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Der Gott von Tarot

Der Gott von Tarot

Titel: Der Gott von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Mo­ment lang fühl­te sich Paul in Ver­su­chung. Aber er merk­te, daß die­ser Mann eben­so­gut ein Kar­tel­l­agent wie ein Dro­gen­knacker sein konn­te. Viel­leicht über­prüf­te ihn das Kar­tell, um si­cher­zu­ge­hen, daß er den Mund hielt. Und er muß­te den Mund hal­ten, sonst wür­de er in Kür­ze tot sein. „Ich weiß nichts da­von“, sag­te er. „Las­sen Sie mich in Ru­he.“
    „Sie kön­nen sich nicht mehr selbst er­näh­ren“, be­harr­te der Bun­des(Kar­tell?)-Agent. „Sie sind am En­de. Wir kön­nen Ih­nen hel­fen, wenn Sie uns hel­fen. Jetzt, so­lan­ge Sie noch kön­nen.“
    Paul tauch­te in der Men­ge un­ter und ließ den Mann ste­hen. Er schob sich durch die Men­schen, bis er den Mann ab­ge­schüt­telt hat­te. Bald be­fand er sich auf ei­ner an­de­ren Stra­ße. Ein rie­si­ges No­va­ne­on-Schild leuch­te­te auf, weil sich der Me­cha­nis­mus bei sei­nem Her­an­na­hen aus­lös­te: CHRIST = SCHULD.
    Paul lä­chel­te. War das un­ge­woll­te Iro­nie? Bei den re­li­gi­ösen Kul­ten wuß­te man das nie. Er ging dar­un­ter hin­weg und sah sich um. Von die­ser Sei­te aus las er: SEX = SÜN­DE. Kein Feh­ler. Für vie­le Re­li­gi­ons­an­ge­hö­ri­ge be­deu­te­te je­de Art von Ver­gnü­gen et­was Un­mo­ra­li­sches, und nie­mand konn­te hei­lig sein, wenn er sich nicht auch schul­dig fühl­te. Selbst im Ver­gnü­gen des wah­ren Glau­bens muß­te er sich schul­dig füh­len für die­ses freu­di­ge Ge­fühl.
    Doch bei ei­ni­gen Leu­ten nahm es ei­ne at­trak­tiv be­schei­de­ne Qua­li­tät an, und es konn­te ei­nem ei­ne ge­wis­se Ver­lo­ckung, die Si­cher­heit ei­nes Zu­ge­hö­rig­keits­ge­fühls ge­ben. Wie hieß noch der Ver­ein, zu dem Schwes­ter Beth ge­hört hat­te? Hei­li­ger Or­den der Vi­si­on. Sein Er­in­ne­rungs­ver­mö­gen ließ ihn nicht im Stich. Viel­leicht war das auch nur ein re­pres­si­ver Kult als Re­ak­ti­on auf ei­ne re­pres­si­ve Ge­sell­schaft – aber sie war ein sü­ßes Mäd­chen ge­we­sen. Warum hat­te sie ster­ben müs­sen?
    Paul blieb ste­hen, weil er in der Brust ei­ne Art Ex­plo­si­on spür­te. Hit­ze wall­te auf, brei­te­te sich im gan­zen Brust­korb aus, ei­ne bren­nen­de Flut, die lang­sam zu­rück­ging. Plötz­lich be­griff er, was die All­ge­mein­heit ein ge­bro­che­nes Herz nann­te. Es war kein kör­per­li­cher Schmerz; das Ge­fühl war so­gar son­der­bar an­ge­nehm. Aber et­was, was für ihn un­ter­schwel­lig le­bens­wich­tig ge­we­sen war, war ver­schwun­den. An sei­ner Stel­le gab es – Schuld.
    Einen Mo­ment lang war er ver­wirrt, und dann war es Spät­nach­mit­tag, und er war al­lein. Er be­trat ein her­un­ter­ge­kom­me­nes Ge­bäu­de. Es trug kei­ne Be­zeich­nung, doch je­der, der hier zu tun hat­te, kann­te es. Es hieß ‚Zum Dut­zend’ – Auf­fang­be­cken der Aus­ge­sto­ße­nen. Ge­nau­er ge­sagt: Es war die aus­drück­lich nicht­wei­ße En­kla­ve aus ei­ner Zeit, als es qua Ge­setz kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund von Ras­se oder Ab­stam­mung ge­ge­ben hat­te. Da­her hat­te die­ses In­sti­tut recht­mä­ßig kei­ne Grund­la­ge. Aber die hat­te das Mnem-Kar­tell auch nicht. Recht­mä­ßig­keit lei­te­te sich aus Sach­ver­hal­ten ab, und kein Wei­ßer war so dumm, sei­nen Fuß in das ‚Dut­zend’ zu set­zen.
    Pauls Auf­tau­chen ver­ur­sach­te einen klei­nen Auf­ruhr. So­fort ver­sperr­ten ihm drei kräf­ti­ge Män­ner den Weg. Ei­ner hat­te die röt­lich­blaue Haut­far­be ei­nes fast voll­blü­ti­gen In­dia­ners; der an­de­re war Ori­en­ta­le und der drit­te Ne­ger. „Hast du dich viel­leicht ver­irrt, Schnee­ball?“ frag­te der Schwar­ze sanft.
    Ein Schnee­ball war ein hun­dert­pro­zen­tig Wei­ßer, und der wür­de in die­ser far­bi­gen Höl­le nicht lan­ge über­le­ben. Paul ließ sich in Bück­stel­lung fal­len, die nie­mand miß­ver­ste­hen konn­te. „Nein.“ Er hielt sich zu­rück, ei­ne Be­lei­di­gung zu ent­geg­nen: „Pech­ku­gel.“
    „Das ist mei­ner“, sag­te der Gel­be. Die bei­den an­de­ren tra­ten zu­rück. Der Ori­en­ta­le stell­te sich vor Paul auf, der wie­der ei­ne na­tür­li­che Hal­tung ein­nahm.

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