Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Goldvulkan

Der Goldvulkan

Titel: Der Goldvulkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
der Herren gemeldet worden war, sofort ins Sprechzimmer herunter. Sie sah in ihrer Pflegeschwesterntracht wirklich wunderhübsch aus. Wie sie so hereintrat in grauem Wollkleide mit blendend weißer Latzschürze darüber, die in regelmäßigen Falten herunterfiel, die Haare schlicht geordnet und von mathematisch genauer Linie gescheitelt, die Hände zart, weiß und sorgfältig gepflegt… hätte man in ihr kaum die unermüdlich tätige Samariterin erkannt, die der Doktor Pilcox so lyrisch geschildert hatte.
    »Ah, mein wertes Fräulein, fragte sie Ben Raddle, gefällt es Ihnen denn in der neuen Tätigkeit?
    – Man liebt immer den Beruf, der einem den Lebensunterhalt gewährt, antwortete Edith einfach.
    – Hm… Hm! summte Ben Raddle, als wäre er davon kaum überzeugt. Nun, Sie sind also zufrieden, das ist ja die Hauptsache. Der Doktor Pilcox wird auch nicht müde, Ihr Lob zu verkünden.
    – O, der Doktor ist zu gut, erwiderte die junge Krankenpflegerin. Ich hoffe, mit der Zeit Besseres leisten zu können.«
    Da mischte sich Summy in das Zwiegespräch.
    »Und Ihre Cousine, mein Fräulein, haben Sie von ihr etwas gehört?
    – Nein, nicht das geringste, erklärte Edith.
    – Sie hat also ihr Vorhaben wirklich ausgeführt? fuhr Summy fort.
    – War das nicht von Anfang an beschlossen?
    – Doch was erhofft sie denn davon? rief Summy in plötzlich aufwallender und unerklärlicher Erregung. Was wird aus ihr, wenn sie, wie es so gut wie gewiß ist, nur einen Mißerfolg in ihrem etwas widersinnigen Unternehmen hat?
    – O, dann bin ich immer noch da, sie aufzunehmen, antwortete Edith ruhig. Im schlimmsten Falle reicht, was ich verdiene, auch für uns beide.
    – Dann sind Sie also, rief Summy höchst aufgeregt, beide entschlossen, sich in Klondike für immer festzusetzen, hier gleichsam Wurzel zu schlagen…
     

    Neluto hätte sein Pferd nicht zu einer schnelleren Gangart bringen können. (S. 175.)
     
    – O, keineswegs, Herr Skim, denn wenn Jane Erfolg hat, werde auch ich von ihrer Arbeit Vorteil haben.
    – Eine herrliche Kombination! Sie könnten sich also auch entschließen, Dawson wieder zu verlassen?
    – Warum denn nicht?… Ich liebe zwar den Beruf, der mich ernährt, doch von dem Tage an, wo ich seiner nicht mehr bedürfte, würde ich mir einen andern, natürlich einen angenehmern, wählen.«
    Alles das sprach sie ganz gelassen und mit einer Sicherheit aus, die jeden Widerspruch erstickte. Auf eine solche ruhige und auf alle höhern Ansprüche verzichtende Lebensauffassung ließ sich eben nichts erwidern, und Summy machte auch keinen Versuch dazu.
    Wenn er sich übrigens versucht gefühlt hätte, einen letzten Einwand zu erheben, so würde sich der Doktor Pilcox dem doch entschieden widersetzt haben. Sobald der Arzt von der nahe bevorstehenden Abreise der beiden Vettern gehört hatte, widmete er diesen seine wärmsten Glückwünsche zu der interessanten Reise, die sie eben antreten sollten, und dann sattelte er wieder sein Steckenpferd und pries die Schönheiten seines geliebten Klondike.
    Summy verzog den Mund. Er… er liebte Klondike nicht, o nein, er nicht.
    »Das würde sich schon finden, versicherte der Doktor, wenn Sie nur Gelegenheit hätten, es auch im Winter zu sehen.
    – Ich hoffe, diese Gelegenheit nicht zu bekommen, entgegnete Summy, der das Gesicht noch mehr verzog.

    – O, wer weiß das!«
    Die Zukunft wird uns zeigen, ob Summy Skim recht oder unrecht hatte, die Antwort des Arztes nicht ernst zu nehmen.
    Am 8. des laufenden Monats wartete der Wagen schon seit fünf Uhr früh vor dem Tore des Northern-Hotels. Die Mundvorräte und das kleine Lagermaterial waren schon darauf untergebracht. Das Pferd wieherte in seiner Gabeldeichsel und Neluto thronte auf dem Kutschersitze.
    »Ist alles richtig verladen, Neluto?
    – Alles, Herr Raddle, alles…
    – Dann in Gottes Namen vorwärts, befahl Ben Raddle.
    – Es müßte denn ein Paket im Hotel zurückgelassen worden sein!« vollendete der Indianer seine Rede mit der ihm angebornen Vorsicht.
    Ben Raddle unterdrückte einen Seufzer der Resignation.
    »Nun, hoffen wir wenigstens, daß nichts vergessen worden ist, sagte er noch, als er den Wagen bestieg.
    – Und daß wir nach zwei Monaten in Montreal zurück sein müssen,« setzte Summy mit der Hartnäckigkeit eines Leitmotivs hinzu.
    Die Strecke zwischen Dawson City und der Grenze beträgt hundertsechsundvierzig Kilometer. Da der Claim Nummer 129 unmittelbar an der Grenze lag, mußte es, bei

Weitere Kostenlose Bücher