Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo
Ungehalten über diesen Radau macht er seinem Verdruss mit einem Imponierlauf Luft. Zwischen seinen Weibchen und dem Gebüsch, in dem sich die Fremde versteckt, jagt er an den Zankenden vorbei und hämmert mit den Fäusten auf seine Brust. Krachend verschwindet er, taucht aber wenige Sekunden später wieder vor den Weibchen auf. Die hat sein Gehabe nur mäßig eingeschüchtert. Noch dominiert die Eifersucht. Doch nachdem Kabirizi sich genötigt sieht, einen zweiten Trommellauf zu veranstalten, dämmert den Gorilladamen, dass sie ihren Streit hier besser nicht weiter austragen. Mit mürrisch knurrenden Geräuschen ziehen sie sich ein wenig zurück und beobachten, wie sich Kabirizi vor den Busch mit dem möglichen Neuzugang setzt. Wie beiläufig zupft der Silberrücken an einigen Blättern. Zögernd und unterwürfig zeigt sich nun die Fremde. Alleine der Waldboden scheint ihre ganze Aufmerksamkeit zu fesseln. Hier und da greift sie nach etwas oder scharrt kleine Zweige beiseite. Dabei nähert sie sich Kabirizi, ohne ihn anzusehen. Der Silberrücken steht auf und präsentiert seinen stattlichen Körper. Sie geht weiter auf ihn zu, und Kabirizi streckt sein Kreuz. Die Fremde rückt unbeirrt weiter vor. Eifersüchtig und gespannt schauen die Weibchen der Sippe zu, als Kabirizi schließlich seine Hand ausstreckt, das neue Weibchen die gewaltige Pranke betrachtet und für einen kurzen Augenblick ihre Hand in seine legt. Der Rest des Harems murrt, bezwingt seinen Unmut aber. Kabirizi baut sich erneut vor der Neuen auf. Sie blickt zu Boden und beobachtet ihn aus den Augenwinkeln. Der Silberrücken richtet sich auf und startet noch einen Imponierlauf. Gleich darauf zeigt er sich seinen Weibchen wieder in voller Größe. In Kabirizi keimt eine beinahe verschüttete Regung. Er genießt es, den anderen seine Macht zu demonstrieren. Ihr Respekt erweckt neuen Lebensmut in ihm. Seine Muskeln straffen sich, sein Brustkorb hebt und senkt sich weit. Kraftvoll packen seine Hände den Stamm eines kleinen Baumes, an dem er sich in die Höhe zieht. Lustvoll hört er, wie sich das Holz biegt und schließlich krachend unter der Last seines Körpers bricht.
In den folgenden Tagen präsentiert sich Kabirizi seiner Familie häufiger als gewöhnlich. Es ist, als wolle er sagen: »Schaut her, euer alter Patron ist wieder da.« Bigohe, die Neue, sucht seine Gegenwart. Sie weiß, dass noch schwere Tage folgen werden und ihr vor allem Kabirizis Anwesenheit Sicherheit gibt, sie vor allzu heftigen Angriffen ihrer Rivalinnen schützt. Sobald sie sich von dem Silberrücken entfernt, hat sie keine Freundlichkeiten zu erwarten. Ihre Konkurrentinnen ziehen ängstlich ihre Sprösslinge an sich, wenn sie sich nähert. Bei jeder Gelegenheit fahren die Weibchen sie an, sodass sie zahlreichen Hieben und Bissen ausweichen muss. Nsekuye verscheucht sie mit Vorliebe von den Stellen, an denen sie frisst. Da können die Triebe oder Blätter, die sie abzupft, noch so jämmerlich sein. Meist zieht sich Bigohe widerstandslos zurück, doch mehrere Mal muss Nsekuye ihre Stellung mit einem Knuff untermauern. Nur die heranwachsenden Männchen und Kabirizi behandeln die Neue freundlich. Am liebsten sitzt Bigohe deshalb in der Nähe des Familienoberhauptes. Doch den privilegierten Platz gönnen ihr die anderen Weibchen nicht lange. Mit Gezeter und Gerangel weisen sie die Artgenossinnen auf ihre niedere Stellung in der Gruppe hin.
Aber schon bald deutet sich der Aufstieg Bigohes in der Hierarchie an. Denn aus ihrem Körper steigt die für jeden Silberrücken unwiderstehliche Botschaft von Nachwuchs und Macht. Kabirizi zögert nicht lange und folgt der Aufforderung. Und so vergrößert die kleine Gatoto nach neun Monaten seine Sippe. Wie einst Ndakasi begrüßt Kabirizi seine neue Tochter. Bigohes Ansehen wächst. Jetzt zieht sie ungestört mit den anderen durch den Wald und kann dort fressen, wo es ihr zusagt, ohne ständig der eifersüchtigen Nsekuye weichen zu müssen. Sie ist zwar keine so erfahrene Mutter wie Rubiga, aber sie widmet sich ihrer Kleinen mit Geduld und Ruhe und sorgt dafür, dass aus Gatoto ein starkes, selbstbewusstes Gorillaweibchen werden kann. Doch schon bald bricht über ihre Welt erneut ein furchterregendes Ereignis herein und bedroht das Leben des kleinen Affen und seiner Artgenossen.
XXIV
I m März 2008 wird der ehemalige Parkdirektor Honore Mashagiro in Goma verhaftet. Der Staatsanwalt glaubt nun, dass er genügend Beweise dafür hat, dass der
Weitere Kostenlose Bücher