Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo
Parkverwaltung, der Rest wird unter örtlichen Chefs aufgeteilt. So geht das jahrelang – und bleibt ein träglich.
Das Makala-Business wirft so gute Gewinne ab, dass die Einheimischen bereits ein eigenes Wort dafür benutzen. Wer seine Dollars mit dem schwarzen Brennstoff verdient, macht mit beim Kutukura. Das bedeutet so viel wie »rot werden« – und das wollen hier alle. Das Geschäft läuft überall gleich, auch in Gebieten, die Rebellen in ihrer Gewalt haben. Manchmal machen die Guerillakämpfer und die Militärs gemeinsame Sache – vereinigt im Profit. Aber die Naturschützer geben nicht auf und kämpfen gegen ihre Verzweiflung an. Denn wenn sie keine Hoffnung mehr haben, gibt es auch keine mehr für den Virunga-Nationalpark, die Berggorillas und alle anderen Tiere, die dort leben. Vielleicht gibt es dann auch keine Hoffnung mehr für die Menschen, die am und vom Park leben. In zähen Verhandlungen erhalten Robert und Norbert schließlich das Zugeständnis des militärischen Oberkommandos, dass die illegale Köhlerei aufhören muss. Soldaten, die sich nicht an diese Weisung halten, werden fortan verhaftet und müssen mit einer Strafe rechnen. Nur wer die chaotischen und irregulären Verhältnisse im Kongo kennt, kann einschätzen, welch riesiger Fortschritt das ist. Nur wer weiß, wie schwer im Osten des Kongos der Vorteil des Einzelnen wiegt, besonders desjenigen, der die Macht der Gewehre besitzt, versteht, dass es beinahe an ein Wunder grenzt, dass Robert und Norbert das erreichen – und damit wieder Hoffnung für den Park und seine Gorillas schöpfen.
Die Kontrollen in Kibati werden intensiviert. Besonders hilfreich ist ein Brief, den die Ranger bei einem Mittelsmann der Holzkohlemafia finden. Eine Patrouille ist auf ihn gestoßen, als er mit einem Trupp Köhler die Grenze des Nationalparks überschritt. Der Brief trägt die Unterschrift des Kom mandeurs der 9. Brigade im Süden. In ihm werden die Köhler aufgefordert, ihre Arbeit vier Wochen lang ruhen zu lassen. Ein weiterer wichtiger Beleg für die Verwicklung des Militärs in die illegalen Machenschaften – und peinlich für den betroffenen Major. Funde großer Holzkohlelieferungen bleiben in der Folge allerdings aus. Stapelten sich Monat für Monat die konfiszierten Säcke in Rumangabo, versiegt der Nachschub an Holzkohle nun erneut. Die Mafia hat ein neues Schlupfloch entdeckt. Die Köhler verladen ihre Ware nun nicht mehr auf Lkw, sondern transportieren den Brennstoff mit Mopeds, Fahrrädern oder Chukudus. Wird eine Lieferung gestoppt, fällt das nicht so sehr ins Gewicht. Die wenigen Säcke, die so aus dem Warenstrom wegfallen, sind kein großer Verlust. Der Kontrollposten bei Kibati hat einen weiteren Effekt. Da er erfolgreich arbeitet, verringert sich die Menge der Holzkohle, die in Goma angeboten wird. Weniger Angebot bei gleicher Nachfrage treibt die Preise in die Höhe. Der Unmut der Bevölkerung ist groß. Es regt sich Protest, und schon beschweren sich Bürgermeister und lokale Anführer beim Gouverneur. Die Inspektionen bei Kibati sollen aufhören, fordern sie. Damit treffe man nur den kleinen Mann, sagen die Aufrührer. Gerade jetzt, als das Militär, die Polizei und die Gerichte anfangen wollen, gegen die Holzkohlemafia vorzugehen, droht die oberste politische Instanz umzufallen. Doch noch bevor sich die Proteste aufschaukeln können, noch bevor irgendein Amtsinhaber einschreiten und die Bemühungen der Ranger zunichtemachen kann, entlädt sich eine viel heftigere Katastrophe über die Virungaregion – und stellt alles infrage, was die Naturschützer bislang für den Nationalpark und die Berggorillas erreicht haben. Und auch Kabirizis Sippe gerät in die vielleicht größte Gefahr, in der sie jemals geschwebt hat.
XXIII
M onate nach dem Feuerüberfall auf Kabirizis Sippe, dem Verschwinden von Rubiga, Ndakasi und Lesenjina sitzt der Silberrücken wieder einmal versonnen auf einer kleinen Lichtung. Er hat seine Mahlzeit aus Doldengewächsen unvermittelt abgebrochen und starrt nun zu Boden. Das Rufen nach Rubiga hat er mittlerweile längst aufgegeben. Dass sich seine kleine Tochter Mutazimiza unter der Obhut ihrer Schwester Tumaini erholt hat und den Verlust ihrer Mutter wohl überleben wird, ist in dieser Situation allerdings nach wie vor nur ein schwacher Trost für ihn. Kabirizi reagiert seltsam gleichgültig, als sein Verband wieder einmal mit Humbas Sippe zusammentrifft. Das Imponiergehabe des anderen Silberrückens reizt ihn
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