Der Gott von Tarot
fertig.
Unglücklicherweise befand er sich aber nun in Schwierigkeiten. Er hätte nicht mehr die Nebeneinkünfte seines zweiten Berufes – und das bedeutete ein Absinken des Lebensstandards. Der erste Job im Kasino würde auch rasch darunter leiden, denn er hatte nun kein Mnem mehr und würde bald die Entzugserscheinungen spüren.
Es war ein guter Abend im Kasino. Die Kunden waren zahlreich vertreten und freigebig. Paul nahm seinen Platz am Blackjack-Tisch ein und spielte routiniert mit den Karten. Die Antworten auf die Rufe der Kunden kamen automatisch, während seine Gedanken anderswo waren. „Mir.“ Er reichte dem Mann eine Extra-Karte. Warum hat Schwester Beth das getan?
„Mir auch.“ Der Dame ebenfalls eine. Sie trug ein Lochstickerei-Dekolleté, aber er war heute nicht interessiert. Wenn ich es nur gewußt hätte! Wieder teilte er ihr eine aus und spürte das geleeartige Zittern ihrer Brust, als sie sich vornüberbeugte. Mit zunehmendem Alter verfestigte sich ein solcher Pudding entweder, oder er wurde noch lockerer, und das war das beginnende Alter. Schwester Beths Brust hätte echt gezittert. Sie hätte diejenige welche sein können. Nicht so sensationslüstern und billig und fade wie diese Glücksspielerin.
Die Routine wurde unbestimmbar. Plötzlich hatte er keine Lust mehr. Doch das war sein Lebensunterhalt; er brachte den Anteil des Hauses ein. Wohin sollte er sonst gehen?
„Ich sage Foul!“ sagte eine rauhe Stimme und schnitt in Pauls Träume. „Er teilt zweite Karten aus!“
Zweite Karten austeilen: anderen Spielern die zweite Karte im Spiel geben und die oberste für sich behalten. Einer der ältesten und abgeschmacktesten Tricks im Arsenal des Falsch- oder Trickspielers.
Pauls Hand erstarrte. Alle Augen ruhten auf dem Buben in seinen Fingern. Ein Vorwurf des Falschspiels war ernst zu nehmen. „Der Computer des Kasinos hat Aufzeichnungen von jedem gemischten Kartenspiel, das auf den Tisch kommt“, sagte Paul ohne Groll. Es gab festgelegte Verhaltensweisen, mit derartigen Vorwürfen fertig zu werden, ebenso wie es sie für das Spiel gab. „Wollen Sie den Ausdruck?“
„Mir ist das Mischen egal“, schnappte der Mann. Er war hochgewachsen, schlank und von unbestimmtem Alter. Er sah nicht wie ein Spieler aus, aber Paul hatte schon lange begriffen, daß es ein typisches Erscheinungsbild nicht gab. Eine Person war ein Spielertyp, wenn sie spielte, das war alles. „Es geht doch hier um das Austeilen. Sie haben mir eine Acht gegeben und mich ausgeknockt, weil sie die niedrigere Karte für sich selber behalten haben. Ich habe es gesehen! Kein Wunder, daß ich kein Glück habe!“
„Suchen Sie jemanden aus, der das Kontrollkartenspiel übernimmt“, antwortete Paul kalt. „Ich denke, wir können Ihnen beweisen, daß es in diesem Spiel korrekt zugeht.“
„Nein, Sie haben Ihre Leute doch überall! Ich selber werde es tun!“
Paul nickte gleichmütig. Wenn der Mann ehrlich war, würde er bald merken, daß er einen Fehler begangen hatte. Wenn er Paul einkreisen wollte, indem er selbst falsch austeilte, würde ihn die Computeraufzeichnung der Karten überführen und in Mißkredit bringen. „Nehmen Sie die Karten von dem Tisch dort und teilen Sie sie langsam mit dem Bild nach oben aus. Die Karten entsprechen denen, die ich ausgeteilt habe.“
„Natürlich tun sie das!“ rief der Mann wütend aus. „Sie haben Sie ja auch ausgeteilt, aber in welcher Reihenfolge? Sie haben doch einen Ausdruck im voraus, und daher wissen Sie, welche Karten kommen, und …“
„Wir möchten Sie zufriedenstellen, Sir“, sagte Paul. Aber er merkte, daß ein rationaler Beweis den Mann nicht befriedigen würde. War er ein Störenfried von einem
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