste er die beiden Reisenden an. Gwyn schauderte es bei dem Gedanken, den Strohsack dieses Wirtes zu benutzen.
»Sagt, Herr Wirt, ist dies die einzige Schenke hier im Ort?«, wollte Gwyn wissen.
Der Mann nickte. »Oh ja, junger Herr. Dafür aber die beste.«
Er lachte, und dabei trat er näher und bot ihnen an, Platz an einem dunklen Tisch, unweit einer Feuerstelle in der Wand, zu nehmen.
Gwyn und Cornelius zogen es jedoch vor, draußen vor der Türe zu sitzen. Dorthin brachte der Wirt einen Krug mit Schwarzbier und zwei hölzerne Becher. Er stellte beides auf den Tisch und goss ein. Dann blieb er stehen, abwartend, wie seinen Gästen das Bier schmecken würde. Gwyn trank einen kurzen Schluck. Das Bier schmeckte schal. Außerdem war es bereits sauer. Er spuckte aus, direkt neben sich auf den Boden. Auch Cornelius hatte nur einen kleinen Schluck genommen und verzog nun sein Gesicht zu einer Grimasse und spie das Gebräu ebenfalls auf den Boden.
»Hoho, ihr Herren!«, rief der Mann. »Schmeckt Euch mein Bier nicht?«
Gwyn schüttelte den Kopf. »Verzeiht, Gevatter, aber dies Bier ist sauer.«
»Sauer?«
»Ja, sauer, es ist verdorben, so scheint mir.«
Der Wirt kniff die Augen
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