Der Gott von Tarot
„Karate?“
„Judo.“
„Kodokan?“
„Ikyu“, erwiderte Paul.
„Nidan“, meinte der Gelbe.
Sie verbeugten sich voreinander, eine kurze, steife Bewegung aus der Hüfte heraus. Sie hatten sich gegenseitig die Kampfschulen und Ränge bekanntgegeben. Der Gelbe hatte einen zwei Stufen höheren Rang als Paul, und diese Ränge waren keine zufällig erworbenen Dinge: Es war recht wahrscheinlich, daß er Paul in einem gewöhnlichen Kampf besiegen würde. Paul konnte gegen den Gelben kämpfen, wenn er wollte, aber lange würde er nicht auf dem Gelände des ‚Dutzend’ bleiben. Es wäre wohl besser, von dieser Begegnung Abstand zu nehmen. Jedenfalls war er angehört worden, und das war sein Ziel gewesen.
„Ich gehöre dazu“, sagte Paul. „Ich bin zu einem Achtel schwarz. Ich bin Kasinospieler, ausgebildeter Mechaniker, und die Bundespolizei ist hinter mir her. Mnem-Sucht.“ Das war der einzige Ort, an dem er weder von dem Mnem-Kartell noch von der Polizei etwas zu befürchten hatte; mit gewalttätiger Wirksamkeit stand das ‚Dutzend’ auf eigenen Füßen, und seine Ressourcen erstreckten sich so weit wie nichtweißes Blut reichte. Aber zunächst mußte Paul Einlaß gewährt werden.
Der Gelbe trat zurück und der Schwarze vor. „Wir können einen Mechaniker gebrauchen. Aber du bist zu sieben Achteln weiß.“ Das klang wie eine Beleidigung.
„Ja. Mein Name ist Paul Cenji. Ich bin unter Weißen aufgewachsen. Aber meine Ahnen kann man beim Aufzeichnungsbüro nachweisen.“
Der Schwarze holte einen Knopfsender heraus. „Paul Cenji“, sprach er hinein.
Nach einem Augenblick kam die Antwort. „Zwölf komma fünf Prozent schwarz. Drei Prozent gelb. Spurenelemente anderer Nichtweißer. Gesucht vom Kartell und der Bundespolizei.“
Der Schwarze sah ihn kritisch an. „Du bist in Schwierigkeiten. Dein Körper ist schon okay, bei deiner Vorhaut, aber deine Seele ist weiß.“
„Versuch’s doch“, erwiderte Paul. Er wußte, das würden sie tun – und ehe sie damit fertig sein würden, wäre die Wahrheit schon heraus.
Der Schwarze sprach wieder etwas ins Mikro. Das war offensichtlich kein Standard-Computerterminal; ‚Dutzend’ besaß umfassendere und neuere Informationen als er für möglich gehalten hätte. Sie kannten schon seine Schwierigkeiten mit Mnem und auch von dem Angebot des Bundesbeamten. Und diese dreiprozentige orientalische Abstammung. Zum ersten Mal hatte Paul davon gehört. Es mußte irgendwo bei seiner weißen Komponente liegen; die hatte er nicht so eingehend überprüft wie die schwarze. „Karrie.“
Nach einem Augenblick kam ein braunhäutiges Mädchen von vielleicht sechs Jahren hinzu. Der Schwarze machte ihr mit der gleichen formellen Höflichkeit Platz, die an die Kampfkünste erinnerte. Was ging hier vor?
Das Kind starrte Paul mit offen ausgedrückter Verachtung an. Sie hatte einen leicht schiefen Mund, der ihr ein bewundernswert spöttisches Grinsen verlieh. „Kennst du das Dutzend?“ fragte sie.
Sie meinte nicht dieses Gebäude. Nicht direkt jedenfalls. Verwirrt hob Paul verneinend die Hände. „Ein bißchen – aber nicht mit Frauen oder Kindern.“
„Dann schlepp deinen weißen Arsch woandershin“, sagte sie.
Paul starrte sie an. Er kannte das ‚dreckige Dutzend’, die Wettbewerbe in Beleidigungen, eine speziell schwarze Form der Initiation. Schwarzer Humor in einem ganz bestimmten Sinne. Der Name dieses Clubs war davon abgeleitet. Das war eine passende Herausforderung. Wenn er den Meister des Hauses schlagen konnte, würde er seine schwarze Seele beweisen, denn Weiße nahmen selten an so etwas teil und schnitten auch nicht gut ab. Es war gut vorbereitet gekommen. Aber
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