Der Gott von Tarot
Gedächtnis stand. Gedächtnis – jetzt seine Schwachstelle. Und sie lag auch noch umgedreht. Das Tarot barg geheimnisvolle Fähigkeiten, bedeutsame Assoziationen zu wecken. So war die Priesterin also wild und bereit, ihm zu helfen, um seine Ablage eindrucksvoll zu verringern. Aber das hatte er nicht vorausgesehen, so einfach es schon gewesen wäre, nur die Trümpfe zu zählen, und so konnte er nur zwei Stapel loswerden. Ihm blieben acht Stapel, und das war für ihn kein gutes Ergebnis.
Und sein Gegner hatte sieben. Paul hatte verloren. Er runzelte die Stirn und zog seine Kreditkarte hervor.
„Nein“, sagte der Mann, der in Siegeslaune recht großzügig wurde. „Das regeln wir privat.“
Was hatte das zu bedeuten? Ein Austausch von Krediten war in sich etwas Unprivates; es war eine Sache von unmittelbaren Eintragungen im weitverbreitetsten Computersystem der Welt. Der Mann wollte also kein Geld. Aber die Wette war um Geld gegangen. Paul war nicht verpflichtet, auf eine andere Zahlungsart einzugehen.
Er zuckte die Achseln. Sie verließen das Kasino. Auf der Straße begann der Mann rasch und leise zu sprechen. „Sie sind ein Mnem-Süchtiger auf Gewaltkur. Ich bin Drogenagent der Bundesbehörden. Man wird Ihnen bald den Kredit sperren, wenn das nicht schon geschehen ist. Daher habe ich unterbunden, daß Sie eine Kredittransaktion vornehmen; wir wollen nicht, daß es schon irgend jemand weiß. Sie sind in Schwierigkeiten. Sagen Sie bei uns aus, dann wird es niemals irgend jemand erfahren.“
Also ein Bundesdrogenspitzel! So bewußt unbeholfen, daß er Paul vollständig irregeführt hatte!
„Ich weiß nicht, wovon Sie reden“, sagte Paul, wohl wissend, daß ein Protest völlig nutzlos war.
„Sie haben eine Fracht befördert, die Sie heute morgen dem Kartell abgeliefert haben“, beharrte der Mann. „Wir beobachten Sie schon seit sechs Monaten, zusammen mit hundert anderen Süchtigen. Wir haben Sie noch nicht festgenommen, weil wir nicht Sie wollen; wir wollen die Hintermänner. Ihr Psycho-Profil läßt darauf schließen, daß Sie eine unserer besten Karten sind, denn Sie sind aufrichtig und intelligent; für Sie bedeutet Mnem eine Sackgasse. Früher oder später werden Sie es aufgeben müssen; und Sie hatten den Mut, es auch durchzuziehen. Irgend etwas ist geschehen, was diesen Bruch ausgelöst hat, und nun sind Sie draußen. War es die Frau, die Sie da aufgegabelt hatten, diese Sektennuß?“
„Sie war keine Sektennuß!“ protestierte Paul. „Sie war ein nettes Mädchen!“
„Nun gut, dann war sie eben ein nettes Mädchen, aber zu instabil, um in einem Polizeihubschrauber still sitzen zu können. Gut für uns, denn sie muß geschafft haben, was wir nicht konnten, nämlich Sie zum Bruch mit Mnem führen. Vielleicht hat Sie ihr Fanatismus angesteckt? Sie war ein hübsches Ding, habe ich gehört. Und nun greifen wir ein, weil Sie bereit sind, sich gegen die Räder zu drehen. Mit Ihrer Hilfe können wir diese Sache aufbrechen und Mnem auf immer verbannen.“
„Nein“, sagte Paul.
„Ich weiß, daß Sie runter sind. Die Anzeichen habe ich schon beim Blackjack gesehen. Ihre Gedanken waren woanders. Ich habe das Spiel unterbrochen und Sie aus dem Kreis genommen, ehe das Kasino eingriff. Beim Akkordeonspiel war es noch schlimmer. Sie haben den Gedächtnispuscher verloren, und bald gibt es die Entzugsausfälle. Reden Sie mit mir; greifen Sie in die Speichen. Geben Sie mir die Daten, solange Sie sich noch erinnern können, und wir werden für Sie sorgen. Es gibt Gegendrogen, mit denen wir den Übergang erleichtern und einen Teil Ihres Gedächtnis schützen können. Mein Aufzeichner ist eingestellt. Das ist Ihre einzige Chance.“
Einen
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