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Der Goldvulkan

Der Goldvulkan

Titel: Der Goldvulkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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beherrschen, selbst die Natur unter seinen Willen beugen… ja, das hieß: leben! Ihre Lippen zitterten, ihre Nasenflügel bewegten sich, ihre ganze Haltung verriet ihre Ungeduld, die Einzelheiten des so interessanten Planes kennen zu lernen.
    Summy Skim und der Scout sahen einander an und schienen zu fragen, ob der Ingenieur wirklich noch völlig bei Verstande wäre, ob so viele Enttäuschungen und Sorgen seinen Geist nicht etwas verwirrt hätten. Ob Ben Raddle wohl ihren Gedanken erriet? Jedenfalls fuhr er mit der Klarheit eines Mannes, der seiner vollständig Herr ist, folgendermaßen in seiner Rede fort:
    »Die Vulkane liegen, wie Sie ja wissen, alle an der Küste des Meeres: der Vesuv, der Ätna, der Hekla, der Chimborasso und noch viele andre in der Alten und der Neuen Welt. Man schließt daraus natürlich, daß das Wasser zu ihrer Entstehung notwendig ist, und neuerdings gibt auch die Theorie zu, daß die Vulkane in unterirdischer Verbindung mit dem Ozean stehen müssen. Das Wasser dringt in sie ein, schnell oder langsam, je nach der Art des Erdbodens, es findet seinen Weg bis zum innern Feuerherde und verwandelt sich hier zu Dämpfen. Wenn die in den Eingeweiden der Erde eingeschlossenen Dämpfe dann eine hohe Spannung erreicht haben, bringen sie im Innern Umwälzungen hervor und suchen nach außen durchzubrechen, wobei sie unter Rauch-und Flammenerscheinung Schlacken, Asche und Steinbrocken durch den Kamin hinausschleudern. Das ist unzweifelhaft die Ursache der Eruptionen und auch der Erdbeben, wenigstens gewisser unter diesen. Nun frage ich: Was die Natur tut, warum sollten das die Menschen nicht auch versuchen können?«
    Jetzt verschlangen alle sozusagen den Ingenieur mit den Blicken. Wenn die Theorie der Eruptionserscheinungen auch noch nicht unangefochten feststeht, so wird doch die Erklärung, die er eben entwickelte, gewöhnlich als die wahrscheinlichste betrachtet.
    Was nun den Golden Mount speziell betraf, sprach nichts dagegen, daß er Zufluß vom Arktischen Ozean erhielt. Mehr oder weniger lange Zeit sozusagen verstopft, war das gegenwärtig nicht der Fall, denn unter dem Drucke des erhitzten Wassers begann der Vulkan ja Dämpfe auszustoßen. War es nun möglich, dem Zentralherde Wasser aus dem Meere stromweise zuzuführen? Hatte der Ingenieur die Kühnheit so weit getrieben, etwas derartiges überhaupt für ausführbar zu halten?
    »Sie haben – so lauteten seine Worte weiter – als wir auf dem Gipfel des Golden Mount standen, ebenso wie ich bemerkt, daß dessen Krater an der Nordostseite des Berges mündet. Das Rollen und Dröhnen der plutonischen Tätigkeit ist auch von jener Seite her zu hören und selbst in diesem Augenblicke ist der Aufruhr im Innern deutlich zu vernehmen.«
    Wie zur Bestätigung der Worte des Ingenieurs drang jetzt das Geräusch von innen besonders deutlich nach außen.
    »Wir können als sicher annehmen, fuhr Ben Raddle fort, daß der Kamin des Vulkans mehr in der Nähe unsres Lagers verläuft. Wir brauchen also nur diese Seite des Berges zu durchbohren und einen Kanal dahin herzustellen, durch den das Wasser in unbegrenzter Menge einströmen kann.
    – Welches Wasser? fragte Bill Stell. Das aus dem Meere?
    – Nein, erwiderte der Ingenieur, so weit brauchen wir nach Wasser nicht zu suchen. Haben wir denn nicht den Rio Rubber? Von einem der Arme des Mackensie abgeleitet, wird er wieder die unerschöpfliche Wassermenge des Deltas in den Golden Mount ergießen.«
    Ben Raddle hatte »wieder… ergießen« gesagt, als wenn der schon ausgehobne und durch die Bergwand weiter geführte Kanal das Wasser des Rio Rubber bereits einströmen ließe. Je mehr er seinen Plan erläuterte, desto ausführbarer erschien ihm die Sache, und jetzt war er zu dem kühnen Unternehmen unwiderruflich entschlossen.
    Wie gewagt dieses auch erschien, so kam doch keinem der Anwesenden, nicht einmal Summy Skim, der Gedanke, dagegen Einspruch zu erheben. Mißlang es Ben Raddle, so war die Sache abgetan und man konnte einfach zurückreisen, gelang aber der Plan, lieferte der Vulkan seine Schätze selbst aus, so war der Aufenthalt hier ja auch zu Ende und Wagen und Karren rollten, nur schwerer beladen, Klondike wieder entgegen.
    Die Einleitung großer Wassermengen in den Vulkan war freilich auch mit großen Gefahren verbunden. Ihre Verwandlung in Dampf konnte so gewaltsam vor sich gehen, daß man die Herrschaft darüber verlor. Und wenn man hier an Stelle der Natur trat, konnte das ja auch eine

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