Der Goldvulkan
übrigens recht anstrengenden Fahrstrecke, erreichten Neluto und seine Begleiter das Fort Cudahy am linken Yukonufer. Hier wurde ihnen von dem Führer der örtlichen Polizeitruppe eine Herberge gezeigt, wenn auch nicht gerade empfohlen; vielleicht bevorzugten sie aber doch eine Stube darin gegenüber ihrem Zelte.
Als Summy Skim diese Mitteilung erhalten hatte, wendete er sich, um noch Auskunft über einen ihm offenbar am Herzen liegenden Punkt zu bekommen, an den Führer der Polizeimannschaft. Ob dieser, fragte er, in den letzten Tagen nicht hätte eine Frau durch Fort Cudahy kommen gesehen?
»Ob ich eine Frau hier durchkommen gesehen habe, mein Herr? rief der Leutnant laut auflachend. Nein, eine nicht, wohl aber ein Dutzend oder gar ein Hundert Frauen. Viele Goldsucher schleppen ein ganzes Gefolge mit sich und Sie können sich wohl vorstellen, daß unter einer solchen Anzahl…
– Ach, fiel ihm Summy ins Wort, die, die ich meine, gehört zu einer ganz besondern Art: sie ist selbst eine Prospektorin, Herr Leutnant, und ich glaube nicht, daß solche hier zu Dutzenden umherlaufen.
– Da irren Sie doch, mein Herr, entgegnete der Leutnant. Es fehlt auch an solchen nicht. Hinter der Jagd nach den gelben Klümpchen sind die Frauen ebenso hitzig her wie die Männer.
– Was Sie sagen! rief Summy. Unter solchen Umständen… verstehe ich…
– Man könnte immerhin versuchen, hierüber Näheres zu erfahren. Wenn Sie mir ein Signalement der Sie interessierenden Persönlichkeit geben wollen…
– Es handelt sich um ein noch junges Mädchen, erklärte Summy, kaum zweiundzwanzig Jahre alt. Sie ist etwas klein, tief brünett und sehr hübsch.
– Wahrlich, gestand der Leutnant, ein solches Signalement ist in unsrer Gegend eine Seltenheit! Sie sagen: ein junges Mädchen… brünett… von kleiner Statur… und hübsch obendrein, die sollte in der letzten Zeit hier durchgekommen sein…«
Der Polizeileutnant durchflog vergebens seine Erinnerungen.
»Nein… einer solchen entsinne ich mich nicht, antwortete er schließlich.
– Sie wird einen andern Weg eingeschlagen haben, die arme Kleine, sagte Summy traurig. Ich danke Ihnen aber dennoch, Herr Leutnant.«
Die Nacht verging so leidlich und am andern Tage, am 10. Juni, setzte sich der Wagen sehr frühzeitig wieder in Bewegung.
Vom Fort Cudahy aus strömt der Yukon weiter nach Nordwesten bis zu einem Punkte, wo er den hunderteinundvierzigsten Meridian – so wie dieser auf den Karten jetzt eingezeichnet ist – schneidet. Was den, wie sein Name andeutet, vierzig (amerikanische) Meilen, das sind 64 km, langen Forty Miles Creek betrifft, so wendet der sich nach Südwesten und ebenfalls der Grenze zu, die ihn in zwei fast genau gleiche Hälften teilt.
Neluto hoffte am heutigen Abend die Stelle zu erreichen, die der Claim Josias Lacostes einnahm. Das Pferd, das von den beiden Marschtagen übrigens nicht besonders ermüdet aussah, hatte er deshalb etwas reichlicher mit Futter versorgt. Mußte es sich einmal bis zum Äußersten anstrengen, so konnte das Tier das jedenfalls schadlos leisten und dann würde es ja am Claim Nummer 129 die ganze Zeit ausruhen können.
Um drei Uhr Morgens, als Ben Raddle und Summy Skim das einfache Gasthaus verließen, stand die Sonne schon ziemlich hoch am Himmel; nach wenigen Tagen trat ja die Sonnenwende ein und da verschwand sie nur für ganz kurze Zeit unter dem Horizonte.
Der Wagen folgte an der rechten Seite des Forty Miles Creek dessen stark gewundnem Ufer, das hie und da von Hügeln eingerahmt wurde, zwischen denen sich tiefe Schlünde öffneten. Das Land hier war keineswegs öde… überall arbeiteten Leute in den vielen Claims. An jeder Uferbiegung, an der Mündung der seitlichen Hohlwege erhoben sich Pfähle, die die Grenzen der Placers bezeichneten und in großen Ziffern deren Nummer angaben. Besonders vollendete Arbeitsgeräte fand man hier kaum, nur da und dort Maschinen, die von Menschenkraft bewegt, und nur wenige darunter, die durch abgeleitetes Wasser aus einem Creek getrieben wurden.
Die meisten Prospektoren arbeiteten, gewöhnlich durch wenige gemietete Gehilfen unterstützt, sozusagen im Tagebau am Lande oder auf einer Sandbank, wo sie den Schlamm aus flachen Höhlungen schöpften. Alles vollzog sich in merkwürdiger Stille, wenn diese nicht gelegentlich durch den Freudenschrei eines Goldgräbers unterbrochen wurde, der eine wertvollere Pepite gefunden hatte.
Die erste Rast an diesem Tage dauerte von zehn Uhr bis zu
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