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Der Gott seiner Vaeter

Der Gott seiner Vaeter

Titel: Der Gott seiner Vaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Augenblick durchwatete ein junger Indianer, ein schnellfüßiger Vorläufer des Stammes, die Hundeschar und versuchte, sich mit Schlägen nach rechts und links durchzudrängen. Hitchcocks Büchsenkolben zwang ihn ins Knie, und er taumelte seitwärts zu Boden. Der Hexendoktor, der sehr schnell lief, sah den Schlag fallen.
    Hitchcock rief Sipsu zu, daß sie losfahren sollte. Bei ihrem schrillen »Tschuk!« schossen die rasenden Tiere vorwärts, und sie blieb mit Mühe und Not auf dem Schlitten sitzen, der schrecklich rumpelte. Die höheren Mächte waren offenbar zornig auf den Hexendoktor, denn gerade in diesem Augenblick schickten sie ihm den Schlitten in den Weg. Der Leithund kollidierte mit seinem Schneeschuh, er fiel, und die neun Hunde, die hinterherkamen, traten ihn unter die Füße, worauf der Schlitten über ihn hinwegrumpelte. Aber er kam schnell wieder auf die Beine, und die Nacht wäre vielleicht ganz anders verlaufen, hätte Sipsu sich nicht umgedreht und ihn mit der langen Hundepeitsche quer über die Augen geschlagen, daß er ganz geblendet war. Hitchcock, der sie einzuholen eilte, stieß mit ihm zusammen, wie er schwankend und schmerzverzerrt mitten auf der Schlittenbahn stand. So ging es zu, daß der primitive Theologe, als er das Zelt des Häuptlings wieder erreichte, viel klüger geworden war in bezug auf die Fäuste des weißen Mannes und die Kraft, die in ihnen wohnte. Und die Folge war, daß er, als er in der Ratsversammlung eine Rede hielt, über alle weißen Männer sehr aufgebracht war.

    »Auf mit euch, ihr Tagediebe! Auf mit euch! Das Essen ist fertig, ehe ihr in eure Schuhe kommt.« David Wertz warf das Bärenfell beiseite, setzte sich auf und gähnte.
    Hawes reckte sich, merkte, daß er sich eine Sehne im Arm gezerrt hatte, und rieb sie schläfrig: »Gott weiß, wo Hitchcock heute nacht geschlafen hat?« meinte er, indem er die Hand nach seinen Mokassins ausstreckte. Sie waren steif, und er ging vorsichtig auf Socken ans Feuer, um sie aufzutauen. »Es ist ein Segen, daß wir ihn los sind«, fügte er hinzu, »und das, obwohl er ein mächtiger Arbeiter war.«
    »Ja, er war zu herrschsüchtig, das war es eben. Es war auch eine verfluchte Geschichte mit Sipsu. Glaubt ihr, daß er sich etwas aus ihr machte?«
    »Das glaube ich nicht. Nur Prinzip – das war alles. Er fand es nicht richtig – und das war es selbstverständlich auch nicht – , aber deshalb gab es doch keinen Grund, daß wir uns dazwischenlegen und vorzeitig über die Wasserscheide expediert werden sollten.«
    »Prinzip ist Prinzip, alles was recht ist, aber wenn man nach Alaska reist, läßt man es am besten zu Hause. Nicht wahr?« Wertz war zu seinem Kameraden getreten, und beide mühten sich ab, ihre gefrorenen Mokassins geschmeidig zu machen. »Findet ihr, daß wir hätten eingreifen sollen?«
    Sigmund schüttelte den Kopf. Er war eifrig beschäftigt. In der Kaffeekanne zeigte sich schokoladenfarbener Schaum, und der Speck mußte gewendet werden. Er dachte auch an das junge Mädchen mit den lachenden Augen so blau wie das Sommermeer, und er trällerte leise.
    Seine Kameraden lachten sich an und schwiegen. Obwohl es nach sieben Uhr war, dämmerte es erst in drei Stunden. Das Nordlicht war vom Himmel verschwunden, und das Lager war eine Oase von Licht mitten in der tiefen Dunkelheit. Und in diesem Licht zeichneten sich die Gestalten der drei Männer scharf und deutlich ab. Um das Schweigen zu brechen, hob Sigmund seine Stimme und begann den letzten Vers des alten Liedes:

    »Übers Jahr, übers Jahr, wenn mer Träubele schneide…«

    Da wurde die Stille der Nacht durch eine scharfe Büchsensalve durchbrochen. Hawes stieß einen Seufzer aus, machte eine gewaltsame Anstrengung, sich zu erheben, und sank zusammen. Wertz fiel auf den Ellenbogen, mit gebeugtem Haupt. Es gurgelte in seiner Kehle, und ein dunkler Strom bahnte sich den Weg über seine Lippen. Und Sigmund, der Goldhaarige, hob die Arme und fiel vorwärts in das Lagerfeuer, während das Lied noch in seiner Kehle zitterte.
    Der Hexendoktor hatte sich ein blaues Auge zugezogen, und seine Laune war nicht die beste, denn er war mit dem Häuptling in Streit um Wertz’ Büchse geraten. Er hatte mehr als seinen Anteil von dem gemeinsamen Sack Bohnen genommen, dazu annektierte er das Bärenfell, und der Stamm murrte. Schließlich versuchte er Sigmunds Hund totzuschlagen, den Hund, den das junge Mädchen ihm geschenkt hatte, aber der Hund lief fort, während der Hexendoktor in

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