Der Goldvulkan
sich die beiden Vettern auf dem Bahnhofe, wohin ihr Gepäck schon befördert worden war. Das war übrigens nicht von gar so großem Umfange, erst wenn die Prospektorausrüstung in Vancouver dazugekommen wäre, würde es zu einem wohl etwas lästigen
impedimentum
anschwellen.
Hätten sie sich vor der Abreise an die Kanadische Pacificbahngesellschaft gewendet, so würden sie gleich durchgehende Billetts für den Dampfer nach Skagway bekommen haben können. Ben Raddle hatte sich aber noch nicht schlüssig gemacht, welchen Weg sie nach Dawson City wählen sollten, ob den über See und dann stromaufwärts den Yukon von dessen Mündung bis zur Hauptstadt von Klondike oder den Landweg, der jenseits von Skagway über Berg und Ebene und über die Seen von Britisch Kolumbien dahin führt.
Sie waren also endlich abgefahren, die beiden ungleichen Vettern, der eine weggeschleppt von dem andern, jener voller Zuversicht, dieser in sein Schicksal ergeben, beide aber bequem untergebracht in einem vortrefflichen Wagen erster Klasse. Die nötige Behaglichkeit ist doch das wenigste, was man für eine Fahrt von mehr als viertausendsiebenhundert Kilometern verlangen kann, für eine Reise. die von Montreal bis Vancouver sechs volle Tage in Anspruch nimmt.
Von Montreal aus bewegt sich der Zug zuerst durch den Teil der Dominion, der die so wechselreichen Gebiete des Ostens und des Zentrums enthält. Erst wenn er über die Gegend der großen Seen hinausgekommen ist, erreicht er eine dünner bevölkerte, zuweilen, vorzüglich mit der Annäherung an Kolumbien, eine fast öde, menschenleere Landschaft.
Ottawa, gesehen vom Rideau-Fall.
Das Wetter war heute schön, die Luft etwas bewegt und der Himmel von leichtem Dunste verschleiert. Das Thermometer schwankte um den Nullpunkt. Soweit das Auge reichte, schimmernd weiße Flächen, die binnen wenigen Wochen ein grünes Kleid tragen würden, wenn die Rios erst aus den Fesseln des Eises erlöst waren. Mächtigen Flügelschlags zogen große Vogelherden, immer dem Bahnzuge voran, nach Westen hinaus. Auf beiden Seiten der Strecke zeigten sich in der Schneeschicht die Fährten von Tieren bis hinaus an den fernen Horizont… leicht zu verfolgende Spuren, bei deren Anblick ein Jägerherz schneller schlagen mußte.
Jetzt war wohl auch von einer Art Jagd die Rede. Doch wenn es Jäger gab in dem nach Vancouver rollenden Zuge, so waren es nur Goldklümpchenjäger, und die Hunde, die sie mit sich führten, waren nicht abgerichtet, Rebhühner oder Hafen zu stellen, auch nicht Damwild oder Bären zu verfolgen. Nein, das war nur Zugvieh, bestimmt, in dem Teile Kolumbiens zwischen Skagway und dem Gebiete von Klondike die Schlitten über die erstarrte Oberfläche der Seen und Flüsse zu schleppen.
Das Goldfieber war jetzt im Grunde noch im ersten Stadium. Ununterbrochen trafen aber neue Meldungen ein von der Auffindung weiterer Goldlagerstätten am Eldorado, an der Bonanza, am Hunter, Bear und Gold Bottom sowie an allen Zuflüssen des Klondikestromes. Man sprach – oder faselte – von Claims, wo der Prospektor aus einer Siebschüssel bis fünfzehnhundert Francs Gold gewonnen hätte. Der Strom der Einwandrer wuchs denn auch mehr und mehr an. Sie stürzten sich jetzt über Klondike wie vorher über Australien, Kalifornien, über das Transvaal und die Transportgesellschaften erstickten fast unter dem Andrange. Die Insassen des heutigen Zuges, das waren keine Sendlinge von Gesellschaften oder Syndikaten, die von Großbanken Europas und Amerikas gegründet worden waren. Bei ihrer vortrefflichen Ausrüstung mit Werkzeugen, ihrem reichen Vorrat an passender Kleidung und der sichern Aussicht, auf Grund getroffener Abmachungen mit Lebensmitteln versorgt zu werden, brauchen solche der Zukunft nicht ängstlich entgegenzusehen. Nein, hier handelte es sich um armes, aber habgieriges Volk, das, aller Unbill der Existenz preisgegeben, vielleicht durch das Gespenst der Not aus seiner Heimat vertrieben wurde, um Leute, die alles wagen können, weil sie nichts zu verlieren haben, und denen – wer wollte es leugnen? – die Hoffnung auf einen besondern Glücksfall mehr oder weniger den Kopf verdreht hat.
Inzwischen brauste der Zug der Trans-Kontinentalbahn mit Volldampf weiter hinaus. Summy Skim und Ben Raddle hatten sich dabei sicherlich nicht über Mangel an Komfort zu beklagen, stand ihnen doch ein Salonwagen zur Verfügung für die Zeit des Tages, ein Schlafwagen für die Nacht, ein Rauchsalon, wo sie ihre
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