Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo
Globus die Newsticker und verbreiten die Bilder der toten Menschenaffen. Die Wir kung bleibt nicht aus. Wichtige Menschen in wichtigen Orga nisationen, die viel Geld verwalten, telefonieren und stellen Fragen. Nach zwei Tagen kommt Paulin wieder frei. Es gibt keine Akten, die belegen, auf welchen Wegen die Anordnung zu seiner Freilassung bis zu der Wache durchgedrungen ist, wo die Polizisten schließlich die Tür zu seiner Zelle auf schließen. Über so etwas wird nicht Buch geführt. Es ist weder ein Wunder noch ein Zufall. Es ist eben eine jener Begebenheiten, die von den Menschen des Kongos hingenom men werden. Die Frage nach der erkennbaren Logik einer funktio nierenden Verwaltung stellt sich nicht. Die richtige Person mit den richtigen Beziehungen und dem entscheidenden Einfluss ist die einzige Logik, die hier zählt. Paulin erhält die Auflage, sich jeden Morgen auf der Wache zu melden. Dann sitzt er den ganzen Tag da, ohne dass etwas passiert. Die Taktik ist klar: Er soll endlich aufgeben. Er soll sich am großen Geschäft beteiligen oder verschwinden. Paulin und Robert stehen vor dem Problem, dass sie nicht beweisen können, wer hinter dem schmutzigen Geschäft mit der Holzkohle steckt. Der internationale Druck verschafft ihnen eine kleine Atempause, aber die, so viel ist klar, wird nicht lange andauern.
Wochen, nachdem sie die vier toten Gorillas der Rugendo-Sippe entdeckt haben, finden die Ranger die Überreste eines weiteren Affen im Busch. Es ist das Weibchen Macibiri. Seit jener Nacht, in der die tödlichen Schüsse fielen, wurde sie vermisst. Da auch von ihrem Sohn Ntabiri jede Spur fehlt, gehen selbst die optimistischsten Ranger davon aus, dass auch er verendet ist. Kaum ein Jahr alt, kann er ohne Milch nicht überlebt haben. Doch bereits die vier toten Gorillas, die zuvor gefunden wurden, genügen, um die Aufmerksamkeit vor allem der UN und ihrer Umweltorganisation UNEP auf die Bedrohung der seltenen Affen zu lenken. So quälend und zermürbend die zurückliegenden Monate im Ringen um den Park und mit seinem Vorgesetzten waren, so schnell ändert sich für Paulin plötzlich alles. Der eskalierende Konflikt in einem der weltweit berühmtesten Nationalparks zwingt die Verantwortlichen der kongolesischen Naturschutzbehörde ICCN schließlich zum Handeln. Sie erkennen, dass sie Paulin aus der Schusslinie nehmen müssen. Kurzerhand versetzen sie den Hüter der Gorillas in den Nordteil des Virunga-Nationalparks. Dort gibt es vorwiegend Savanne und keinen Wald, folglich auch kein Interesse der Holzkohlemafia. Paulin tauscht seinen Posten mit dem Leiter des Nordteils, Norbert Mushenzi, der wiederum Paulins Aufgabe übernimmt. Das bringt Paulin zumindest aus der akuten Lebensgefahr, der er, so sind sich selbst die Beamten der Behörde in Kinshasa sicher, ausgesetzt ist. Und die ICCN greift weiter durch. Honore Mashagiro verliert seinen Posten als Direktor des Virunga-Nationalparks und wird in einen anderen Nationalpark abkommandiert, wieder als Direktor. Noch ist keine Anklage gegen ihn erhoben, aber die Untersuchung durch die Naturschutzbehörde und einen Richter in Goma läuft.
Norbert setzt Paulins Kampf fort. Unermüdlich treibt er seine Männer an, bei den Lkw-Kontrollen nicht nachzulassen. Er schickt verstärkt Patrouillen aus, um die Meiler, die überall rauchen, zu zerstören. Und tatsächlich. Die scharfen Kontrollen zeigen Wirkung. Der Holzeinschlag und das Köhlern nehmen ab. Immer seltener wird am Kontrollposten Kibati Holzkohle beschlagnahmt. Immer weniger Meiler kokeln im Gorillawald. Was Robert und Paulin begonnen haben, setzt Robert nun mit Norbert fort. Die Erlaubnisscheine, jene kleinen Zettel mit Stempeln verschiedener Militärposten, belegen, dass die Armee in den illegalen Handel verstrickt ist. Durch die Verhöre festgenommener Köhler zeichnet sich mehr und mehr ein deutlicheres Bild der Holzkohlemafia ab. Einer erzählt von einem Treffen, das Jahre zurückliegt. Dorfälteste waren dabei, Soldaten und Angestellte des Parks. Der Festgenommene erinnert sich: Zum Abschluss habe man feierlich erklärt, dass man sich geeinigt habe. Die Köhler zahlen eine Gebühr an einen Offizier. Werden sie ohne einen Erlaubnisschein von Soldaten oder Rangern erwischt, müssen sie eine Strafe bezahlen. Die bleibt selbstverständlich auch in Händen der Mafia. Der Gewinn aus diesen illegalen Machenschaften wird aufgeteilt. 60 Prozent bleiben bei der Armee, 20 Prozent erhalten die Komplizen aus der
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