Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo
kaum. Halbherzig präsentiert sich Kabirizi dem Konkurrenten. Der ist verwirrt, kennt er den Rivalen doch als mächtigen, aggressiven Gorilla. Humbas Bedächtigkeit und der Respekt, den sich Kabirizi durch sein früheres Auftreten erworben hat, verhindern jedoch, dass die momentane Schwäche des Silberrückens zu seinem Sturz führt. Zwar wechselt Bonane in Humbas Gruppe. Aber seine eigene Tochter ist für Kabirizi ohnehin keine adäquate Partnerin. Der Rest des Harems bleibt ihrem alten Patron hingegen treu. Das Glück will es, dass Kabirizi auch in den folgenden Tagen auf keinen anderen Silberrücken trifft. Ein Gegner mit mehr Kampfeslust und Angriffswillen als Humba könnte ihn und seine Dynastie zurzeit ernsthaft gefährden.
So sehr Rubigas Verschwinden Kabirizis Entschlossenheit dämpft, so wenig hat der Tod der Mutter dem heiteren Gemüt ihres Sohnes Ruzuzi anhaben können. Ohnehin hatte sich Rubiga seit der Geburt ihrer Tochter Ndakasi kaum noch um den Sprössling gekümmert. Jetzt nähert sich der Kleine, mit weit aufgerissenen Augen aufmerksam die Lage auskundschaftend, dem Vater. Seine steil nach oben gerichteten Kopfhaare erinnern an den Federschmuck eines Indianers. Vorsichtig pirscht Ruzuzi in Richtung des Silberrückens. Kabirizi hat ihn längst bemerkt, schenkt ihm aber keine Aufmerksamkeit. Der Junggorilla stapft weiter über platt gewalzte Pflanzen. Dabei verfangen sich seine Beine in einigen Trieben, die sich über den Boden schlängeln. Taumelnd befreit er sich von dem lästigen Gewirr. Doch das wechselseitige Anheben von Armen und Beinen, das Abschütteln der mit Widerhaken besetzten Pflanzen und das gleichzeitig notwenige Halten der Balance wollen ihm nicht gelingen. Er kippt vornüber, und ein schwarzes Fellknäuel kullert über die Erde. Verdutzt, aber mit heiterem Gesichtsausdruck rappelt sich Ruzuzi hoch. Sein Sturz endet gleich neben dem Vater. Kabirizi betrachtet den Kleinen eingehend und sieht zu, wie er Arme und Beine ordnet. Als Ruzuzi wieder wie ein Gorilla dasteht und verschmitzt an dem Familienoberhaupt vorbeischaut, streckt Kabirizi sei nen massigen Arm aus und berührt seinen Sohn leicht an dessen Seite. Das Kitzeln bringt die gewünschte Reaktion. Ruzuzi öffnet seinen Mund wie zu einem Lachen. Dann lässt er sich zur Seite fallen und strampelt mit Armen und Beinen in der Luft. Die gewaltige Hand des Vaters kreist über ihm. Er hält sich an ihr fest und zieht sich hoch, nur um die Pranke gleich wieder loszulassen und wie von einem schweren Schlag getroffen nach hinten zu kippen und sich erneut zu kugeln. Für einige Minuten versinken beide in ihrem Spiel.
Als Nsekuye jedoch ihren Kopf durch einen Blättervorhang steckt und die beiden ansieht, brechen die zwei ihre Balgerei sofort ab. Ruzuzi trollt sich in den Wald, und Kabirizi wendet sich wieder den Doldenblütlern zu. Nsekuye zögert kurz. Gerade will auch sie ihre unterbrochene Mahlzeit fortsetzen, da erhebt sich am Rand der Gruppe Gekeife. Sie tritt aus dem Dickicht und lauscht mit erhobenem Kopf. Auch Kabirizi wartet auf weitere Signale. Sowohl der Silberrücken als auch das Weibchen verharren regungslos. Da, erneut ein kreischender Ton. Das muss Janja sein. Sie ist aufgeregt. Jetzt hört man auch Mivumbis Stimme. Kurz darauf dringt ein Trom melwirbel durch das Unterholz. Es ist Bageni, der sich zu dieser Drohung veranlasst sieht. Das verheißt nichts Gutes. Kabirizi springt auf, um nachzusehen, was da los ist. Nsekuye folgt ihm unverzüglich. Bageni, dessen Imponiergehabe er eben noch gehört hat, ist zwar verschwunden, dafür kreischen nun drei seiner Weibchen vor Kabirizi. Sie keifen etwas an, das sich offenbar in einem Gebüsch versteckt. Immer wieder preschen die Gorillas vor, schlagen mit Fäusten gegen Zweige oder auf die Erde und blecken ihre Zähne. Jetzt raschelt das Laub, und ein schwarzer Körper fährt aus dem Dickicht, gefolgt von einem Gorillagesicht mit weit aufgerissenem Maul. Ein greller Schrei ertönt. Hände fliegen durch die Luft und treffen den Boden. Es ist ein fremdes Weibchen, das sich da der Angriffe der Haremsdamen erwehrt. So schnell, wie sie aufgetaucht ist, verschwindet die Fremde wieder. Sie scheint alleine zu sein. Jedenfalls zeigt sich kein weiterer fremder Gorilla. Das beruhigt die aufgeregten Weibchen aber keineswegs. Sie zetern und machen unmissverständlich klar, dass sie keine weitere Nebenbuhlerin wünschen.
Kabirizi zwicken die Schreie seiner Damen unangenehm ins Trommelfell.
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