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Der Goldvulkan

Der Goldvulkan

Titel: Der Goldvulkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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beiden Vettern amen ins Northern Hotel, ohne ein Wort gewechselt zu haben.
    Als sie hier die Vorhalle betraten, trafen sie Jane Edgerton, die beide ungeduldig erwartet zu haben schien. Auch das junge Mädchen hatte ihr Teil Aufregung gehabt. Ihre verstörten Züge verrieten eine schmerzliche Unruhe und ihr Gesicht war von Tränen gebadet.
    Bei diesem Anblicke vergaß Summy Skim den phantastischen Auftritt beim Subdirektor der
Anglo-American Transportation and Trading Company
und eilte auf Jane Edgerton zu, deren Hände er teilnahmsvoll ergriff.
    »Was fehlt Ihnen, Fräulein Jane? fragte er. Was ist denn geschehen?
    – Ach, meine Cousine ist verschwunden,« antwortete Jane Edgerton, die sich vergeblich bemühte, ihr Schluchzen zu unterdrücken.
    Jetzt war es an Ben Raddle, erregt zu werden.
    »Fräulein Edith ist verschwunden? sagte er mit fast tonloser Stimme. Das ist aber doch unmöglich!
    – Und dennoch ist es an dem, versicherte Jane Edgerton. Als ich Sie verließ, ging ich ins Krankenhaus und dort hat mir Doktor Pilcox das mitgeteilt.
    – Über weitre Einzelheiten hat sich der Doktor nicht ausgesprochen?
    – Doch: er sagte mir, daß Edith ihn ganz unvermutet verlassen habe, und zwar ohne ein Wort davon zu sagen, früh morgens am fünfundzwanzigsten Juli.
    – Ohne einen Grund für ihren Fortgang anzugeben?
    – Ohne eine Silbe.
    – Auch ohne zu sagen, wohin sie ginge?
    – Ebensowenig. Sie hat nur hinterlassen, daß sie mit Winteranfang zurück zu sein gedächte.
    – Der Doktor hat also keine Ahnung, wohin sie gegangen sein mag?
    – Keine Spur davon!
    – Alle Wetter, das nenne ich ein Abenteuer!« rief der Ingenieur, der eine Beute der tiefsten Erregung zu sein schien.
    In diesem Augenblick trat ein Hoteldiener in den Raum und meldete, daß ein Mann da sei, der die Herren Summy Skim und Ben Raddle zu sprechen wünsche.
    »Lassen Sie ihn hereinkommen,« gab Ben Raddle rein mechanisch zur Antwort.
    Der Mann trug eine sehr umfängliche Banknotentasche in der Hand.
    »Ich bin, sagte er, von unserm Subdirektor Herrn William Broll beauftragt, den Herren hunderttausend Dollars zu überbringen, die sie verlangt haben, und sie zu bitten, mir darüber gefälligst zu quittieren.«
    Bei diesen Worten hatte der Bote der
Anglo-American Transportation and Trading Company
seiner Tasche schon einen Haufen Banknoten entnommen, die er nach deren Wertbetrag geordnet auf den Tisch legte.
    »Wollen die Herren sich gefälligst von der Richtigkeit der Summe überzeugen?« sagte er.
    Sich zur Ruhe zwingend, zählte Ben Raddle methodisch die Scheine.
    »Stimmt, erklärte er.
    – Dann haben die Herren wohl die Güte, die Quittung zu vollziehen?«
    Ben Raddle nahm eine Feder zur Hand und unterzeichnete seinen Namen. Seinem Vetter mußte er aber die Stelle für seine Namensunterschrift anweisen und ihm fast die Hand führen. Summy war wie traumbefangen und als wandelte er gar nicht mehr in dieser Welt.
    Ben Raddle begleitete den Boten der Bank wieder bis zur Tür und ging dann zu Jane Edgerton und seinem Vetter zurück.
    Da standen die beiden einander gegenüber und starrten auf die Banknotenhäuschen, die den Tisch bedeckten.
    Summy Skim schien noch halb abwesend zu sein und Jane Edgerton weinte noch immer, durch ihre Tränen schimmerte aber ein fragender Blick.
    Ben Raddle war jetzt nicht aufgelegt, sich in lange Erörterungen einzulassen, um etwas zu erklären, was er selbst nicht begriff. Bisher hatte er sich beherrscht, jetzt brach aber die Reaktion über ihn herein und raubte ihm die Kräfte. Durch eine Handbewegung deutete er nur an, daß eine Erklärung später folgen werde.
    Noch einen Augenblick blieben alle drei wie versteinert stehen. Dann ließen sie sich gleichzeitig jeder in einen Polsterlehnstuhl niedersinken, dessen Seitenlehnen gleichsam dazu einluden, und stützten den Kopf an dem bequemen Rückenpolster.
    Lange blieben sie nachsinnend so liegen, Ödipusse, die die Rätsel der Sphinx nicht zu lösen vermochten, während draußen über die Stadt, deren Lärm schon etwas verstummte, die Schatten der Dämmerung niedersanken.

Sechzehntes Kapitel.
Ex abysso resurgit.
    Daß die gedrückte Stimmung Ben Raddles längere Zeit anhalten sollte, war bei seinem Temperament nicht anzunehmen. Jetzt kamen aber auch noch Umstände hinzu, die eine spontane Reaktion nicht erst eintreten ließen.
    Als die elektrischen Lampen in den Straßen von Dawson City aufflammten, meldete ein Diener zum zweiten Male einen Fremden an, der Herrn

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