Der Gott seiner Vaeter
verbringen begann. Als auch sie hinter seinen Wolfshunden die Straße entlang gefahren kam, begann das frühere Modell über die Dinge nachzudenken, und bei ihrem nächsten Zusammensein blendete sie ihn völlig mit ihren Fürsten und Kardinälen und mit kleinen persönlichen Anekdoten von Höfen und Königen. Sie zeigte ihm sogar kleine elegante Billetts mit der Überschrift »Meiner lieben Loraine« und der Unterschrift eines Pseudonyms, das eine wirklich lebende regierende Königin benutzte. Er wunderte sich im geheimen, daß diese große Frau auch nur eine Minute ihrer Zeit auf ihn verschwendete. Aber sie spielte ihr Spiel mit großer Gewandtheit und stellte schmeichelhafte Kontraste und Vergleiche auf zwischen ihm und den stolzen Gestalten, die zum größten Teil nur in ihrer Phantasie existierten, bis er, schwindelnd vor Stolz und tiefbetrübt über die Welt, die ihm so lange vorenthalten gewesen, seines Weges ging. Freda war ihrer selbst sicherer. Wenn sie schmeichelte, wußte es keiner. Wenn sie sich entwürdigte, bemerkte keiner, daß sie es tat. Wenn ein Mann das Gefühl hatte, daß sie gut von ihm dachte, so wurde ihm dieses Gefühl auf eine so feine Art beigebracht, daß er nicht hätte sagen können, warum und wieso, und wenn es sein Leben gekostet hätte. Und dadurch befestigte sich ihre Macht über Floyd Vanderlip, und sie fuhr täglich hinter seinen Hunden.
Und dann kam es, daß der Irrtum geschah. Das Gerücht, das ihn in Verbindung mit der Tänzerin brachte, wurde immer lauter und bestimmter, und Frau Eppingwell hörte es. Auch sie dachte an Flossie, die mit ihren mokassinbekleideten Füßen Stunde auf Stunde durch die Unendlichkeit wanderte, und Floyd Vanderlip wurde zum Tee auf den Hügel eingeladen, und zwar oft. Das überwältigte ihn völlig, und er wurde ganz trunken vor Stolz. Nie war ein Mann so mißhandelt worden. Seine Seele wurde ein Apfel der Zwietracht zwischen drei Frauen, während eine vierte unterwegs war, um ihre Forderungen an sie geltend zu machen. Und drei solche Frauen!
Doch um von dem Irrtum zu reden, dessen Frau Eppingwell sich schuldig machte: Sie hatte die Angelegenheit oberflächlich vor Sitka Charley erwähnt, der der Griechin einige Hunde verkauft hatte. Im übrigen wurden keine Namen genannt. Das einzige, was Frau Eppingwell sagte, war: »Dieses schreckliche Frauenzimmer«, und Sitka Charley, der den Kopf voll von dem früheren Modell hatte, wiederholte: »Dieses – schreckliche Frauenzimmer.« Und er war völlig mit ihr einig, daß es niederträchtig von einer Frau war, sich zwischen einen Mann und das junge Mädchen, das er heiraten sollte, zu stellen. »Und ich bin sicher, daß sie ein ganz junges Mädchen ist, Charley«, sagte sie. »Und wenn sie herkommt, hat sie keinen einzigen Menschen. Wir müssen etwas tun.« Sitka Charley versprach ihr zu helfen und ging, und er dachte darüber nach, eine wie schlechte Frau Loraine Lisznayi sein mußte und welch edle Frauen Frau Eppingwell und Freda waren – , daß sie sich für das Wohl und Wehe der unbekannten Flossie so interessierten.
Frau Eppingwell war so offenherzig wie der Tag. Sitka Charley, der sie einmal am Berg des Schweigens vorbeigeleitete, kommt die Ehre zu, ein Bild von ihrem klaren, untersuchenden Blick, ihrer klaren, klingenden Stimme und ihrem unendlichen Freimut gezeichnet zu haben. Sie war gewohnt, gerade auf eine Sache loszugehen. Sie hatte Floyd Vanderlip eingeschätzt und wagte es nicht bei ihm, aber sie fürchtete sich nicht, in die Stadt zu gehen und mit Freda zu sprechen. Und in der Stadt ging sie bei vollem Tageslicht in das Haus der Tänzerin. Sie war über dummes Volksgerede erhaben, und dasselbe galt von ihrem Gatten, dem Hauptmann. Sie wünschte diese Frau zu sehen und mit ihr zu reden, und sie konnte nicht einsehen, warum sie das nicht tun sollte. So stand sie denn im Schnee vor der Tür der Griechin, bei dreißig Grad Fahrenheit unter Null, und parlamentierte ganze fünf Minuten mit einem Dienstmädchen. Sie hatte auch das Vergnügen, von der Tür fortgewiesen zu werden und, empört über die ihr angetane Schmach, wieder ihren Hügel zu ersteigen. Wer ist diese Frau, daß sie mich nicht empfangen will, fragte sie sich. Man sollte glauben, es sei umgekehrt, ich sei eine Tänzerin, die von der Tür einer Hauptmannsgattin fortgewiesen worden wäre. Sie wußte, daß sie Freda, wenn sie zu ihr heraufgekommen wäre – einerlei in welcher Angelegenheit – , an ihren Kamin geladen haben würde
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