Der Goldschmied
Fuß.
Lord Towe war Herr dieses Lehens. Damit übte er auch das Gerichtswesen aus, gegen alle in seinem Besitz lebenden Menschen, Freie wie Unfreie.
Es dauerte bis zum frühen Abend, als die kleine Karawane auf der großen Burg eintraf. Lord Towe verlangte den Beklagten sogleich zu sehen. Da wurde ihm Jack vorgeführt. Gwyn fühlte sich nicht wohl bei alledem, und zusätzlich verwünschte er heimlich sein Treffen mit dem unglücklichen Sween. Er hatte eine Reise zu machen, die wichtiger war, als auf der Burg des Lords auf eine Entscheidung zu warten. Agnes erwartete ihn zu Hause. Und sie erwartete, dass er die weise Frau mitbrachte. Er verstand nicht viel vom Leib einer schwangeren Frau, aber er wusste, mit jedem Tag wölbte sich der schneeweiße Bauch seiner Frau ein wenig mehr und gab darüber Zeugnis ab, dass ein Kind heranwuchs, das der selige Master Borden niemals gezeugt haben konnte. So wartete er diesmal ruhelos in einem kahlen Raum vor der großen Halle, die an den großen Wohnraum der Burg direkt anschloss und nur von langen Vorhängen aus schwerem Tuch getrennt war. Er hörte Stimmengemurmel und einmal das Klirren von Waffen. Lord Towe befragte den Beklagten. Sween war nun der Ruhigere von den beiden. Gwyn dauerte der Köhler, dessen Augen stumpf ins Leere stierten. Und Gwyn wusste immer, was er da in den Augen zu sehen bekam.
Das war der Hass.
Nach einer geraumen Wartezeit ließ der Lord Gwyn und Sween holen. Beide schritten in die große Halle, und der Haushofmeister bat sie beide, auf einer Bank Platz zu nehmen. Gwyn staunte über die riesige Halle. War sein Haus in Bath bereits mit einem hohen Gewölbe versehen, war dieses Gewölbe eine Meisterleistung. Die Decke wölbte sich wie das Halbrund einer großen Tonne und ward an zwölf Stellen ringsum von hohen Säulen abgestützt. Jede der Säulen war so dick, dass zwei Mann sie mit ausgestreckten Armen nicht umspannen konnten. Jede Säule war mit einem breiten Kapitell gekrönt und mit fein gemeißelten Akanthusblättern geschmückt. Gwyn wusste, dies war eine Spezialität der griechischen Steinmetze, die diese Zeichen ihrer Kunst überall in den Bauwerken ihrer Auftraggeber fertigten. An den Wänden hingen lange Banner mit fremdländischen Zeichen, dazu Schilde und eine Reihe prächtiger Turnierwaffen. Die Banner waren Kriegsbeute, welche der Lord bei seinem ersten Feldzug als junger Adeliger aus dem Heiligen Land mitgebracht hatte. Die Schilde zeigten verschiedene Farben. Lord Towe hatte sie in Zweikämpfen während der französischen und lateinischen Kriege erbeutet. Jeder Schild stand für einen gewonnenen Kampf. Und es hingen dort eine Menge Schilde, die prächtig anzusehen waren. Viele in den Farben der berühmtesten burgundischen und lombardischen Häuser.
Sonst war der übrige Raum schmucklos. Es drängten sich ringsum eine Menge Menschen, dazwischen liefen große Jagdhunde herum, beschnüffelten die Neuankömmlinge, um sich wieder mit anderen Tieren um Knochen zu balgen. Immer wieder kamen Bedienstete, um dem Lord an seiner Tafel aufzutischen. Lord Towe war ein älterer Mann, nicht sehr groß, aber schwer und mit deutlichen Anzeichen von beginnender Fettleibigkeit gezeichnet. Er trug einen kurzen Bart, und Gwyn erkannte ein hochmütiges Gesicht, fast ein wenig gelangweilt, wie er es oft bei Menschen beobachten konnte, die sich sicher wähnten in ihrem Reichtum, der sie satt und selbstzufrieden machte. Neben dem Lord saß sein Sohn und linker Hand von ihm seine Frau. Lady Towe war sehr schlank, fast dürr zu nennen, und blickte eher vergrämt und still. Sicherlich war ihr Stand nicht sehr groß unter der strengen Zucht ihres Mannes. Man wusste nichts von ihr, außer dass sie dem Burgherrn drei Kinder geboren hatte, von denen nur zwei am Leben waren. Ein Mädchen, längst verheiratet in einem Lehen in Dartmoor, und Roger, sein einziger Sohn und Erbe von Malmesbury.
Er war noch jung und noch nicht im Stand eines Ritters. Er galt als verwöhnt, despotisch und grausam und war der Stolz seines eitlen Vaters.
Lord Towe ließ den Großteil der Befragung von seinem Haushofmeister, Wilhelm von Cluny, durchführen. Ein geschmeidiger Mann, mit einem edlen Gesicht und vornehmen Benehmen. Von adeliger Herkunft und Ritter in einer Person, dabei gebildet. Denn dies war zu spüren, wenn er Fragen an Jack oder weitere Zeugen richtete. Gwyn hatte Berichte über diesen Mann gehört und wusste, dass dieser wie so viele Ritter nur einen stolzen Namen besaß. So
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